5 lange und 7 kurze Krimis. A. F. Morland
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу 5 lange und 7 kurze Krimis - A. F. Morland страница 7
„Mein Name ist Helen Teflin, ich komme von der ,Time‘, Mr. Zlanabitnik. Ihr Pressechef war so freundlich, mir dieses Interview mit Ihnen zu arrangieren.“
Helen sah den großen, an Gregory Peck erinnernden Generalmanager des Deburo-Konzerns mit so viel Schmelz an, dass der gleich ein freundlicheres Gesicht machte, dann sogar sein „Say-Cheese-Lächeln“ zeigte und fragte: „Möchten Sie eine Cola, Kaffee oder so etwas? Warum nehmen Sie nicht Platz? Ich wusste gar nicht, dass es solch charmante Reporterinnen gibt!“
„Sie sind sehr freundlich. Sicher kennen Sie den Grund meines Besuches.“
Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Ach so, nach dieser Geschichte in Oaks fragen Sie? Dumme Sache. Armer Kerl. Aber sie machen immer wieder solche Sachen ...“
„Was für Sachen?“, unterbrach sie ihn. „Dass sie sich totschlagen lassen?“
„Nein“, erklärte er mit dem Unterton erzwungener Nachsicht einem solch blutigen Laien — wie er glaubte — in Sachen Technik gegenüber. „Nein, dazu müsste ich Ihnen schon einmal erläutern, wie es zu so einem Unfall kommen kann. Um es vorwegzunehmen, liebe Miss ... ah, mir ist der Name ganz entfallen ...“
„Teflin. Aber Sie wollen mir doch nicht erklären, dass Zamrico bis hinauf zum Kopf des Pressengestells geklettert, dort den Ventilhebel der Abdruckleitung geschlossen hat und dass nach seinem Tod, als ein paar hundert Zeugen herumstanden, jemand hinaufgeklettert ist, um ihn wieder zu öffnen?“
Zlanabitnik wurde es im schönen dunkelgrauen Anzug heiß. Die Frau, die er eben noch etwas nachsichtig und von oben herab wie eine kleine, wenn auch bildhübsche Idiotin abqualifizieren wollte, wurde ihm mit einem Male unheimlich. Aber dann beruhigte er sich mit dem Gedanken, dass es eingetrichtertes Gerede war, was sie da von sich gab. Natürlich, dachte er, irgendwer hat ihr diese Sache eingebleut. Wie komme ich nur darauf, dass es anders sein könnte? Und er sagte mit gespieltem Spott: „Na, Sie hoffen doch nicht, dass ich auf so etwas eingehe?“
„Doch“, sagte sie, „das erhoffe ich schon. Denn es gibt praktisch keine andere Möglichkeit, um die Blockierung, die vom Fotowiderstand in dem Moment ausgelöst wird, da man den Lichtstrahl unterbricht, zu lösen oder zu umgehen. Und kein einziger Zeuge von denen, die nach dem Unfall dort waren, hat gesehen, dass dieses bewusste Ventil von irgendwem wieder geöffnet worden ist.“
„Und wer sagt Ihnen, dass es offen war, als die Sache passierte?“, fragte er längst nicht mehr so höflich, sondern ziemlich gereizt.
„Die Polizei hat das festgestellt, lieber Mr. Zlanabitnik. — Merkwürdiger Name übrigens den Sie haben? Ist das nicht slowenisch?“
Diese Frau nahm ihm fast die Luft. Er hatte seine Selbstsicherheit nahezu verloren. Wieso sprach sie auf einmal von seiner Herkunft? Das hörte sich ja an, als hätte sie sich über ihn erkundigt.
„Wir sprechen von dem Unfall, denke ich“, fauchte er sie an.
„Ja, und wie ich sehe, hat es Ihnen ziemlich die Argumente verschlagen. Oder haben Sie noch eine Erklärung parat? Womöglich können Sie mir stattdessen sagen, wie es in den nachfolgenden Fällen zu ähnlichen Unfällen kommen konnte. Hier, sehen Sie sich einmal diese Liste an. Das sind alles Pressen dieses Typs, Pressen, die von Ihnen gebaut wurden und bei denen ganz unmotiviert auf einmal die Blockierung versagte, wo sich die Presse auf den Arbeiter stürzte und ihn erschlug, oder ihm Arme, Hände oder Finger abquetschte. Sehen Sie sich die Liste in aller Ruhe an! In allen Fällen war das Ventil offen.“
Zlanabitnik sah überhaupt nicht auf die Liste. Er starrte Helen an wie etwas, das geradewegs aus der Hölle gekommen zu sein schien.
„Woher“, keuchte er, „haben Sie die Liste? Woher, zum Teufel? Reden Sie!“ Er streckte die Hand nach ihr aus,
„Unruhig geworden?“, fragte sie lächelnd. „Es gibt noch viele Kopien dieser Liste. Mr. Zlanabitnik. Hier, nehmen Sie nur!“
Er riss sie ihr aus der Hand, starrte kurz darauf, warf sie hinter sich auf den Schreibtisch und schloss einen Augenblick die Augen. Sein Gesicht glättete sich, als hätte er sich soweit unter Gewalt, einen Wutausbruch zu verhindern. Gefasst sagte er: „Dreitausend!“
„Dreitausend was?“, fragte sie und sah ihn verständnislos an.
„Dreitausend Dollar. Für Sie!“
„Für mich?“ Sie tat ahnungslos, obgleich sie alles begriff.
„Natürlich für Sie.“ Er lächelte konziliant, aber es war ein öliges, unechtes Lächeln. „Dreitausend Dollar ist doch eine Stange Geld für jemanden, der wie Sie in einer so kleinen Lokalredaktion ...“
Sie lachte plötzlich, lachte herzhaft und sagte, während bei ihm wieder die Zornesader anzuschwellen begann: „Ich danke Ihnen, Sir, ich danke Ihnen sehr für die Unterhaltung. Guten Tag, Sir!“ Und dann ging sie.
Er lief ihr bis zum Lift nach.
„Fünftausend!“, keuchte er.
„Machen Sie sich nicht lächerlich, Mr. Zlanabitnik!“, erwiderte sie und stieg in den Lift.
Er kam ihr nach.
„Sechstausend!“, hechelte er.
Sie lachte ihn aus. Der Lift fuhr an. Zlanabitnik packte Helen an den Schultern und schrie sie an: „Davon haben Sie nichts! Ich warne Sie! Sie kleine miese Schnüfflerin!“ Er holte mit der Rechten aus, um sie zu schlagen, während sein Gesicht rot wie eine Tomate wurde.
Aber er kannte Helen nicht, noch nicht mal im Mindesten. Er hatte die Hand noch zum Schlag erhoben, da packte Helen seinen Arm, drehte sich selbst um, zog mit einem Ruck seinen Arm unter der Schulter durch, drückte mit ihrer Rechten seinen Arm über ihren linken Unterarm im Hebel, dass Zlanabitnik vor Schmerz aufbrüllte. Während er abgelenkt war, krümmte sich Helen, riss ihn über ihren Rücken hinweg, so dass er mit voller Wucht an die Wand des Lifts schlug und am Boden liegenblieb, sie völlig verdattert anstarrte und mit den Augen rollte.
Der Lift hielt, Helen stieg aus und sagte zu einem jüngeren Mann, der erst auf sie und dann völlig verwirrt auf seinen obersten Chef blickte: „Erklären Sie diesem Gentleman bitte, dass ich seine Art, einer Frau zu nahe zu treten, sehr missbillige! Guten Tag!“ Und so ging sie. Niemand hielt sie auf. Erst als sie schon mit ihrem geliehenen kleinen Flitzer aus dem Werkstor fuhr, begannen sich die beiden Werkschutzleute zu regen, weil ein aufgeregtes Telefon schellte. Vielleicht, dachte Helen, gilt es mir, und sie gab Gas.
Niemand folgte ihr. Sie gab am Flughafen ihr Auto ab. bestieg eine Stunde später die Maschine nach San Francisco und schwebte in den Lüften, als Mr. Zlanabitnik den Stab der engsten Mitarbeiter um sich versammelte.
Hätte sie sehen und hören können, was diese Konferenz für sie selbst bedeutete, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Aber natürlich konnte sie nicht hellsehen, und so ballte sich über einem einzelnen Menschen die ganze Macht eines großen Konzerns zusammen, wo man entschlossen war, diese Frau wie ein quälendes Insekt zu vernichten, zu zertreten, aus der Welt zu schaffen. Mord kam dafür nicht in Frage. Der Deburo-Konzern wendete feinere und sichere Methoden an, wenn ihm jemand lästig zu werden drohte. Aber, wie gesagt, Helen Teflin ahnte davon nichts, sie hielt Gewaltanwendungsversuche für wahrscheinlich, aber gerade das gehörte