Europa - Tragödie eines Mondes. Uwe Roth
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Zeru sah den Regierungsbeauftragten ganz erstaunt an. Wie kam dieser Regierungsschwimmer dazu, sich in diese wissenschaftliche Expedition einzumischen. Auch wenn es ums Überleben ihrer Spezies ging, war es immer noch eine wissenschaftliche Expedition. Und da durfte die Regierung keinen Einfluss drauf nehmen. Da war sie sich sicher.
„Ich habe mit dem Captain gesprochen und nicht mit Ihnen. Ich verstehe sowieso nicht, wieso auf unserer Expedition ein Regierungsvertreter anwesend sein muss.“
„Das kann ich Ihnen ganz genau erklären!“ Shatu, der eine Sonderstellung in der Regierung einnahm, unterbrach die junge Wissenschaftlerin ungern. Aber er wusste, dass sie ihm nur so respektieren würde. Sein gewissenhafter Umgang mit dem vielen Wissen, dass er sein Eigen nannte, wenn es um die Beurteilung von fundamentalen Entscheidungen ging, machten ihn zu einem wichtigen Unterhändler dieser Mission. Bei wichtigen Entscheidungen hatte er das letzte Wort, auch gegen über dem Captain.
„Dann versuchen Sie mir das doch zu erklären.“ In Zeru machte sich großer Ärger breit. Immerhin hätte statt diesem Shatu ein wichtiger Wissenschaftler an Bord Platz gefunden.
Shatu sah Zeru amüsiert über ihre naive Art neckisch in die Augen. Er war, trotz ihrer naiven Art, ganz angetan von dieser jungen Wissenschaftlerin.
„Immerhin könnte es sein, wenn ich Ihnen und Ihrem Professor Bereu Glauben schenken soll, dass wir Kontakt mit etwas bekommen, das für unsere Anschauung der Welt fundamentale Veränderungen bringen würde. Immerhin waren Sie es ja, werte Zeru, die diese Signale aufgefangen hat. Und so viel wie ich weiß, kennt niemand die Herkunft dieser Signale, geschweige denn, deren Bedeutung. Da macht es nur Sinn, dass jemand von der Regierung mit dabei ist. Und ich“, er betonte dieses „ich“ besonders, “werde diese Verhandlungen führen, damit wir unserer Welt so schnell wie möglich helfen können.“
Voll Triumph lehnte sich Shatu in seiner Sitznische zurück. Zeru war positiv geschockt von seiner Aussage. Nicht nur der Präsident, von dem jeder wusste, dass er nur eine Marionette der Regierung darstellte, sondern auch die hohen Gremien selbst, erwägten tatsächlich die Möglichkeit, dass sie und Professor Bereu recht haben könnten. All die vielen Zeitzyklen des Versteckens und des Verschweigens von Forschungsergebnissen. Sollte diese Zeit nun vorbei sein? Sie konnte es nicht glauben. Die Entscheidung, ihr Artefakt vor der Regierung geheim zu halten, fand sie immer noch als die richtige Entscheidung. Die Gremien in ihren prachtvollen, mit den schönsten Muschelwänden verzierten, Gebäuden bekamen nun Angst, da ihre einst so vollkommende Welt zusammenbrach und sie keinen anderen Ausweg sahen, als den Spinnern in ihren Laboren etwas mehr zu vertrauen als sonst. Davon würde sich Zeru aber nicht beirren lassen. Sie würde weiterhin alles daransetzen, den Geheimnissen des Schleiers auf den Grund zu gehen. Aber Zeru wusste auch, dass Shatu recht hatte. Sie war die Wissenschaftlerin, die die Geheimnisse aufdeckte. Aber wie mit diesen Geheimnissen umgegangen werden sollte, das hatte sie nicht zu entscheiden. Dafür war Shatu da. Tarom verfolgte diesen Disput eine Weile interessiert mit. Auch er hatte ein gespaltenes Verhältnis zu Regierungsbeauftragten. Aber hier und jetzt war er froh, dass einer da war.
„Na, nun ist aber gut. Sie werden sich doch nicht jetzt schon streiten, wo wir noch gar nicht losgeschwommen sind. Im Übrigen finde ich es ganz gut, dass jemand von der Regierung dabei ist. Wer weiß, über was wir noch zu entscheiden haben.“
Zeru war froh, von Tarom in ihrem Disput mit Shatu gestoppt geworden zu sein. Sie hätte sich in sonst was rein steigern
können. So war sie eben.
Neben dem Captain amüsierte sich Kakom, der diese Diskussion ebenfalls mitverfolgte.
„Das kann ja eine lustige Reise werden“, scherzte er. Er wusste mit all dem nichts anzufangen. Für ihn zählte nur, ob er und die anderen Konstrukteure des Schiffes gute Arbeit geleistet hatten und dass er gesund und wohlbehalten wieder von dort oben zurückkehren würde.
„Da wir noch Zeit haben, werde ich noch einmal in den Maschinenraum schwimmen und nachsehen ob dort alles in Ordnung ist.“
Kakoms Ansage kam zur richtigen Zeit, um diesen Zwist zu beenden.
„Tun sie das Kakom. Ich melde mich bei Ihnen, wenn wir starten.“
„In Ordnung Captain.“
Kakom löste sich von seinem Sitz und schwamm zur Luke. Mit einem Zisch fuhr die Luke nach oben. Nachdem Kakom durch sie hindurch war, schloss sie sich mit eben dem gleichen Zischen nach unten. Der Captain drehte sich zu Zeru um.
„Zeru, hat Ihr Professor Bereu inzwischen noch mehr aus den Signalen entschlüsseln können?“
Seitdem sie von dem Forschungszentrum aufgebrochen war, stand sie ständig in Verbindung zu Professor Bereu. Sie tauschten sich über die neuesten Ergebnisse aus. Bis auf die Erkenntnisse, die sie im Zentrum erringen konnten, gab es aber keine neuen Ergebnisse. Sie persönlich empfand das als sehr frustrierend. Egal, wie sie mit den Daten umging, es führte zu keiner neuen Erkenntnis.
„Ich habe vor kurzem noch mit ihm gesprochen. Er konnte aber keine neuen Ergebnisse nennen.“
„Das ist schade“, antwortete der Captain, der weiterhin an seinen Instrumenten Werte ablas.
„Ich habe aber die Dateien mitgebracht und werde weiterhin in dem schicken Labor hinter uns daran arbeiten.“ Sie hatte im Vorfeld erfahren können, dass auf dem Schiff ein voll ausgestattetes Labor existierte, in dem sie ihre Forschungen weiterführen konnte. So warteten sie in dem Aufstiegsschiff auf den Startbefehl, der immer näher rückte.
3. Die gnadenlose Eisbarriere
Maru steuerte gemeinsam mit ihrem Sicherheitskollegen
Atara den schlanken Flitzer in Richtung der senkrechten Eisbarriere. Hinweg über zerklüftete, schroffe Felsen, in deren Gräben und Spalten sich nur vereinzelte Niedriglebensformen tummelten. Geschockt von diesem massiven Rückgang des Lebens so nahe der Eisbarriere, drosselte sie die Geschwindigkeit des Flitzers, um das Ausmaß der Zerstörung genauer betrachten zu können.
„Sieh dir das an, Atara!“, forderte sie ihren Kollegen auf. Atara, der neben ihr ebenfalls die gravierenden Auswirkungen der Eisbarriere registrierte, vermochte nicht zu urteilen, ob sich die Niedriglebensformen nur vor ihnen versteckten, oder ob der Rückgang des pulsierenden Lebens an den niedrigeren Temperaturen lag. Die Hysterie um die Barriere ging ihm viel zu weit. Es stimmte, es gab einige Berichte von eingeschlossenen Städten, die aber allesamt durch die Medien dramatisiert wurden. In den nächsten Stunden würde er sich ja selbst von den Ausmaßen der Barriere überzeugen können.
„Du nimmst das alles viel zu ernst, Maru. Wenn wir mit unserem Flitzer über dieses Gebiet hinweg sind, quillt das Leben wieder aus allen Ritzen dieser Felsen“, versuchte er Maru zu besänftigen.
„Meinst du?“, fragte sie skeptisch.
„Ich denke schon. Du wirst sehen, wenn wir unseren Auftrag erledigt haben und hier wieder entlangflitzen, wird das Leben in diesen Felsspalten zurückgekehrt sein“, versicherte er ihr. Sie glaubte Atara zwar nicht so recht, aber dennoch umschloss sie das Ruder entkrampfter und steuerte den Flitzer wieder schneller und entspannter ihrem Auftragsort entgegen.
So weit weg von den belebten Städten Maboriens hatte sie sich noch nie befunden. Immer wieder lagen unendlich weite Entfernungen zwischen den vereinzelten Siedlungen, die sie mit ihrem Flitzer zurücklegen mussten. Dieser Auftrag sollte sie bis zu der nördlichsten Siedlung Maboriens