Stojan findet keine Ruhe. Norbert Möllers

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Stojan findet keine Ruhe - Norbert Möllers

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fand das ausgesprochen nett und erhob sich etwas schwerfällig aus dem Besuchersessel, um ihr die Hand zu reichen, doch da stand sie schon im Flur und hielt ihm gerade noch mit zwei Fingern die Tür auf. Übersetzt hieß das wohl "länger bleiben ist nicht, träumen erst recht nicht, allenfalls das allernötigste an Zeit wird hier gewährt, und, wer die Kostbarkeit dieser Gunst nicht zu würdigen weiß, geht am besten sofort!"

      Helen Bell, Sozialarbeiterin und Theologin, ehemalige evangelische Pfarrerin, konnte sich gut an Irene Altmann erinnern. „Freitags war sie sehr oft da, sie fiel auf, oder gehörte dazu und fiel erst auf, wenn sie nicht da war. Sie interessierte sich wenig für Probleme anderer, mischte sich selten mal ein in Gespräche, stand meistens in der Raucherecke. Manchmal flipperte sie ein bisschen, aber ohne große Freude oder Ausdauer, oder sie tanzte ein paar Schritte, wenn Musik auf Eins Life lief, die ihr zu gefallen schien. Aber sie tat das immer nur allein, verträumt und dermaßen aufreizend beckenbetont, also die meisten Mädchen hat das, glaube ich, abgestoßen. Wie das bei den Jungs ankam, weiß ich nicht. Aber richtig anmachen wollte sie die auch nicht, wenn mal einer etwas näherkam, machte sie eher wieder auf "Fass mich nicht an!". Anerkennung war ihr aber wichtig, Lob für ihr Outfit oder einen coolen Spruch. Bekam sie aber nicht von mir, da bin ich zu ehrlich. Ihre Klamotten mögen topmodisch gewesen sein, ich fand sie nur unnatürlich oversexed und einfach nichts für eine junge, einigermaßen hübsche Frau, und die Sprüche, naja, die besseren jedenfalls hatte ich alle vorher schon mal woanders gehört. Floskeln, unkritisches Geplapper, sie war nicht diejenige mit eigener Meinung, eigenem Kopf. Mit ihr ins Gespräch zu kommen, war nicht einfach, ich war zugegebenermaßen auch nicht sehr ausdauernd bei meinen Versuchen. Das hat mir natürlich furchtbar leidgetan, als ich das hörte, und es zu spät war.

      „Halten Sie es für möglich, dass sie sich prostituiert hat?", fragte Stojan.

      „Mir ist tatsächlich damals der Gedanke gekommen, ja, hatte auch schon überlegt, wie ich sie darauf ansprechen könnte, ohne sofort abzublitzen. Zuhause hatte sie sich längst jeder Kontrolle entzogen, im letzten Ausbildungsjahr war sie zumindest unstet, verpasste Prüfungsarbeiten, ließ sich oft krankschreiben, erzählte man, dann aber immer wegen banaler Geschichten, die von Donnerstag bis Freitag dauerten und schnell und spurlos ausgeheilt waren. Aber das war noch nicht der einzige Grund, so etwas gab es schließlich öfter bei den frustrierten und angeblich so perspektivlosen Jugendlichen, nein, sie schien im Gegensatz zu den meisten ihrer Altersgenossen über einiges Geld zu verfügen, jedenfalls manchmal. Da war dieser Urlaub auf Madeira, kurz vor Weihnachten ist das wegen des warmen Wetters bei Touristen sehr beliebt und sicher kaum billiger als in der Hauptsaison, fünf Sterne und zwei Wochen, angeblich. Manchmal trug sie Schmuck, nun, ich bin keine Expertin, aber nach Modeschmuck sah der nicht aus. Einmal muss sie auch einige Tage auf einer Motorjacht zugebracht haben, habe ich aufgeschnappt. Und es war nicht ihre Art anzugeben, dafür war sie zu wenig extrovertiert, trotz Imponiergehabe mit ihrem Zeug. Einmal ist sie abgeholt worden freitags, vielleicht halb neun, von so einem nicht mehr ganz neuen Sportwagen. Der Fahrer schien mir auf die Entfernung auch nicht mehr ganz neu, er hat nur kurz gehupt, Irene hat ihre Sachen zusammengesucht und weg war sie, grußlos und ohne sich umzudrehen. Das Kennzeichen, Herr Kommissar?“

      Stojan grinste, er hatte gar nichts gesagt.

      Helen Bell grinste auch. „Ich konnte gerade noch etwas erkennen, es war schon ziemlich dämmerig, aber als beim Anfahren auch die Rückleuchten wieder angingen, habe ich gesehen, dass es nicht von hier war, es kann KB oder KS gewesen sein. Ich glaube, der Wagen war schwarz oder dunkelblau, so ein tiefer gelegter. Ihre Haare waren übrigens alle paar Wochen von anderer Farbe, aber ob sie das selbst machte oder teure Friseure beschäftigte, kann ich nicht unterscheiden. Ihr Handy war wohl ziemlich angesagt und sicher entsprechend teuer. Woher das alles kam, war mir schon ein wenig schleierhaft."

      „Und ihr Freund?“

      „Ach, Ralf meinen Sie, der war selten dabei, und wenn, traten sie kaum als Paar erkennbar auf, ich glaube, der war noch ziemlich grün hinter den Ohren. Viel zu melden hatte er nicht, sie war klar reifer und hatte das Kommando. Bezahlte aber auch, wenn irgendwas Geld kostete."

      „Dass er sie vermittelt haben könnte, an andere Männer vielleicht, würden Sie das für möglich halten?"

      „Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, der sicher nicht. Ich denke, auch als Zuhälter muss man ein gewisses Format besitzen, oder? Das hatte er nicht."

      Stojan stockte ein bisschen, der Sozialarbeiterin und ehemaligen Pfarrerin schien kein Milieu fremd zu sein. So gehörte es sich ja auch, dennoch war er etwas überrascht und auch irritiert, von der Anerkennung eines Formats bei einem kriminellen Gewerbe wie der Zuhälterei aus ihrem Munde zu hören.

      „Außerdem schien sie an Alkohol gewöhnt zu sein. Sie trank manchmal reichlich von diesen Mixgetränken mit Wodka, Alkopops und anderes Zeug, ohne dass man ihr das anmerkte.“

      Auch im Januar und Anfang Februar 2013 sei sie im Pfarrheim gewesen, doch, sie sei ziemlich sicher, zumindest am Freitagabend, da wären immer die meisten da gewesen. Sie selbst hatte sich zur Angewohnheit gemacht, auch um den ganzen Miesepetern und Quertreibern Wind aus den Segeln zu nehmen, gegen 22 Uhr und gegen Mitternacht jeweils kurz in der Tür zu erscheinen und auf sich aufmerksam zu machen, gleichzeitig pünktliches Ende um halb eins anzumahnen. Das wäre auch fast immer gut und geräuschlos vonstattengegangen.

      Stojan hatte sich überschwänglich bedankt für ihre ganze Zeit, ihre freundliche Art und Weise, ihre Geduld. „Und überhaupt Ihr angenehmes Wesen“, hatte er noch hinzufügen wollen, bremste sich aber. „Und wie aufmerksam Sie durch die Welt gehen und sich noch Jahre später an Details erinnern, meinen Respekt!“, sagte er stattdessen und notierte etwas auf einem Zettel: KB für Korbach im Kreis Waldeck-Frankenberg, KS für Kassel.

      „Aber gerne doch. Ich mag es, wenn man nicht so einfach andere Menschen zu reinen Aktenzeichen werden lassen will, sondern lieber nochmal nachfragt. Und wenn man in seinem zweifellos wohlverdienten Ruhestand nicht nur Sudokus löst, sondern irgendwo versucht, etwas zu bewegen, zu verändern, zu korrigieren. Mir ist das damals auch sehr nahe gegangen, glauben Sie mir. Und wenn ich richtig verstanden habe, ist das ja alles inoffiziell, was Sie machen. Unterliegt wohl auch keiner Schweigepflicht. Private Gedanken, sozusagen. Wenn Sie Lust haben, können wir unsere Gedanken gerne noch einmal abgleichen, vielleicht, wenn Sie noch etwas mehr herausbekommen haben, oder mir noch etwas eingefallen ist. Ich werde bestimmt jetzt wieder etwas an Irene denken und die ganze tragische Geschichte. Also, wenn Sie Lust haben? Privat natürlich. Ich schreib Ihnen mal meine Nummer auf, warten Sie.“ Während sie offenbar nach irgendeinem tauglichen Schreibgerät samt Zettel suchte, kramte Stojan eine seiner Visitenkarten aus dem Portemonnaie. Kommissar außer Rand und Band, ja, so fühlte er sich tatsächlich gerade und vergaß darüber zu erwähnen, dass er Helen Bells Telefonnummer schon irgendwo besaß. Und mit Sudokus eigentlich sowieso nichts im Sinn hatte.

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