Die Kreuzfahrer - milites diaboli. Jens - Uwe Nebauer

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Die Kreuzfahrer - milites diaboli - Jens - Uwe Nebauer

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ich“, verkündete der Mansfelder und klopfte sich an die Brust, „spiele den kranken Grafen, und zwar den Grafen Godebold von Henneberg, der ein alter Bekannter von mir ist.“

      „Also gut, ihr Herren“, stimmte Anno von Heimburg schließlich zu, „wir folgen dem Plan des Herrn von Falkenburg. Abbo, du kümmerst dich um die Wagen, und ich werde aus dem Verbandszeug meiner Gemahlin ein paar Leinenstreifen holen und sie in Schweineblut tauchen, sodass sie wie echte Wundverbände aussehen, wenn wir sie unserem „wunden“ Grafen Hoyer um Kopf und Arme wickeln.“

      *

      Mechthild von Heimburg kauerte in einer Ecke ihres dunklen, kalten Verlieses und lauschte den Geräuschen des Windes.

      Sie fror erbärmlich.

      Gleich nach ihrer Auseinandersetzung mit Poppo hatte man sie in dieses finstere Loch geworfen, doch zuvor hatten ihr die rohen, nach Schweiß und saurem Bier stinkenden Knechte, dem Befehl ihres Herrn folgend, ihren Schmuck und ihren Mantel abgenommen und ihr die teuren Schuhe von den Füßen gezogen, damit ihr ja nichts Wertvolles blieb, mit dem sie die Wächter hätte bestechen können. Vielleicht glaubte der elende Schuft Poppo aber auch, dass er sie durch die ungewohnte nächtliche Kälte zum Nachgeben zwingen und sie seinem unsittlichen Begehren gefügig machen könnte.

      Allein geblieben in der elenden Felsenkammer hatte das fünfzehnjährige Mädchen Gott um Erbarmen und Hilfe angefleht, doch die Einsamkeit und die Kälte hatten ihre zeitweilige Tröstung schon bald in tausend Splitter zerschlagen.

      Der Kerker, in den man sie eingesperrt hatte wie ein Tier, war im nordöstlichen Teil der Burg, hart neben dem schwindelerregenden Abgrund in den grauen Sandsteinfelsen geschlagen worden und hatte als Lichtöffnung nur ein winziges Loch, kaum größer als ihre Faust. Er war kleiner als die Hundezwinger auf der Heimburg und so niedrig, dass selbst sie, die doch eher von weniger großem Wuchs war, nur gebückt stehen konnte. Der Kerkerboden war mit einer Schicht feuchten Sandes und einer armseligen Schütte schimmligen Strohs bedeckt.

      Um sich gegen die Kälte zu schützen, zog Mechthild ihre Beine eng an den Körper und schlang ihre Arme fest um die Knie, doch viel half es ihr nicht.

      Plötzlich wurde sie von einer nagenden, alles verzehrenden Angst erfasst. Noch hatte ihr der Regensteiner keine Gewalt angetan, doch was würde geschehen, wenn sie standhaft blieb, wenn sie sich ihm, der entwürdigenden Kerkerhaft zum Trotz, auch weiterhin verweigerte? Würde er sich schließlich nicht doch noch nehmen, was für ihn verboten war?

      Der Gedanke daran ließ die Jungfrau noch zusätzlich frösteln. Und konnte sie überhaupt noch auf Rettung und Befreiung hoffen? Ahnte überhaupt jemand, wo sie sich befand? Ihre Begleiter waren, allesamt umgebracht worden, nur Mathilde, ihre zukünftige Schwägerin, war vom Platz des Überfalls entkommen. Aber hatte sie ihre Verfolger abschütteln können? Oder hatten diese die kleine Konradsburgerin genauso ermordet wie Lothar und Karl, ihre beiden Heimburger Knechte? Was, wenn niemand jemals erfuhr, in wessen schmutzige Hände sie gefallen war? Dann wäre sie Poppo hilflos ausgeliefert!

      Die Vorstellung, dass sich ihr dieser grässliche Mensch nähern könnte, dass sie seine Hände auf ihrem Körper spüren oder gar … nein, um Gottes willen, das durfte, das konnte nicht sein!

      Niemals, das schwor sie sich in diesem Augenblick, würde sie Poppo zu Willen sein, niemals ihm ihr Magdtum darbringen! Eine solche Schande würde sie niemals dulden. Und wenn ihr der Unhold, dieser widerwärtige, abscheuliche, abgrundtief hässliche Wicht ihr die Jungfernschaft mit Gewalt raubte, dann würde sie sich von dem hohen Burgfelsen in die Tiefe stürzen.

      Von einer tiefen Niedergeschlagenheit und Verlassenheit ergriffen, begann Mechthild zu weinen. Erst gegen Morgen fiel sie in einen kurzen, von schrecklichen Träumen begleiteten Schlaf.

      *

      Mit umwölkter Stirn lauschte der Burgherr des Regensteins dem reitenden Boten, der ihn wortreich, aber mit einer nicht immer ganz leicht verständlichen Aussprache, von dem Ersuchen seines verwundeten Herrn um ein Nachtlager für sich und drei seiner ebenfalls verwundeten Miles, in Kenntnis setzte.

      Gelegen kam ihm dieser Graf von Henneberg, der als Gesandter des Bischofs von Mainz bei den Bischöfen von Magdeburg und Halberstadt Unterhandlungen über irgendwelche Pfründe geführt hatte und auf seiner Reise von einer räuberischen Horde von Wenden oder sonstigem Gelichter überfallen und wund geschlagen worden war, nicht. Insbesondere auch im Hinblick auf die in seinem Verließ verwahrte Beute. Doch die Aussicht auf die gute Bezahlung, die der Bote - der jeden zweiten Satz mit einem „Gä“ abschloss - ihm für seine Mühen in Aussicht stellte, machten ihm die Aufnahme der Verwundeten in seinen Mauern ausreichend schmackhaft.

      Für einen kurzen Moment wurde Poppo zwar auch von einem Anflug von Misstrauen gestreift, doch schnell wischte er die grundlosen Bedenken beiseite. Niemand konnte wissen, dass sich die entführte Jungfrau auf dem Regenstein befand. Zwar war die Begleiterin Mechthilds entkommen, doch weder sie, noch ihr geheimnisvoller Helfer, von dem ihm seine Knechte berichtet hatten, konnten den Heimburgern verraten haben, wer hinter dem Überfall steckte. Zumal seine Männer ohne jedes Feldzeichen und mit Tüchern vor dem Maul ausgeritten waren.

      Außerdem kannte er alle Heimburger von Angesicht und sollte er einen von ihnen unter den Ankömmlingen entdecken, so würde er sie und ihre wenigen Begleiter sofort gefangen nehmen oder niedermachen lassen. Aber so dumm waren wohl selbst die närrischen Nachbarn, die ihm in ihrem Hochmut ihre Tochter verweigerten, nicht, dass sie sich freiwillig in eine tödliche Falle begaben.

      Eine gute Stunde nach dem Erscheinen des Boten - es war zwischen Mittag und Vesper - meldete die Wache auf dem Bergfried das Nahen zweier Gefährte aus der Richtung von Halberstadt.

      Die beiden Wagen und ihre wenigen berittenen Begleiter hatten bei Brockenstedt den von vielen kleinen Weihern und einem breiten Schilfgürtel umgebenen Goldbach überquert und zogen auf einem sandigen Feldweg quer über die flache, zum größten Teil baumlose, Heidelandschaft des Heers auf den Regenstein zu. Eine Meile nördlich des steil aufragenden und weithin sichtbaren Burgberges kreuzten sie die alte Heerstraße, die von Quedlinburg kam und an der Heimburg vorbei bis zur Harzburg und weiter bis nach Goslar führte. Kurz darauf verschwanden sie vor den Blicken der Burgwachen in einem tief in die Hügel am Fuße des Regensteins eingeschnittenen Hohlweg, der sich in einem leichten Bogen um den Burgberg wand.

      Nachdem die beiden von je zwei Pferden gezogenen Bauernwagen die offene, sich im Westen an das Massiv des Burgfelsens anschließende Ebene erreicht hatten, in der weder Bäume, Sträucher oder Hecken den freien Blick der Besatzung auf die Ankommenden hinderten, bogen sie auf den zum Burgtor führenden Weg ein und folgten ihm in gemächlichem Tempo.

      Auf dem Bock des ersten Wagens hockte Gerold neben einem Mansfelder Knecht namens Dedo, der als bester Messerwerfer und Schwertkämpfer des Grafen galt. Der Falkenburger hatte sich einen breitkrempigen Filzhut in die Stirn gedrückt und musterte gespannt die sich langsam nähernden, hell schimmernden Ringmauern der Burg Regenstein.

      Hinter Gerold und Dedo, der die Zügel des Wagens in den Händen hielt, lag Hoyer von Mansfeld, dessen Stirn und Arme mit blutdurchtränkten Verbänden umwunden waren, auf einer dicken Schicht Stroh. Zwei Reiter auf staubbedeckten, dürren Gäulen folgten dem Wagen mit hängenden Köpfen.

      Der zweite Wagen, auf dem drei offensichtlich übel zugerichtete Männer lagen, blieb während des Aufstiegs zum Regenstein etwas zurück. Auch er wurde von zwei Reitern begleitet.

      Als sie sich dem ersten Burgtor bis auf Bogenschussweite genähert hatten, tastete Gerold aufgeregt nach dem Griff seiner Wurfaxt, die neben ihm, unter einem löchrigen Sack verborgen, auf dem Fuhrmannssitz

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