Hilflos den Erpressern ausgeliefert. G. S. Friebel
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Hilflos den Erpressern ausgeliefert - G. S. Friebel страница 2
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Emilie trippelte über die Schwelle.
»Herrje, hab ich es mir doch gedacht. Du arbeitest noch, und dabei kriegst du nicht eine Überstunde bezahlt. Du bist wirklich blöde, Meta.«
Diese drehte sich um und sah Emilie verdutzt an.
»Wie, ist denn schon Feierabend?«
»Na klar, glaubst du, ich würde sonst raufkommen?« Sie kicherte und stellte ihre kleine Tasche auf den Schreibtisch.
»Los, mach fix! Ich hab eine Einladung bekommen.«
Emilie Ascher und sie bewohnten zusammen eine kleine Wohnung. Sie stammten aus demselben Dorf und hatten sich ganz zufällig in dieser Stadt getroffen, und weil man zu zweit billiger leben konnte, waren sie zusammengezogen. Ansonsten verband sie nicht sehr viel. Emilie war nur eine kleine Verkäuferin. Sie beneidete Meta brennend um ihren Posten bei der Kriminalpolizei. Sie hätte viel darum gegeben, wenn sie so klug wie Meta gewesen wäre. Fesch hätte sich das angehört, wenn man sie gefragt hätte: »Und wo arbeiten Sie?« Dann hätte sie gelangweilt die Augen niedergeschlagen und geantwortet: »Ach, wissen Sie, ich spreche nicht gerne von meinem Beruf. Ich trenne Privates von Beruflichem. Man erfährt so viel Schlimmes, wenn man bei der Kripo ist ...« Genauso würde sie reden. Nach ihrem Geschmack machte Meta viel zu wenig aus sich.
Nun ja, eine Schönheit war sie nicht, während sie, Emilie, ganz flott aussah. Das Dumme war nur, die Männer glaubten immer, sie sei umsonst zu haben. Aber dafür war sie sich zu schade. Sie wusste doch, wenn man sich mit jemandem einließ, dass man dann am nächsten Tag das Tagesgespräch im Geschäft war. Nein, sie wollte einen Mann haben zum Heiraten, möglichst mit viel Geld, damit sie nicht mehr arbeiten gehen musste. Und dann würde sie sich ein schönes Leben machen.
Meta räumte auf und meinte nebenbei: »Wenn du eine Einladung bekommen hast, wieso holst du mich dann noch ab? Warum bist du dann nicht schon längst zu Hause und ziehst dich um?«
»Weil du auch mit eingeladen bist, Meta«, lachte Emilie sie an. »Stell dir das mal vor!«
Meta ließ die Akten, die sie gerade in der Hand hielt, wieder auf den Schreibtisch fallen.
»Nein«, sagte sie verblüfft. Es war wirklich das erste Mal, dass man sie auch einlud. Das war so ungewöhnlich, dass sie im Augenblick keine Worte fand.
»Ja, du hörst richtig. Ich hab auch gestaunt, aber Gitti hat es ausdrücklich gesagt: >Bring doch auch Meta mit! Wir würden uns freuen.<«
»Wer ist denn Gitti? Die kenne ich doch gar nicht.«
»Och, die arbeitet im Augenblick bei uns im Lager. Nettes Mädchen. Fesch und lustig! Ich hab mich mit ihr angefreundet, und jetzt hat sie mich eingeladen, weil ich halt neugierig bin. Verstehst du?«
»Ich verstehe gar nichts«, murmelte Meta. »Nur weil du neugierig bist, werde ich auch eingeladen? Worauf bist du denn neugierig?«
Emilie lachte: »Ach, das habe ich dir ja noch gar nicht gesagt. Gitti lebt mit so ein paar Typen zusammen, weißt du, in so einer modernen Gemeinschaft. Die haben sich da so einen kleinen Bauernhof gemietet, und dort leben die nun, und ich möchte doch mal sehen, wie es dort zugeht. Du nicht?«
»Nein«, sagte Meta brüsk. In diesem Augenblick war ihr nämlich eingefallen, dass sie es wirklich nicht nötig hatte, von den Brosamen, die Emilie übrigließ, zu leben. Sie brauchte keine so seltsame Einladung.
»Du bist wirklich ein Spielverderber, Meta, ehrlich. Da sitzt du zu Hause und machst ein mieses Gesicht, weil sich keiner für dich interessiert, und jetzt lädt man dich ein, und da willst du nicht.« Auf ihrem Gesicht wurden rote Flecke sichtbar, ein Zeichen für Emilie, dass Meta aufgeregt war. Sie biss sich auf die Lippen. Nun ja, geschickt hatte sie es wirklich nicht angestellt. Hatte sie nicht gleich zu Gitti gesagt: »Ich weiß nicht, ob ich Meta mitbringen kann. Die ist so schwierig, weißt du. Wenn die einmal ,nein‘ sagt, dann bleibt sie dabei. Ziemlich stur und zimperlich, wird mal als alte Jungfer sterben.« Aber Gitti hatte so darauf bestanden, dass sich Emilie schon wunderte und fragte: »Wieso eigentlich, du kennst sie doch gar nicht.«
»Nein, aber ich möchte sie kennenlernen. Und Victor Decelle auch.«
»Wer ist das denn schon wieder? Und wieso hat der so einen komischen Namen?«
»Er ist Franzose, hab ich noch nicht davon gesprochen?«
»Nein.«
»Victor ist unser Gründungsvater.«
»Wer ist der?« Emilie lachte hell auf. »Mensch, hat der eine neue Welt aufgemacht?«
Zuerst war Gitti beleidigt gewesen.
»Du verstehst auch gar nichts«, hatte sie hitzig geantwortet. »Ja, damit du es weißt, wir leben in einer neuen Welt. Nicht in so einer scheinheiligen Welt wie die Erwachsenen und ihr auch. Du wirst schon sehen, eines Tages werden sie noch alle bekehrt und werden so leben wie wir. Das ist das wahre Leben, nicht so verlogen und gemein.«
Wie gesagt, Emilie war nicht sehr schlau, und sie musste das erst verarbeiten. Nach einer Weile meinte sie: »Ich versteh das nicht. Wieso ist das bei euch anders? Essen, trinken und schlafen, das müssen wir alle. Und malochen auch, sonst kriegt man kein Geld und kann verhungern oder muss zur Fürsorge gehen, und die geben einem auch nichts, wenn man arbeiten kann.«
»Wir arbeiten nie alle«, hatte Gitti geantwortet. »Wenn du kommst, dann können die anderen es dir viel besser erklären. Ich bin noch nicht so lange dabei, weißt du. Ich bin noch ein Chippy.«
»Was bist du?«
»Eine Nonne sagen sie auch. Das heißt, ich bin noch nicht soweit, um ganz in ihre Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Ich habe noch nicht die großen Erlebnisse wie die anderen. Aber das kommt noch. Auf jeden Fall geh ich nicht mehr weg. Ich bleibe bei denen. Und wenn sie mich mit Gewalt holen wollen, ich geh immer wieder zurück.«
»Wer will dich denn mit Gewalt wegholen?«, fragte Emilie erstaunt.
»Meine Eltern natürlich. Ich bin doch abgehauen. Aber bis jetzt haben sie mich noch nicht gefunden. Und ich pass auch auf. Victor hat mir gesagt, er will ein Auge auf mich halten. Und ich brauche keine Angst zu haben.«
Emilie blickte sie sprachlos an. Die Kleine sprach so selbstsicher, so überheblich. Sie wurde neidisch und wäre auch gern so überlegen aufgetreten.
»Aber du arbeitest doch hier, und die Behörden werden das dann deinen Eltern erzählen.«
»Ich bin doch nur Gelegenheitsarbeiterin«, sagte sie wegwerfend. »Glaubst du denn wirklich, ich verbringe in Zukunft mein Leben mit Malochen? Das überlassen wir so blöden Hühnern, wie du eins bist.«
Emilie schluckte und war wütend. Am liebsten hätte sie der kleine frechen Göre eine Ohrfeige gegeben.
Gitti machte ein schnippisches Gesicht und meinte gelangweilt: »Ein paar Wochen brauch ich das, und dann sind andere die Chippys, und ich verlass meinen Posten und bin dann voll in der Gemeinschaft aufgenommen.« Sie sprach, als käme sie gerade vom Mond und hätte dort Wunderdinge gesehen. Dabei machte sie die unerfahrene Emilie so neugierig,