Europa - Tragödie eines Mondes. Uwe Roth

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Europa - Tragödie eines Mondes - Uwe Roth

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Es wurde immer kälter in dem kleinen Schiff. Auch in der Kabine bildeten sich unzählige Eiskristalle, die sich zu immer größeren Klumpen formierten. Zum zweiten Mal musste Atara miterleben, wie die Kälte in seinen Körper kroch und ihn und seine Kollegin immer apathischer werden ließ. Den dumpfen Knall, der entstand, als dass Eis das kleine Schiff zerdrückte, haben die beiden gar nicht mehr gehört. Die sinkende Temperatur hatte sie vorher ohnmächtig werden lassen.

      Als man von ihnen nach mehreren Stunden nichts mehr hörte, wurde eine zweite Mannschaft an die betreffende Stelle geschickt. Die sollten nachsehen, was den beiden zugestoßen war. Nachdem diese an der Stelle eintrafen, an der die beiden Sicherheitsleute ihren Auftrag abarbeiten sollten, war der Schrecken groß. Der Flitzer von Maru und Atara befand sich inzwischen schon viele Meter im Eis. Und damit kam jede Hilfe zu spät. Man funkte diese neuen Erkenntnisse sofort an die Basis.

      4. Der Aufstieg

      Um die Zeit bis zum Aufstieg zu überbrücken, forderte der Captain Jirum auf, die Lage ihrer Welt zu erklären.

      „Jirum, Sie können uns doch bestimmt am besten erklären, was mit unserer Welt geschieht?“

      Jirum ließ sich treiben und sah in die Runde. Seine Augen erblickten fragende Gesichter, die zwar durch Bildfernübertragungen informiert wurden, aber von einem echten Geologen diese Geschehnisse erklärt zu bekommen, erschien allen sehr entgegenkommend.

      „Ja, ich werde versuchen, Ihnen die Geschehnisse zu erklären.“ Nach kurzem Überlegen begann er zu erläutern.

      „Also, wie Sie ja bestimmt wissen, ist der Kern unserer Welt seit Milliarden von Zeitzyklen die Energiequelle allen Lebens bei uns. Auch unser lebenswichtiges Wasser wird durch den Kern schon ewig flüssig gehalten. Es gab Zeiten, in denen unser Lebensraum so groß war, dass wir manchmal unendlich lange Zeitzyklen brauchten, um zu unseren Nachbarsiedlungen zu gelangen. Unser Lebensraum schrumpft schon immer. So lange wie wir Aufzeichnungen darüberführen, verloren wir innerhalb eines Zeitzyklusses vielleicht einen Zentimeter Wasser an das Eis. Seit dem Ereignis vor einem Zeitzyklus hat sich das Ganze um ein Mehrfaches erhöht. Durch dieses Ereignis muss irgendetwas mit unserem inneren Kern passiert sein. Ich verstehe das Ganze selber nicht. Der Kern war immer stabil. Nach Auswertung aller seismologischer Daten und natürlich durch die Arbeiten von Professor Bereu und Ihnen, werte Zeru, und sämtlichen Aufzeichnungsgeräten stellten wir fest, dass unsere gesamte Welt durch irgendetwas erschüttert wurde. So unfassbar das klingt, ist es auch. Seit diesem Beben registrieren wir diesen Temperaturabstieg. Das Seltsame daran ist, dass die Temperatur des Untergrundes nur wenig gesunken ist. Nun sinkt nicht nur die Temperatur des Wassers immer schneller, auch der Untergrund ist nun immer mehr davon betroffen. Sie wissen ja selbst, wie eng unser Lebensraum in den letzten Monaten geworden ist.“

      Jeder im Raum nickte dem Geographen zu. Zustimmende Worte machten die Runde.

      „Die Temperaturabsenkung des Kerns ist nicht die Ursache dieser Katastrophe. Wir hätten noch viele Millionen Jahre hier in Ruhe leben können. Es ist dieses gewaltige Beben gewesen, das unserer Welt diese Katastrophe brachte“, erläuterte er den Anwesenden. Er hatte sich in den letzten Zyklen ausgiebig mit Professor Apuretus vom seismologischen Institut deswegen unterhalten. Genauso wie Jirum war auch er davon überzeugt, dass der Kern nicht Schuld an dieser Tragödie war. Jirum kannte A-puretus gut. Er hatte einige Zeit mit ihm im seismologischen Institut gearbeitet und konnte sehen, dass er eine Koryphäe auf seinem Gebiet war. Mehr als er, musste Jirum zugeben. Das sollte aber nicht bedeuten, dass er für diese wichtige Mission nicht qualifiziert war. Im Gegenteil. Er sah sich als einen der führenden Geologen in Maborien, natürlich nach Professor A-puretus, „erst dieses Beben brachte den Kern aus seinem Takt. Die Temperaturabsenkung des Kerns ist eine direkte Folge des gewaltigen Bebens.“ Plötzlich blinkte ein Lämpchen am Pult auf. Wie die Pausenglocke einer Schule wurden alle von dieser Signallampe aus diesem Vortrag in die Realität zurückgeholt.

      „Eine Nachricht für Sie, Shatu!“

      Der Regierungsbeauftragte nahm die Kopfhörer und lauschte der Stimme am anderen Ende. Seine Kiemen bewegten sich etwas schneller. Sicheres Anzeichen dafür, dass es eine wichtige Nachricht sein musste. Nachdem er „ist in Ordnung“, ins Mikrofon gesprochen hatte, legte er den Kopfhörer wieder an seinen Platz zurück. Nun war es also soweit, dachte er, wieder zwei Todesopfer, die der Barriere zum Opfer fielen. Langsam wurde die Situation wirklich Ernst, dachte er. Er spürte, wie das Atemwasser hastig durch seine Kiemen drang und versuchte, sich zu beruhigen. Während er sich langsam in seine Sitznische zwang, schaute er seine Mitstreiter an.

      „Was ist, Shatu?“, fragte der Captain. Tarom bemerkte seine schnelle Atmung und kombinierte, dass die Nachricht nicht besonders erfreulich war.

      „Ich habe gerade eine Nachricht vom Oberkommando bekommen. Demnach ist ein Sicherheitstrupp, der die äußeren Siedlungen überprüfen sollte, von der Barriere überrannt worden. Ehe Hilfe eintreffen konnte, befanden sich die beiden mit ihrem Flitzer schon viele Meter in der Eisbarriere. Aufklärungsteams sind an andere Stellen entlang der Eisbarriere geschickt worden. Auch dort wurde festgestellt, dass sich die Eisbarriere schneller fortbewegt, als bis jetzt angenommen.“

      Die Expeditionsteilnehmer sahen sich ungläubig an. Niemand wollte diesen Worten Glauben schenken, die der Regierungsbeauftragte eben von sich gab.

      „Was gedenken Sie jetzt zu tun, Captain?“, fragte Zeru, die ebenso entsetzt war, wie alle anderen Mitglieder der Expedition. Tarom drehte sich zu Shatu um. Er wusste, dass nur er den Startbefehl geben konnte. Deshalb wartete er auf dessen Befehl.

      „Shatu?“, erwähnte Tarom nur fragend seinen Namen. Shatu hatte schon längst den Startbefehl von der Regierung bekommen. Er kostete diese Wichtigkeit seiner Person voll aus. Ab dem Startbefehl würde Tarom die Befehlsgewalt übernehmen, bis zu dem Moment, an dem sie Kontakt erhalten würden.

      „Wir werden sofort alle Startvorbereitungen beschleunigen. Ich bitte Sie daher, sich sofort auf den Start vorzubereiten.“

      Endlich, dachte Zeru, die es sich sofort in ihrer Sitznische bequem machte. Jirum packte seinen Schreibrahmen beiseite, den er gebraucht hatte, um seinen Erklärungen graphische Unterstützung zu geben. Der Biologe Waru nahm auf der linken Seite der Kommandozentrale Platz. Sie war mit mehreren Monitoren versehen. Am Steuerpult nahm der Captain Platz. Neben ihm der Mechaniker Kakom, der mit seinem schlanken Körper kaum die Sitznische ausfüllte. Auf der rechten Seite der Kommandozentrale machte es sich der Geograph Jirum bequem. Zeru und der Regierungsbeauftragte Shatu nahmen hinter dem Captain und dem Mechaniker Platz.

      Tarom betätigte die Sprechtaste, um dem Missionsleiter am anderen Ende der Funkverbindung ihre Startbereitschaft zu melden.

      „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg“, sagte daraufhin der Missionsleiter dem Forschungsteam. Nachdem er das gesagt hatte, trennte er die Verbindung. Nun waren die sechs auf sich allein gestellt. Niemand konnte Ihnen nun noch helfen.

      Tarom startete die Schiffstriebwerke. Ein leichtes Ruckeln wurde spürbar, das schnell abnahm. Gleichzeitig hörte man ein leises Summen. Auf einem Kontrollmonitor, der zwischen den beiden großen Fenstern angebracht war, sahen die

      Crewmitglieder, wie die Hangarluke am Dach geöffnet wurde. Langsam schoben sich die wabenähnlichen Lukenklappen in einen blauerhellten Zwischenraum zurück, der den Lukenrand umgab. Nachdem sie im Lukenrand verschwunden waren, änderte sich die Signalfarbe des Lukenrandes. Ein grüner Rand aus vielen, einzelnen Signallampen pulsierte daraufhin auf und ab. Das stellte das Signal dar, das die Luke freigegeben war.

      Der Captain bewegte den Steuerjoystick etwas nach vorne. Augenblicklich begab sich das Gefährt in Bewegung. Mit der rechten Flossenhand drückte er das Höhenruder etwas nach hinten. Nun stieg das Schiff sanft

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