Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018. Cedric Balmore
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018 - Cedric Balmore страница 36
Und dann musste sie wohl eingeschlafen sein. Als sie erwachte, war es schon heller Tag, und die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel. Es würde wieder sehr heiß werden.
Das Bett neben ihr war leer. Sie hörte Werner im Badezimmer hantieren. Kaffeeduft lag schon in der Luft. Er kam ins Schlafzimmer und trocknete sich die nassen Haare mit dem Handtuch ab.
»Na, du Langschläferin, endlich ausgeschlafen? Ich habe schon den Frühstückstisch gedeckt. Möchtest du mit mir frühstücken?«
»Ja, ich komme sofort!«
»Brauchst du heute gar nicht fort?«, fragte Anja ihren Mann beim Frühstück.
»Doch, natürlich, aber erst später. Ich muss erst bei meiner Firma vorbei, und dann muss ich wieder Kunden besuchen. Leider wird das wieder sehr unbequem für mich werden. Sie liegen so weit auseinander, dass ich zwei Tage dafür benötige. Diesmal muss ich dich wirklich alleine lassen. Aber ich verspreche dir, zum Wochenende pünktlich wieder zu Hause zu sein. Und wenn es so schön bleibt, dann gehen wir schwimmen, einverstanden?«
Sie zerbröckelte gedankenverloren ein Krümelchen Brot. Ewig dieses Warten, ewig allein sein müssen! Warum war Werner nicht wie andere Männer? Andere freuten sich und waren stolz, wenn ihre Frauen was verdienten. Was er da von der Ehe sagte, sicher, in vielen Fällen stimmte das ja auch. Aber sie konnte doch auch gehen, wenn er nicht da war. Heute gab es doch so viele Möglichkeiten!
»Sag mal, Anja, hast du schon die Möbelrechnung eingezahlt?«
Für einen Moment sah sie ihn verständnislos an.
»Ich gab dir doch gestern das Geld dafür und bat dich, es bei der Post einzuzahlen. Der Stichtag ist heute. Ich bin für Pünktlichkeit, dann bekommt man keine Scherereien. Wenn du es eingezahlt hast, dann gib mir doch bitte den Abschnitt. Ich werde ihn dann gleich abheften.«
Die Kaffeetasse zitterte in ihrer Hand, als sie sie zum Munde führte. Langsam stieg das Rot in ihre Wangen, aber der Mann bemerkte nichts von allem. Er war mit seiner Zeitung beschäftigt.
»Du, Werner, entschuldige, aber das habe ich wirklich vergessen. Ich war in der Stadt, bin aber an der Post vorbeigelaufen. Ich werde es gleich nachholen, ganz bestimmt!«
»Macht nichts, ich muss doch gleich zur Firma. Da kann ich es mitnehmen, und du brauchst den Weg nicht zu machen. Mit dem Wagen geht es schneller. Leg es mir nur zurecht! Ich fahre gleich los!«
Nun saß sie in der Klemme. Sie hatte ja erst zweihundert Mark. Was sollte sie beginnen? Fieberhaft suchte sie einen Ausweg. Nur eine Person konnte ihr jetzt helfen, und das war ihre Nachbarin. Unauffällig stand sie vom Tisch auf und tat so, als ginge sie zur Küche.
Werner schaute kurz auf und lächelte ihr zu.
»Ich muss mir noch Kaffee holen«, murmelte sie und verließ das Zimmer.
Auf dem Flur schlug sie einen Haken, öffnete lautlos die Tür und huschte ins Treppenhaus. Ihr Herz klopfte dumpf und hohl. Bis jetzt hatte sie nie Heimlichkeiten vor ihrem Mann gehabt.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Nachbarin öffnete. Sie war noch im Morgenmantel und recht verschlafen, schien gerade aus dem Bett gekommen zu sein.
»Himmel, Anja, so früh, bist du verrückt! Ich habe einen schrecklichen Kater. Was ist los?«
Das Mädchen schob sie erst mal wortlos in die Wohnung und schloss hinter sich die Tür. Sie lehnte sich dagegen und atmete schnell und flach.
»Werner ist zurückgekommen!«
»Au Backe, wann?«
»Gestern Abend schon!«
»Himmel, hat er etwas gemerkt?«
»Nein, ich habe ihm gesagt, wir wären im Kino gewesen und anschließend seien wir bei dir im Sessel eingeschlafen. Er hat es mir geglaubt.«
»Gut, ich werde mich danach richten. Hast recht getan, es mir zu sagen. Hätten uns ja mal zufällig im Treppenhaus begegnen können. Na, da haben wir ja noch mal Glück gehabt.«
»Ja, ich habe aber eine Angst ausgestanden. Bin bald verrückt darüber geworden. Aber was ich noch sagen wollte, kannst du mir zweihundert Mark pumpen? Werner will das Geld einzahlen.«
»Natürlich, wir sind ja jetzt Freundinnen. Ich geb’ sie dir gerne, und du kannst sie mir ja auch bald wieder zurückzahlen. Wir machen doch weiter zusammen?«
Anja sah Sybille nicht an. Sie wollte sie jetzt nicht kränken, sie brauchte jetzt so schnell wie möglich das Geld. Alles andere würde man später regeln. Nein, mitgehen, diese Angst noch einmal ausstehen? Niemals mehr!
Sybille ging ins Schlafzimmer und brachte das Geld.
»Du siehst aus wie der Tod. Mach doch nicht so erschrockene Augen! Hast dich ja ’rausreden können. Was willst du mehr? Meiner hätte sich bestimmt nicht mit so einer lapidaren Ausrede so einfach abspeisen lassen, der nicht. Da muss ich ihm schon ganz anders kommen. Aber zum Glück kommt der nicht unverhofft nach Hause, das wäre ja noch schöner!«
Für ein längeres Gespräch hatte Anja jetzt keine Zeit mehr. Sie musste in ihre Wohnung zurück.
»Noch einmal, vielen Dank, ich zahl’ es dir so schnell wie möglich zurück!«
»Klar, viel Spaß, und verplappere dich nicht!«
»Nein, nein!« Und damit huschte sie über den Flur in ihre Wohnung zurück.
»Anja, endlich!«
Sie schrak so mächtig zusammen, dass sie bald umgesunken wäre. Werner verstand seine Frau nicht mehr. Kopfschüttelnd betrachtete er sie und wunderte sich sehr.
»Warum bist du auf einmal so schreckhaft? Früher warst du es doch nicht! Und überhaupt, ich denke, du bist in der Küche. Ich rede mit dir, keiner gibt Antwort, ich gehe nachschauen, und die Tür ist offen. Wo warst du denn jetzt schon wieder?«
Sie schluckte. In der Hand hielt sie das Geld zusammengeknüllt. Das Herz ging rasend.
»Ich hatte etwas vergessen, ich meine bei Sybille, entschuldige, es fiel mir auf einmal wieder ein. Wollte dich nicht extra belästigen, du warst doch am Lesen. Warum hast du mich gesucht? «
»Ich will jetzt in die Stadt, sonst wird mir das nachher zu spät. Hast du mir alles zurechtgelegt?«
»Warte, ich suche die Anweisung heraus. Du nimmst sie doch mit?«
»Selbstverständlich.«
Wenig später überreichte sie ihm das Geld. Sie schloss für einen Augenblick die Augen und stöhnte innerlich tief auf. Dieses unselige Geld. Warum nur hatte sie es verlieren müssen! Eine Lüge baute sich auf die andere. Doch jetzt war sie so weit gegangen, nun musste sie es auch zu Ende führen. Woher sie das Geld zaubern sollte, das war ihr noch ein Rätsel. Aber beschaffen musste sie es.
5
Sybille