Bloody Marys - das Leben birgt ein tödliches Risiko. Sabine Ludwigs
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Bloody Marys - das Leben birgt ein tödliches Risiko - Sabine Ludwigs страница 9
Ich unterdrückte ein Lachen. „Und da ist dein schöner Plan nicht aufgegangen.“
„Noch schlimmer: Straub hat mich bis zum Ausgang am Florianturm begleitet und mir noch einen schönen Tag gewünscht.“
Tanja klang glaubwürdig. Hätte sie mir sonst freiwillig von ihrer Blamage erzählt?
„Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, Frau Kaminski. Ihr Mann hat den Westfalenpark gegen 18.30 Uhr verlassen und ist in sein Auto gestiegen. Wenn er nicht zu Hause angekommen ist, hat das Gründe, die mit der Erfüllung Ihres Auftrags nichts zu tun haben.“
„So weit waren wir schon gestern.“
„Ich hätte dann gerne mein Honorar überwiesen. Schließlich habe ich mit dem Verschwinden Ihres Mannes nichts zu tun.“
„Ach nee. Und was ist mit Ihrer verrückten Freundin, die mit dem Tennisschläger?“
Ich schaltete das Aufnahmegerät aus, schnappte mir die Aktentasche und setzte mich in das Auto. Auf dem Parkplatz vor Straubs Gartencenter hielt ich an. Die trauernde Witwe empfing mich mit einem kundenorientierten Lächeln im Verkaufsraum.
„Ich suche nach einer robusten Zimmerpflanze“, trug ich meinen Wunsch vor.
Brigitte Kaminski überlegte. „Drachenbaum? Yucca-Palme?“ Sie zeigte mir einige Pflanzen. Sie konnte nicht wissen, wer ich war, denn sie hatte mich nie gesehen. Auf meiner Homepage war – aus Diskretionsgründen – kein Foto von mir.
„Nicht exotisch genug“, lehnte ich ab und besah mir die Dame genauer. Sie war groß – nicht ganz so groß wie Tanja, aber größer als ich. Elegant gekleidet, mit Kaschmirpulli, Designerrock und High Heels. Höchstens 35 und kalte Augen. Keine Spur von Witwentrauer.
„Wie hoch war die Lebensversicherung Ihres verstorbenen Mannes?“, fragte ich unvermittelt.
Ihr Gesicht blieb regungslos, doch der Blick veränderte sich. „Was meinen Sie? Wer sind Sie?“
„Sie haben einen entscheidenden Fehler gemacht“, sagte ich, und meine Stimme klang fischig-kalt, wie der Ausdruck ihrer Augen. „Sie hätten meine Freundin mit dem Tennisschläger nicht erwähnen dürfen, wenn Sie ihr das Verschwinden Ihres Gatten in die Schuhe schieben wollten.“
Dajana
Heike Wulf
Scheiße, ist das tief!
Wie bin ich nur auf die bescheuerte Idee gekommen hier runter zu springen, um dann zermatscht auf dem Bahnhofsvorplatz zu landen; zwischen der ganzen Taubenscheiße.
Dajana nimmt noch einen Schluck des billigen Rotweins.
Die Aussicht von hier ist schön. Überall die erleuchteten Fenster und all die Sterne.
Letztens, an einem Sonntag, hatte sie das Planetarium besucht. Das Thema des Vortrags war: „Großer Bär und gefiederte Schlange“. Es war echt cool gewesen mit diesen ganzen Sternbildern.
Welche erkennt sie heute noch wieder? Sie legt sich hin, stopft ihre Tasche unter den Kopf und schaut in den Himmel. Sie findet den kleinen Wagen und den großen. Das weiß sie noch, der ist im Bären.
Es ist Sommer, es ist mild. Nur hier oben geht ein kühler Wind. Eine Brise, die sie spüren lässt, dass sie lebt und, dass ein Teil von ihr weiter leben will. Trotz allem.
Der andere Teil aber verlangt: „Spring! Nun spring endlich, dein Leben hat keinen Wert. Niemand will dich. Du bist ein Nichts. Eine Hure, die ihren Körper verkauft und Schwänze lutscht.“
Sie denkt an ihre Fahrt zurück in die vermeintliche Heimat Rumänien. Der verächtliche Blick des Vaters, als sie ins Zimmer trat. Seine Antwort auf ihr Flehen, bleiben zu dürfen, weil sie krank sei.
„Hau ab! Geh mir aus den Augen. Du bist eine Schande.“
Widerstand gegen den Vater hatte es früher nie gegeben. Aber diese Welt gab es nicht mehr, und sie schrie ihn an: „Du warst es doch, der mich nach Deutschland geschickt hat. Du hast mich an deinen Bruder verschachert. Für euch hab ich das verdammte Geld verdient.“
Statt einer Antwort bekam Dajana die Faust zu spüren. Zuerst ins Gesicht, dann in den Magen. Danach hatte er das Zimmer verlassen. Ihre Mutter stand mit auf den Boden gerichtetem Blick in der Ecke.
„Mama“, hatte sie gesagt. Aber ihre Mutter schaute weiter auf den Boden. Ganz so, als existiere sie nicht.
Und da wusste sie: Hier bekam sie keine Hilfe.
Niemand würde sie in den Arm nehmen und trösten und ihr sagen, dass alles gut werden würde.
Ihr Vater war mit ihrem Bruder zurückgekommen. Ihrem kleinen Bruder Doran, um den sie sich immer gekümmert und den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Sie wollte ihn umarmen, aber ihr Vater stieß sie weg.
„Bring sie dahin, wo sie hingehört!“
Doran zögerte nicht einen Moment und zerrte sie zum Wagen. Schubste sie hinein, setzte sich selbst und startete den Motor.
„Bitte, Doran. Bitte, hilf mir! Ich will nicht zurück. Ich kann das nicht mehr.“
Aber er hatte sie angesehen, als wäre sie ein verwestes Stück Fleisch und kein Wort war über seine Lippen gekommen.
Da schwieg auch sie.
Sie wusste nicht, wer von ihnen ihr am meisten wehgetan hatte. Auf halber Strecke nach Deutschland übernahm ihr Onkel sie.
Genau wie damals.
Wenn sie daran zurückdachte!
Wie glücklich sie zuerst gewesen war, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte nach Deutschland zu kommen. Sie war 14 Jahre alt gewesen, wollte sich chic anzuziehen und in die Disko zu gehen. Vielleicht einen netten deutschen Mann kennenlernen, heiraten, die Familie nachholen. Ach, was hatte sie sich damals alles ausgemalt.
Angekommen in Deutschland sperrte ihr Onkel sie in ein Zimmer und ließ die Männer rein. Einen nach dem anderen. Einen nach dem anderen. Als sie nicht aufhörte zu schreien, flösste er ihr Drogen ein, die sie benommen machten und wehrlos. Sie bekam etwas zu essen ins Zimmer gestellt, wusch sich an dem kleinen Waschbecken, und wenn sie zur Toilette musste, ging ihr Onkel mit.
Immer, wenn ihm danach war, vergewaltigte auch er sie.
In die Disko kam sie nie.
So vergingen Monate und Jahre.
Irgendwann hatte sie sich mit allem abgefunden. Später schickte der Onkel sie auf den Straßenstrich. Einmal war sie abgehauen, untergetaucht bei einer befreundeten Nutte.
Aber ihr Onkel fand sie schnell, schlug sie zusammen und drohte ihr, sie umzubringen, wenn sie das noch mal versuchen würde. Damals hatte sie noch Angst.
Heute nicht mehr. Sie steht auf und geht