Todesstrafe - Der zweite Fall für Schmalenbeck und Paulsen. Brigitte Krächan

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Todesstrafe - Der zweite Fall für Schmalenbeck und Paulsen - Brigitte Krächan

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eher behutsam auftrat. „Du wirst auf deine alten Tage noch sentimental.“

      „Altersmilde“, korrigierte Paule.

      ***

      „Auf geht’s, Junge!“ Ulli hatte Rocco bei Frau Geese abgeholt und startete die übliche Feierabendrunde um den See. Nach dem Spaziergang würde sie noch auf einen Tee bei Frau Geese vorbeischauen. Ulli fragte sich, wie lange die alte Frau das Pförtnerhäuschen noch alleine würde bewohnen können. Frau Geese könnte das Haus verkaufen. Der Erlös und die Rente würden für einen Platz in einem guten Altenheim reichen. Aber als Ulli ihr das vorgeschlagen hatte, winkte die Haushälterin resolut ab. „Ein Umzug ins Altenheim ist der erste Schritt ins Grab. Das habe ich schon bei zu vielen gesehen. Die alten Leute langweilen sich dort buchstäblich zu Tode.“

      So waren sie schließlich übereingekommen, dass Frau Geese weiterhin im Pförtnerhaus wohnte, und das Hausmeisterehepaar, das die Villa bewohnen und instand halten würde, sich bei Bedarf auch um das Pförtnerhaus und Frau Geese kümmern sollte.

      „Aber in den Kräutergarten lasse ich mir nicht hineinreden“, stimmte Frau Geese Ullis Vorschlag schließlich zögerlich zu.

      „Macht der Umbau Fortschritte?“ Frau Geese hatte Ulli eine große Tasse Kräutertee in die Hand gedrückt und sich dann neben sie auf die kleine Holzbank an der Rückseite des Häuschens gesetzt. Die alte Frau war von Ullis Umbauplänen nach wie vor nicht begeistert. „Wollen Sie wirklich mit Fremden in einem Haus wohnen? Ich meine, Sie brauchen die Miete doch gar nicht. Und eine Putzfrau und einen Gärtner von außerhalb können Sie sich auch leisten.“

      Als Ulli erwiderte, die Villa sei für sie alleine zu groß, nickte Frau Geese nachdenklich. „Ja, da fehlt die Familie.“ Sie schaute zuerst zur Villa und streifte dann Ulli mit einem nachdenklichen Blick. „ Und Sie werden auch nicht jünger. Es ist zwar nicht mehr wie früher, die Medizin kann einiges hinauszögern, aber trotzdem wird es langsam Zeit. Was ist eigentlich aus dem gutaussehenden Mann geworden, der Sie neulich beim Joggen begleitet hat? Vielleicht sollten Sie ihn einmal auf ein Glas Wein in die Villa einladen.“

      Mittlerweile gelang es Ulli, gelassen mit den guten Ratschlägen der alten Frau umzugehen. Frau Geese war als junge Frau als Haushälterin zu Ullis Eltern gekommen und hatte selbst nie eine eigene Familie gegründet. Dafür hatte sie die Familie der von Schmalenbecks immer als ihre eigene betrachtet. Frau Geese sah in Ulli die Enkeltochter, die sie nie hatte, und sie gab die Hoffnung nicht auf, dass Ulli eines Tages doch noch eine Familie haben würde.

      „Ich denke, meine Idee, einen Teil der Villa an das Hausmeisterehepaar zu vermieten, ist für alle die bessere Lösung. Und wer weiß“, Ulli zwinkerte Frau Geese versöhnlich zu, „vielleicht gibt es bei den Solbergs früher oder später Nachwuchs. Es wäre doch schön, wenn wieder ein kleines Mädchen im Park spielen würde.“

      Aber so einfach ließ sich Frau Geese nicht überzeugen: „Das würde dem Rocco überhaupt nicht gefallen. Der Hund ist zu alt für kleine Kinder. Hat man Ihnen den Mordfall vom Wochenende übertragen?“ Anscheinend hatte Frau Geese kein Interesse mehr, sich weiter über Ullis Zukunftspläne zu unterhalten.

      Ulli nickte.

      Frau Geese schaute hinunter zum See und seufzte. „Ich erinnere mich an den Mord an Karin Kömen. Ihr Mörder soll sie im See ertränkt haben. Die Zeitung schreibt, es sei ganz bestimmt der Wilhelm Tieck gewesen, der die Kleine vor zehn Jahren umgebracht hat.“ Sie wandte sich Ulli zu: „Eine undankbare Aufgabe, die Sie da übernommen haben, wo doch alle meinen, der Kerl habe genau das bekommen, was er verdient.“

      Ulli hatte Mühe, freundlich zu bleiben. Irgendwie schienen alle davon auszugehen, dass vor dem Gesetz eben nicht jeder gleich sei. „Egal, was er vor zehn Jahren getan hat und was die Leute sich darüber erzählen. Heute ist er ein Mordopfer, und es ist meine Aufgabe, den Mörder zu finden.“

      „Genau so stur wie Ihr Herr Vater. Allerdings“, Frau Geese schaute wieder zum See „der alte Herr von Schmalenbeck hätte sich vermutlich auf die Seite des Mörders geschlagen. Wenn die Polizei ihn schon nicht überführen kann….“

      „Nun“, Ulli unterbrach die alte Frau ungehalten, „zum Glück haben wir Gesetze, die klar sagen, auf wessen Seite wir stehen müssen.“

      Ulli hatte keine Lust, über ihren Vater zu reden. Solange sie denken konnte, hatte Frau Geese im Haus der von Schmalenbecks gearbeitet. Noch heute, drei Jahre nach dem Tod ihres Vaters, war sie ihrem ehemaligen Arbeitgeber gegenüber absolut loyal. Sie würde sich nie negativ über die von Schmalenbecks äußern. Sie würde nie das Verhalten ihres Vaters gegenüber seiner Frau und seiner Tochter kritisieren. Ulli war klar, dass sie Frau Geese diese Loyalität oft übelnahm und der alten Frau damit Unrecht tat. Frau Geese meinte es gut mit ihr. Beschwichtigend legte Ulli ihre Hand auf den Arm der Haushälterin. „Es wird kühl, Sie sollten ins Haus gehen.“

      Frau Geese nickte und deutete lächelnd auf Rocco, der vor ihnen saß und die beiden Frauen nicht aus den Augen ließ. „Und Sie sollten dafür sorgen, dass unser alter Hund sein Abendessen bekommt.“

      KAPITEL 5

      Ulli beendete die Teamsitzung schon nach einer Stunde. Bisher gab es keine konkreten Spuren auf einen möglichen Täter und sein Motiv. Wie befürchtet, war die Staatanwaltschaft nicht bereit, eine Durchsuchungserlaubnis für die Konto- und Handydaten von Heinz Kömen auszustellen. Eine tödliche Erkrankung sei kein hinreichendes Motiv für einen Mord. Das Team hatte beschlossen, weiterhin im sozialen Umfeld von Wilhelm Tieck nach einem möglichen Motiv zu suchen. Sie würden alle Arbeitskollegen des Opfers befragen. Dirk hatte es übernommen, die Kommentare in den sozialen Netzwerken zum Mord an Wilhelm Tieck zu beobachten.

      Da ohnehin die Ergebnisse aller Befragungen in der elektronischen Akte hinterlegt waren und jeder im Team sie dort nachlesen konnte, beschloss Ulli, dem Team eine Woche Zeit zu geben. Den Termin für die nächste Sitzung legte sie vorerst auf Montag, den Tag von Wilhelm Tiecks Beerdigung, fest.

      Die Kommissarin hatte sich mit Paule in dessen Büro verabredet. Sie wollten noch einmal gemeinsam die Aktenordner von Heinz Kömen durchforsten.

      „Ich hätte es getan“, Paule klappte den Ordner zu und schob ihn in die Mitte des Tisches. „Wenn ich davon überzeugt gewesen wäre, dass dieser Kerl mein Kind umgebracht hat. und wenn kein Gericht der Welt bereit gewesen wäre, ihn dafür erneut anzuklagen, dann hätte ich die Sache selbst in die Hand genommen. Besonders, wenn ich erfahren hätte, dass ich krank sei und mir die Zeit davonliefe.“

      „Du bist Polizist. Du hast eine Waffe und weißt, wie man damit umgeht.“

      Ulli schloss ebenfalls ihren Ordner, stand auf und dehnte ihren Rücken.

      „Emma hat herumtelefoniert: Heinz Kömen war in keinem Schützenverein, keinem Jagdverein. Und er hat nie eine Waffenerlaubnis beantragt.“

      Paule deutete auf den Ordner. „Kömen hat die Petitionen immer beim Landgericht abgegeben. Dieter Northe ist dort Pförtner. Ich kenne Dieter schon seit Jahren und habe ihn gestern angerufen. Er konnte sich an Kömen erinnern. Er wusste noch, wann er ihn zum letzten Mal gesehen hat. Am 14. August sei er da gewesen. Dieter hat Herrn Kömen als einen freundlichen, liebenswerten, alten Herrn beschrieben, der nie laut oder unhöflich geworden ist. Er habe am Morgen des 14. August noch lange auf der Bank beim Mahnmal gesessen. Ich habe nicht ausdrücklich gefragt, aber Dieter hörte sich so an, als würde er Kömen keinen Mord zutrauen.“

      KAPITEL 6

      Montag, 02.09.2013, Hamburger Aktuelle Beerdigung eines Mörders!

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