Shinobi - Der Weg der Schatten. Danny Seel
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Читать онлайн книгу Shinobi - Der Weg der Schatten - Danny Seel страница 16
„Ich hätte jetzt tatsächlich nichts dagegen. Bis später.“
Er wandte sich ab, um zu gehen, doch Izuya hielt ihn davon ab, indem er ihn erneut ansprach.
„Yujiro, vergiss nicht zu kommen.“
Yujiro nickte und ging weiter, während sein Bruder dablieb und auf den Reisfeldern weiterarbeitete. Ein paar Minuten verstrichen, bevor er das Dorf erreichte, wobei er dort auf dem Weg von allen freundlich begrüßt wurde. Doch weil die Straßen äußerst schmal waren, bemerkte er erst dann, dass jemand vor ihm war, als er ihn anrempelte.
„Es tut mir leid …“, begann er sich zu entschuldigen, und drehte sich dem Mann zu, den er angestoßen hatte, zögerte jedoch einen Augenblick lang, sobald er ihn erkannte.
Der Mann, der Katō Noriaki hieß, blickte ihn finster an. Yujiro wünschte sich, er hätte jemand anderen, egal wen, nur nicht ihn angerempelt. Denn er und Noriaki hatten sich nie wirklich leiden können und der Letztere sah ihn als Rivalen an.
„Sagen Sie mir, haben Sie etwa ein schlechtes Sehvermögen?“, zischte Noriaki.
„Mein Sehvermögen ist nicht so schlecht wie die Manieren mancher Leute“, erwiderte Yujiro mit gerunzelter Stirn.
Noriaki wurde noch wütender, als er dies hörte und näherte sich seinem Gegenüber, wobei er ihm direkt in die Augen starrte. „Wenn Sie auf einen Kampf aus sind, dann haben Sie vielleicht den richtigen Zeitpunkt gewählt.“
Mit leerem Blick schaute ihn Yujiro eine Sekunde lang an. Schließlich wandte er sich von ihm ab und wollte weggehen. „Nein, danke, ich habe keine Zeit für so etwas. Außerdem fühl’ ich mich etwas müde.“
Bevor er jedoch einen Schritt vorwärts treten konnte, spürte er, wie er an der Schulter gepackt wurde. Noriaki drehte ihn so um, dass er ihm wieder direkt ins Gesicht sehen konnte.
„Das war keine Frage!“, knurrte dieser ihn verärgert an. „Ich verlange, dass Sie jetzt–“
„Was geht hier vor?!“
Noriaki, der immer lauter geworden war, merkte gar nicht, wie sich die Leute nach ihm umgedreht waren, als er von einer alten, zerbrechlichen Stimme unterbrochen wurde. Die zwei Männer wandten sich um und erblickten einen sehr alten Mann, der sich auf einen Stab lehnte, um besser gehen zu können. Statt zu antworten, starrte Noriaki Yujiro lange an, bevor er schweigend fortging.
„Dankeschön, Kojima-san“, bedankte sich Yujiro bei dem alten Mann, der ein Clanälteste war. „Katō-san scheint merkwürdigerweise einen Groll gegen mich zu hegen.“
„Merkwürdigerweise?“, Kojima lachte leise vor sich hin. „Tja, er ist immer noch wütend auf Sie, weil Sie ihn in den meisten Künsten des Ninjutsu übertroffen hatten, als ihr beide noch Lehrlinge wart.“
Yujiro hob eine Augenbraue. „Denkt Ihr etwa, dass er sich sogar heute noch d’ran erinnert?“
Kojima lächelte belustigt, während er noch mehr Gewicht auf seinen Stab verlagerte. „Glauben Sie mir, wenn selbst ich es nicht vergessen habe, dann er garantiert auch nicht … Ähm ich bitte um Entschuldigung, aber es wird gerade ein Gemeinderat gehalten, an dem ich vor kurzem teilgenommen habe. Und ich muss noch schnell etwas holen, bevor ich mich den anderen wieder anschließe.“
Yujiro schmunzelte zurück. „Auf Wiedersehen, Kojima-san, ich möchte nun wirklich nicht für eine weitere Verzögerung verantwortlich sein.“
Mit einer Verbeugung verabschiedete er sich und setzte seinen Weg fort. Nach einer Weile erreichte er das kleine Anwesen des Clan-Anführers. Im Grunde genommen sah es beinahe genauso wie die Häuser von nachrangigen Dorfbewohnern aus, da es aus demselben Baumaterial bestand und das gleiche Strohdach hatte. Doch dazu konnte man noch verschlossene Fenster sowie eine erhöhte Veranda sehen, wobei ein Zaun das gesamte Anwesen, mit Ausnahme des Eingangs, umkreiste. Was es jedoch so auffallend machte, war dessen Größe. Es war eines der größten Gebäude im ganzen Dorf, weil dort auch die Ratsversammlungen abgehalten wurden. Ein Dutzend Schritte davor standen schon Suzaku und Rintaro und warteten auf ihn.
„Kannst du dich bitte ein bisschen beeilen?“, fragte Suzaku.
Yujiro bemerkte, dass sein junger Freund vor Ungeduld platzte.
„Geduld, Suzaku, Geduld“, neckte er ihn.
„Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, doch ich glaube, wir sollten uns schleunigst melden“, meinte Rintaro. Er warf Yujiro einen vielsagenden Blick zu.
Der Letztere räusperte sich. „Nun, da ich der Älteste bin, wird es wohl angemessen sein, wenn ich Bericht erstatte. Schließlich habe ich die Verantwortung für diese Mission erhalten.“
Er atmete tief ein, bevor er einige Schritte Richtung Momochis Anwesen ging. Sofort formierten sich Vermutungen und Erwartungen in Yujiros Gedanken, als er sich Tanbas Reaktion vorstellte.
Momochi Tanba war der Jōnin, der Clan-Anführer, eines der sechsundsechzig Clans Igas. Diese wurden größtenteils von Landsamurai mit kleinen Landgütern, die von Bauern für landwirtschaftliche Zwecke benutzt wurden, verwaltet. Unter dem Jōnin standen die Chūnin, die Mittelsmänner oder Assistenten des Jōnin, die den normalen Agenten, den Genin, Aufträge gaben.
Der Momochi-Clan, zusammen mit dem Hattori- sowie dem Fujibayashi-Clan, gehörte zu einem der größten Clans Igas und herrschte über den Süden dieser Provinz, während die Hattori die Mitte und die Fujibayashi den Norden kontrollierten. Sie waren die drei herrschenden Clans der Provinz Iga und gründeten eine Führerschaft, bei der die restlichen Clans während den Beratungen nicht ausgeschlossen wurden.
Ein zwölfköpfiger Ältestenrat, zu dem auch Tanba gehörte, traf die wichtigen Entscheidungen für Iga und bildete somit ein demokratisches System, das eher eigenartig war in einer Zeit des einhundertjährigen Bürgerkriegs, zu der Kriegsherren über ihre Provinzen diktatorisch herrschten. Um ihre Unabhängigkeit zu sichern und sich vor möglichen Invasionen zu schützen, hatten die Clans vor langer Zeit einen Beistandspakt unterschrieben. Das Ziel dieses Bündnisses war es Frieden sowie Ordnung in der Provinz walten zu lassen, sodass Iga wie eine unabhängige Republik existieren konnte. In Nabari, genauso wie in allen übrigen Dörfern Igas, gab es einen Gemeinderat, in dem sich die Chūnin und die Clanältesten berieten und zusammen mit ihrem Jōnin wichtige Angelegenheiten besprachen, die der Letztere dann dem zwölfköpfigen Ältestenrat vorstellte.
Als Yujiro und seine zwei Begleiter die Eingangstür des Gebäudes auftaten, hörten sie auf einmal laute Stimmen von älteren Männern, die miteinander zu diskutieren schienen.
„Es wird langsam zu gefährlich. Lord Nobunaga, der hundertfach mächtiger ist als der Shōgun, hat entweder bereits das ganze Reich rund um uns herum annektiert oder sich mit den Daimyō, die diese Provinzen kontrollieren, verbündet. Somit umkreist er Iga von allen Seiten. Er wird die Lücke in seinem Reich nicht tolerieren und bald mit Tausenden seiner Truppen an unserer Grenze erscheinen, um uns den Krieg zu erklären. Gegen so eine Übermacht hätten wir keine Chance!“
Eine unzufriedene, ältere Stimme unterbrach ihn. „Und was schlagen Sie vor? Wollen Sie, dass wir alle unsere Heimat verlassen und an einen anderen Ort flüchten? Auf gar keinen Fall! Hier bin ich geboren und hier werde ich auch sterben!“
Yujiro