Ein einzigartiges Lied.. Heiko Wenner
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Mein Ausstieg nach Kanada
Ich hatte den Plan nach Kanada zu gehen und begann diese Idee akribisch vorzubereiten. Kanada war zu diesem Zeitpunkt faszinierend für mich und dieses Land „der unbegrenzten Möglichkeiten“ zog mich förmlich in seinen Bann. Im April 1978 war es dann so weit. Ich ließ mir bei meinen Eltern nichts anmerken. Absolut niemandem hatte ich von meinem Vorhaben erzählt. Nur einem guten Arbeitskollegen schwärmte ich mehrmals von Kanada vor.
Am Morgen vor meinem Abflug verabschiedete ich mich wie immer, als würde ich normal zur Arbeit gehen von meiner Mutter. Meine Arbeitstasche versteckte ich im Holzstall meiner Großmutter, wo ich meinen Rucksack mit den wichtigsten Utensilien schon Tage zuvor deponiert hatte. Neben meinem Reisepass hatte ich neben Geld auch meine 10 Dollar Silbermünzen von den olympischen Spielen, die 1976 in Kanada stattfanden, im Gepäck. Diese Gedenkmünzen galten in Kanada auch als offizielles Zahlungsmittel. Am Flughafen in Frankfurt angekommen, kaufte ich mir ein Hin-Flugticket nach Montreal, denn ich wollte ja in Kanada bleiben. Alles lief perfekt wie am Schnürchen, bis ich in Montreal durch die Passkontrolle musste. Es gingen alle Sirenen an. Zwei in deutscher Zolluniform gekleidete Beamte kamen auf mich zu und nahmen mich erst einmal mit. Sie filzten mich regelrecht, entleerten meinen Rucksack und ich musste mich bis auf die Unterhosen ausziehen. Ich wusste überhaupt nicht, was mit mir geschah und es erklärte mir auch erst einmal niemand, warum sie das mit mir anstellten. Erst nachdem sie nichts Auffälliges außer meinen Münzen fanden, erklärten sie mir, dass ich für die Einreise nach Kanada ein Visum benötige. Nach der Klärung weiterer unangenehmer Fragen drückten sie mir dann einen Stempel in meinen Reisepass, der mir eine Aufenthaltsdauer von zunächst einmal acht Wochen in Kanada garantierte. Immerhin, ich hatte es geschafft, nach Kanada einzureisen. Ich beschloss zunächst einmal für 3 bis 4 Tage in Montreal zu verbringen, um meine Ausrüstung für die Wildnis zu komplettieren. Neben einem Jagdgewehr, einer Leuchtpistole, entsprechender Munition, einer Axt, einem Zelt und Schlafsack, kaufte ich mir noch ein paar Klamotten, blieb dann noch zwei Tage in Montreal und machte mich dann zunächst mit dem Bus auf den Weg in Richtung Norden. Ich blieb in der Provinz Quebec und stieg in Rawdon aus. Es war Anfang April, in den Wäldern lag noch verbreitet Schnee und ein Großteil der Flüsse und Seen waren noch zugefroren. Ich suchte mir vor Anbruch der Dunkelheit einen geeigneten Platz zum Übernachten. Ich schlug mein Zelt auf und unterfütterte meinen Schlafplatz mit viel Moos, um weich und nicht direkt auf dem noch frostigen Waldboden in meinem viel zu dünnen Schlafsack zu liegen. Am nächsten Tag zog ich weiter und kam zu einer verlassenen Hütte. Die Tür stand offen und so suchte ich hier erst einmal für die nächsten Tage Unterschlupf. Am nächsten Tag hörte ich das Geräusch von Maschinen im Wald. Ich ging der Sache nach und machte Bekanntschaft mit einem französisch sprechenden Waldarbeiter. Mein Schulfranzösisch reichte, um mit ihm ein wenig reden zu können. Ihm gehörte das Waldgebiet und er lebte von dem Holz, das er verkaufte. Ich fragte ihn, ob er mich als Arbeitskraft gebrauchen könne. Er entgegnete mir, wenn Du eine Arbeitserlaubnis und Papiere hast, dann ja, ohne diese Erlaubnis, nein. Natürlich hatte ich keine gültigen Papiere und somit wurde mein Traum vom Arbeiten in Kanada mit einem Mal zu Nichte gemacht.
Nach dieser Absage war ich sehr niedergeschlagen und ich hatte das Gefühl, dass die Welt für mich abrupt zusammenbricht. Seit Tagen hatte ich nur wenig gegessen und mein Gemütszustand war auf dem Tiefpunkt angelangt. Ich fühlte mich als Versager und Verlierer. Ich wusste, dass meine Mission gescheitert war. An diesem Tag beschloss ich mir das Leben zu nehmen. Ich holte mein Jagdgewehr, das ich bisher noch nicht benutzt hatte, legte eine Patrone in den Lauf und nahm die Mündung des Gewehres in meinen Mund. Ich drückte ab. Stille und Ruhe umsäumte mich. War ich nun tot? Nein, der Abzug klemmte. Ich versuchte das Gewehr zu reparieren und stellte fest, dass die Verriegelungskammer nicht richtig schloss. Das Gewehr war defekt und für mich unbrauchbar.
Heute, über 40 Jahre später bin ich dankbar dafür, dass meine Schutzengel diesen Selbsttötungsversuch verhindern konnten. Was hätte ich alles versäumt. Mein geschriebenes Buch war zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht zu Ende.
Am nächsten Tag besuchte ich den Waldarbeiter, teilte ihm mit, dass ich nach Montreal gehen würde und schenkte ihm mein Gewehr. Verzweifelt ging ich zur nächsten Polizeistation und bat dort um Hilfe. Die Polizisten schauten mich erstaunt an, begutachteten meinen Reisepass und teilten mir mit, dass sie nichts für mich tun könnten, denn ich hätte ja ein gültiges Visum, welches erst in 5 Wochen auslaufen würde. Dann könne ich gerne wieder kommen.
Verwirrt über die Situation streifte ich ziellos durch Montreal. In einer Einkaufspassage sprach mich ein Mann mittleren Alters in englischer Sprache an und fragte mich, ob er mir helfen könne. Ich erklärte ihm meine Lage und er beschloss, mich mit nach Hause zu nehmen. Er war verheiratet, hatte 2 kleine Kinder und gehörte einer freikirchlichen Gemeinschaft an. Er erklärte seiner Frau meine Situation und sie war damit einverstanden, dass ich erst einmal bleiben durfte. Diesem Fremden erzählte ich, für den Fall, dass jemand in meinem Rucksack nachschauen sollte, sich darin meine Leuchtpistole mit Munition und ein großes Messer, befände. Für ihn war das so in Ordnung und er fand es gut, dass ich ihm dies mitteilte. Am nächsten Tag nahm er mich mit in seine Firma. Hier wurden Haushaltsgeräte hergestellt. Er sprach mit dem Geschäftsführer über meine missliche Lage. Dieser konnte sehr gut Deutsch und er gab mir zu verstehen, dass hier in Kanada jeder Beschäftigte registriert sein müsse. Die Gesetze seien sehr streng und er ginge als Arbeitgeber ein sehr hohes Risiko ein, wenn er mich hier arbeiten ließe. Ihm drohe im Extremfall die Schließung seiner Firma, wenn eine unerwartete Kontrolle käme. Zu meinem größten Erstaunen, nahm er dieses Risiko auf seine Kappe und ich durfte noch am gleichen Tag anfangen zu arbeiten. Meine Aufgabe war es, elektronische Spulen herzustellen. Diese mussten damals noch mit der Hand gedreht werden.
Mit dem Ausgang des Tages war ich sehr zufrieden. Mein Retter nahm mich wieder mit nach Hause. Dort angekommen, gab es zwischen seiner Frau und ihm einen heftigen Streit. Es ging um mich. Sie hatte wohl während unserer Abwesenheit in meinem Rucksack nachgeschaut und meine Pistole entdeckt. Alles Entgegenwirken machte für meinen Schutzengel keinen Sinn. Seine Frau wollte, dass ich noch am gleichen Abend die Wohnung verlassen sollte. Es tat ihm sichtlich leid und er entschuldigte sich bei mir und bot mir an, nach einer Bleibe für mich zu suchen. Zwei Häuserblöcke weiter kam ich dann für günstiges Geld in einem Apartment unter. Ich hatte noch etwas Geld zurückgelegt, aber es reichte nicht mehr, um ein Rückflugticket nach Frankfurt bezahlen zu können. Ich sparte jeden Cent und machte Überstunden. Meine Arbeitszeit begann morgens um 6 Uhr und endete abends zwischen 18 und 19 Uhr. Die Zeit verging und nach vier Wochen harter Arbeit musste ich wieder zum Geschäftsführer. Mit trauriger Miene erklärte er mir, dass er sehr zufrieden mit meiner Arbeit wäre, aber das große Risiko nicht länger tragen könne. Mein Schutzengel war bei dem Gespräch mit dabei. Das Geld, was ich während der Zeit verdient hatte, reicht noch nicht für den Kauf eines Rückflugtickets. Sie beschlossen, mir das fehlende Geld zu leihen.
Mein Gang nach Canossa
Am nächsten Tag saß ich im Flugzeug auf dem Weg zurück nach Frankfurt. Es bahnte sich für mich nun der „Gang nach Canossa“ an. Seelisch und moralisch bereitete ich mich auf ein Wiedersehen mit meiner Familie vor. Es war sehr unangenehm für mich als Versager nach Hause zu kommen. Ich war noch nicht volljährig und somit war ich dem Wohlwollen meiner Eltern ausgesetzt.
Widerwillig rief ich vom Darmstädter Bahnhof aus zu Hause an. Helmut Schäfer, ein guter Freund meiner Eltern holte mich ab. Es war Fronleichnam, ein Feiertag der einmal wieder passend, wie die Faust aufs Auge, zu meiner Situation passte. Mein Vater war wohl unterwegs und hatte keine Zeit, mich abzuholen. Helmut zollte mir großen Respekt für meine ausgezeichnete Vorbereitung für