Von Get Back zu Let It Be. Friedhelm Rathjen
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Da sie gerade bei Uraltmaterial sind, stimmt John eine weitere nie veröffentlichte, aber aus dem Stand beherrschte alte Nummer an, BECAUSE I KNOW YOU LOVE ME SO (2:28+), was George Gelegenheit gibt, Gitarrenphrasen à la Carl Perkins aus dem Ärmel zu schütteln. Damit sind sie in bester Stimmung für einen weiteren Durchlauf von ONE AFTER 909 (2:52). Wieder belustigen sie sich über den Text, und wieder meint John, den müsse man etwas nachbessern, aber George findet, wenn ein Song einen packe, sei der Text völlig egal. John und Paul stimmen nun im Duett einen weiteren ihrer unveröffentlichten Songs aus alten Zeiten an, eine langsame Schnulze diesmal, deren Schlüsselzeile „I’ll wait ’til tomorrow“ (0:59) lautet. Damit bei Schnulzen angekommen, variiert John eine Zeile des Irving-Berlin-Standards A PRETTY GIRL IS LIKE A MELODY (0:11) zu „a girl is like a macaroni“, was Paul und George mit einem Schnipsel aus der ebenfalls unveröffentlichten alten Lennon/McCartney-Nummer THINKING OF LINKING (0:21) quittieren. Es hat den Anschein, als suchten die Beatles im Gedächtnis nach ihren ältesten Jugendsünden, um auszuprobieren, ob sich damit noch etwas anfangen lässt. Das nächste Stück, das Paul einfällt und von ihm zusammen mit John kurz angesungen wird, ist ein Liedchen mit der Eingangs- und Refrainzeile „Won’t you please say goodbye“ (0:50), bei dem John gesteht, dass er es weitgehend aus einem Song von Sam Cooke gestohlen habe. George fängt an, das betreffende Lied BRING IT ON HOME TO ME (1:55) zu singen, und die anderen stimmen schmachtend mit ein, soweit es ihnen ihre mangelhafte Textkenntnis erlaubt. Als nächstes singt und spielt George eine weitere Soul-Nummer, Marvin Gayes HITCH HIKE (1:57), zu der John und Paul mit Falsettstimmen die unvermeidlichen Background-Sängerinnen imitieren. Das klingt naturgemäß eher lustig als wirklich hörenswert, und gleiches gilt für den unmittelbar folgenden Versuch, das eigene YOU CAN’T DO THAT (2:15) vom Album A Hard Day’s Night (1964) zu massakrieren. Paul bringt das Thema von Titeln mit Wort- oder Klangwiederholungen auf, und George fällt dazu ein einschlägiger Song ein – also spielen sie mit viel Energie (und begrenzter Kunstfertigkeit) HIPPY HIPPY SHAKE (2:24), eine Nummer von Chan Romero aus dem Jahr 1959 (am bekanntesten in der Fassung der Swinging Blue Jeans, die allerdings erst Ende 1963 herauskam – die Beatles hatten das Stück schon früher in ihrem Live-Repertoire).
Damit erst einmal genug der Zerstreuung. George: „Wie wär’s mit Two Of Us On Our Way Home, bevor wir was essen?“ Paul zögert, ihm passt irgendetwas an dem Lied nicht, aber zu George sagt er, Glyn Johns habe vorgeschlagen, es mit zwei Akustikgitarren zu spielen. Paul bringt die anscheinend schon einmal besprochene Idee aufs Tapet, bei der geplanten Liveshow gekünstelte Ansagen vor die Songs zu schalten. John: „Wir müssen uns keine Sorgen machen deswegen.“ Paul: „Nein, nein.“ John: „Ich glaub, das ist einfach so, als wenn wir im Cavern wären, weisst du. Einfach die Gitarre nehmen, und los geht’s mit der nächsten Nummer.“ Paul: „Klar.“
Und los geht’s mit TWO OF US (1:55), nach wie vor mit E-Gitarren und mangels Textkenntnis mit viel „Hmm-hmm-hmm“ von Paul und John, der findet, der Song klinge in seiner Art, „so dahinzufließen“, ein bisschen nach den Lovin’ Spoonful. Bei dem Versuch, die Middle Eight (wie schon am Vortag probiert) in beschleunigtem Tempo zu spielen, bricht das Spiel ab. Es folgt deswegen gezielte Detailarbeit an der Middle Eight; Paul probiert verschiedene Möglichkeiten durch. Vier weitere Versuche eines Komplettdurchlaufs von TWO OF US (2:37/2:44/2:19/2:30) zerfasern jeweils am Ende oder brechen abrupt ab, weil entweder die zweite Middle Eight immer noch nicht funktioniert oder Paul den anderen (vorzugsweise George) Anweisungen gibt, was sie tun sollen: „Versuch’s mal andersrum.“ Die Idee mit der schnellen Middle Eight ist offenbar fallengelassen worden, und es gibt Momente und Passagen, in denen der Song zu leben beginnt. Insgesamt jedoch wird er im Lauf der Proben nicht besser, sondern wirkt eher bemüht und weniger homogen. Zeit für eine Pause.
Paul schlägt vor, zum Essen aufzubrechen, und George stimmt erfreut wieder einmal einen Dylan-Song an: ALL ALONG THE WATCHTOWER (0:16). Paul singt ein bisschen mit, und George erkundigt sich bei ihm, was denn mit seinem Auto sei, und fragt dann in Pauls Namen herum, ob diejenigen, die sich darum kümmern sollten, noch da sind. Worum geht es? „Waschen!“ Paul verteilt derweil Mandarinen an jeden, der eine will, und anschließend geht es zum Essen.
Nach der Mittagspause lässt Paul sich von Regisseur Lindsay-Hogg das Smell-O-Vision-Verfahren erklären, eine kuriose Technik, mit der man bei Kinovorführungen Gerüche verströmen lassen kann. Als Lindsay-Hogg dann von Shakespeare zu schwärmen anfängt, verliert Paul das Interesse.
George spielt einige Takte aus SUN KING (0:37) und gluckst dazu aus irgendeinem Grund; Paul begleitet ihn mit ein paar Basszupfern. Während John im Gespräch mit Lindsay-Hogg die Idee entwickelt, das angestrebte Livekonzert nur für einen einzigen Zuhörer (oder, etwas großzügiger, für eine achtköpfige Familie) zu geben, improvisiert Paul ein Riff (0:25+) auf dem Bass, dann jammen John und Ringo ein wenig herum (0:34+), George pfeift dazu und beginnt (unterstützt von der kompletten Band), Larry Williams’ SHORT FAT FANNIE (2:54) zu singen. Paul: „Welche Nummer sollen wir als nächstes machen?“ Statt zu antworten, stimmt John MIDNIGHT SPECIAL (2:05) an. Paul singt mit, aber auch gemeinsam kriegen sie nicht viel vom Text zusammen. George singt ein paar Zeilen aus einem Trinklied, möglicherweise einer sinnverkehrenden Variante des Abstinenzlerlieds I’LL NEVER GET DRUNK ANY MORE (0:12) aus dem 19. Jahrhundert; John kontert mit Louis Jordans WHAT’S THE USE OF GETTING SOBER (WHEN YOU GONNA GET DRUNK AGAIN) (0:09), George wiederum mit einem uralten Gassenhauer, WHAT DO YOU WANT TO MAKE THOSE EYES AT ME FOR (WHEN THEY DON’T MEAN WHAT THEY SAY!) (1:02). Das Geschrammel und Geblödel beendet George mit einer Bluesphrase, wozu ihm zwei Anekdoten über die Blues-Gitarristen B.B. King und Albert King einfallen. Paul, offenbar etwas gelangweilt, spielt das Bassriff von MONEY (THAT’S WHAT I WANT) (0:35) und sagt den Kollegen, sie sollten sich mal ihren „Plan“ anschauen – gemeint ist eine Liste mit neuen Stücken samt Texten, auf der George nur Sachen von sich selbst und Paul findet. Hat John keine Songs mehr zu bieten? John: „Bloß eine Strophe von einem – Gimme Some Truth oder so. Vielleicht können wir das ja fertigkriegen.“
Paul kennt Johns Fragment schon, da es bei ihrem gemeinsamen Indientrip Anfang 1968 entstanden ist, und versucht sich deshalb mit Johns Unterstützung an einer ziemlich unzusammenhängenden Version von GIMME SOME TRUTH (1:10). George macht nicht mit, sondern bereitet sich drauf vor, ein eigenes Stück in Angriff zu nehmen, das Paul vorgeschlagen hat. Er spielt zunächst zu Demonstrationszwecken auf der Gitarre den Anfang von ALL THINGS MUST PASS (0:36), singt ein wenig dazu, Ringo trommelt den langsamen Rhythmus mit, während Paul zappelige Bassriffs zugibt. John beteiligt sich nicht, und George schlägt vor, er könne vielleicht eine Lowrey-Orgel spielen, die aber zunächst hergerichtet werden muss. Nachdem