Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021. Pete Hackett

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in der mit Büschen zugewachsenen Hügelkerbe.

      Das Käuzchen schrie wieder. Die Indianer ließen sich Zeit. Das verriet Clay, dass es nur wenige Krieger waren. Jetzt zögerte er nicht mehr. Er band seinen Braunen fest. Mit dem Colt in der Faust lief er geduckt nach rechts um einen Hügel herum. So näherte ei sich dem Dickicht, in dem der Gehetzte steckte, von der entgegengesetzten Seite.

      Ein Indianer kauerte plötzlich zehn Schritte vor ihm hinter einem Felsblock. Reglos, mit dem Gestein wie verschmolzen, beobachtete er das Gestrüpp. Er hatte sich in eine Büffelhaut gehüllt. Ein nass glänzender Gewehrlauf ragte darunter hervor.

      Clay presste die Lippen zusammen. Er hatte keine Wahl. Zwischen ihm und dem Cheyenne gab es nur kniehohes, harthalmiges Gras. Clay bewegte sich auf den Zehenspitzen. Der Krieger hörte ihn trotzdem. Clay kam fünf Schritte weit, da fuhr der Mann herum. Er schleuderte die Büffelhaut weg und stieß seinen Henrykarabiner hoch. Clay schoss. Es gab keinen anderen Ausweg. Während der Indianer im Krachen des Schusses hochschnellte und zur Seite stürzte, begriff Clay verzweifelt, dass es keinen Sinn mehr hatte, sich zu verstecken. Jetzt kam es auf jede Sekunde an. Er rannte an dem Felsklotz vorbei auf die Sträucher zu.

      Auf der Kuppe rechts von ihm blitzte es. Ein Schrei gellte. Im Dickicht war plötzlich heftige Bewegung. Zweige schwankten, dazu ein Keuchen, Splittern und dann ein unterdrückter Aufschrei. Der Peitschenknall des nächsten Schusses löschte alles aus. Die Kugel zupfte an Clays rechtem Ärmel. Er warf sich herum. Ein hünenhafter Cheyenne sprang aus dem Grau des Regens auf ihn zu. Sein schwarz bemaltes Gesicht glich einer Dämonenmaske. Er schwang das Gewehr wie eine Keule. Clay schoss, fehlte und ließ sich im letzten Moment fallen. Der Karabinerkolben sauste knapp an ihm vorbei.

      Wie ein Riese stand der Cheyenne über ihm, die Waffe erneut zum mörderischen Schlag erhoben. Clay feuerte. Keuchend rollte er sich von dem zusammengebrochenen Gegner weg. Dann war er zwischen den Büschen. Hastig ersetzte er die abgeschossenen Patronen.

      Kein Angriff erfolgte mehr. Die Zweige hatten zu schwanken aufgehört. Ganz in der Nähe war ein unterdrücktes Stöhnen. Eine Falle, ein Trick? Clay hob einen Stein auf, warf ihn nach rechts. Das Stöhnen brach ab. Ein Gewehrschloss knackte. Clay fiel plötzlich ein, dass der Scabbard am Sattel des reiterlosen Wells Fargo Pferdes leer gewesen war.

      »Schieß nicht, Mister, ich bin keine Rothaut!«, rief er gedämpft. Keine Antwort. Vorsichtig schob er sich weiter. Nasse Blätter streiften sein Gesicht.

      Unvermittelt starrte er in das schwarze Todesauge einer Gewehrmündung. Der Besitzer der Waffe lehnte zusammengesunken an einem Felsen. Clay schaute in ein nasses, schmerzverzerrtes, dunkelhäutiges Gesicht. Zwei Schritte neben dem Felsen lag ein Indianer. Ein Messer steckte in seiner Brust. Das Gewehr sank plötzlich herab.

      »Sie schickt der Himmel, Mister!«, kam es ächzend über die blutig gebissenen Lippen des Schwarzen. »Sagen Sie mir eins - wie weit ist es noch bis Julesburg?«

      »Zu weit, dass du die Stadt noch jemals zu Gesicht bekommen wirst, mein Junge«, lag es Clay auf der Zunge, nachdem er die hässlich klaffende Wunde in der Brust des Mannes entdeckt hatte. Aber er schwieg. Der Schwarze atmete stoßweise. Sein Blick war an Clays Miene festgebrannt.

      »Sieht nicht gut aus, Mister, wie?« Clay hob den Kopf. Der Schwarze versuchte ein Lächeln. Es wurde nur eine Grimasse daraus. »Bin trotzdem froh, dass Sie mich gefunden haben, Mister. Mein Name ist Sam Talbot. Rutland, mein Boss, hat mich losgeschickt, damit ich Hilfe für die Liberty Station am Lodgepole Creek hole.«

      »Arbeitest du dort?«

      Talbot schüttelte den Kopf.

      »Rutland besaß früher mal eine Plantage in Georgia. Dann hat er als Major in der Südstaaten Armee gedient. Ich mit ihm. Denn ich war sein Sklave. Später dann ... Ich war ihm Geld schuldig. Er hat sich auch sonst um mich gekümmert. Nun waren wir mit der Overland Mail nach Julesburg unterwegs. Da kamen die Cheyennes dazwischen ... Hören Sie, Mister, die Station ist umzingelt! Die Leute dort sind verloren, wenn ...«

      Clay konnte ihn gerade noch festhalten. Der Kopf des Sterbenden lag an seiner Schulter.

      »Julesburg!«, keuchte der Mann. »Hilfe ...«

      »Schon gut, Amigo, schon gut!« Vorsichtig legte Clay den Schwerverletzten auf den Boden. Es gab nichts mehr, was er für ihn tun konnte. Er dachte an die Cheyennes, die vielleicht jetzt schon Julesburg ebenso umzingelt hatten wie die Relaisstation am Lodgepole Creek. Aber er sagte nichts davon.

      »Lassen Sie sie nicht im Stich, Mister!«, bat Talbot mit verlöschender Stimme. »Es ist eine Frau dort. Sie wollte nicht zulassen, dass ich ritt. Sorgen Sie dafür, dass sie nicht den Cheyennes in die Hände fällt. Versprechen Sie's!«

      Dieser Blick! Clay konnte nicht anders.

      »Ich verspreche es!«, murmelte er rau.

      Talbot entspannte sich seufzend.

      »Ich hatte wohl vom ersten Augenblick an keine Chance«, sagte er leise. »Ich hab’s gewusst - und Rutland sicherlich auch. Der Himmel mög’ es mir verzeihen, aber ich hasse ihn dafür!«

      Es waren seine letzten Worte. Clay hielt noch seine Hand, als sein Atem erlosch. Der Regen perlte wie Tränen über Sam Talbots braunes Gesicht. Nach einer Weile stand Clay auf. Er hatte weder die Zeit, noch die Werkzeuge, diesem Mann ein Grab zu schaufeln, wie er’s verdient hätte.

      Namen und Bilderfetzen flogen ihm durch den Kopf. Julesburg, Liberty Station, Rutland, Bancroft ... Und immer wieder Rhett! Rhett, der sein Freund gewesen war. Rhett, der mit dem Revolver in der Faust auf ihn zugesprungen war, als der Kampf am heißesten um sie herum getobt hatte.

      Müde, mit einem wie um Jahre gealterten Gesicht, machte Clay Lorman sich auf den Rückweg zu seinem Pferd.

      5

      Clinton fluchte erbittert, als er sich nach dem berstenden Knall und dem Ruck, der ihn fast vom Bock geschleudert hätte, die Bescherung sah. Das rechte Hinterrad der Concord-Kutsche bestand nur mehr aus Trümmern. In voller Fahrt war es gegen einen im Gras am Wegrand verborgenen Stein geprallt. Der Tag ging zur Neige, und die mit dem Regen vermischte Dunkelheit schob sich wie eine drohende Mauer von allen Seiten heran.

      Wie ein leckgeschlagenes Schiff stand das Fahrzeug acht Meilen östlich der Liberty Station auf der Büffelgrasebene. Müde ließen die Pferde die Köpfe hängen. Eine jähe Bö zerrte an ihren Mähnen und Schweifen. Bancrofts Mantel flatterte. Der hagere Bankier hielt wieder seinen schmalen, schwarzen Holzkoffer unterm Arm.

      »Um Himmels willen, was machen wir nun?« Clinton antwortete nicht. Er ging nach vorn und begann die Gäule auszuschirren. Bancroft keuchte hinterher. Er beachtete es nicht, dass der nächste Windstoß seinen Zylinderhut davonriss. Eine spiegelblanke Glatze kam zum Vorschein. »Können wir denn nicht das Reserverad aufziehen?«

      Clinton starrte ihn finster an.

      »Sie würden sich nur unnötig die Finger dreckig machen. Zu zweit schaffen wir's ja doch nicht.« Er streifte Bancrofts klapprige Gestalt mit einem verächtlichen Blick. Dann kehrte er ihm wieder den Rücken zu.

      »Clinton, Sie wissen doch, dass ich nicht reiten kann!«, jammerte der Bankbesitzer.

      »Lernen Sie’s oder lassen Sie’s auch bleiben, ganz wie Sie wollen!«, knurrte Clinton, ohne in seiner Arbeit einzuhalten.

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