Ein Gloria zum Sterben. Susanne Gantner

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Ein Gloria zum Sterben - Susanne Gantner  Zürich-Krimi Stampfli

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einige Minuten warten, bis der Diakon auftauchte, ein gutaussehender Mann mit schütteren, braunen Locken und blitzenden, dunkelblauen Augen. Er hatte sich offenbar beeilt, denn er war ausser Atem.

      «Ich bin Georg Amstutz. Sie wollten mich sprechen?» Der Geistliche hatte eine tiefe, sympathische Stimme. «Meine Frau hat mich angerufen. Jemand ist in unserer Kirche ermordet worden? Ist das wahr? Wer ist es?»

      «Leider müssen wir davon ausgehen», bestätigte der Ermittler. «Ich bin Heiri Stampfli von der Kantonspolizei und das ist Pierre Delafontaine. Es handelt sich um Melanie Hug. Sie wurde mit einem Messer erstochen.»

      «Was, Frau Hug, die unbeliebte Archivarin?»

      «Die Frau war nicht beliebt?»

      «Ja, das kann man wohl sagen», bestätigte der Diakon. «Entschuldigung, ich kenne Ihren Dienstgrad nicht, Herr Stampfli. Wie muss ich Sie ansprechen?»

      Der Ermittler lachte nur. «Ich bin Feldweibel* mit besonderen Aufgaben wie Herr Delafontaine auch. Aber das spielt keine Rolle. Wir bei der Kantonspolizei pflegen einander nicht mit Dienstgraden anzusprechen. Wir tragen ja auch zivile Kleidung. Waren Sie gestern bei der Kirchenchorprobe dabei?»

      «Nein, ich singe nicht selbst mit, obwohl ich mit dem Chor stark verbunden bin und an wichtigen Anlässen teilnehme. Gestern Abend war ich zu Hause und habe gearbeitet. Nach der Probe hat mich unser Gemeindearbeiter Gabriel Winiger noch aufgesucht, um etwas zu besprechen.»

      «Herr Amstutz, wir haben eine undankbare Aufgabe. Wir müssen alle 21 Kirchenchormitglieder wie auch den Dirigenten und den Organisten als Auskunftspersonen befragen, und zwar bald. Würden Sie uns das Kirchgemeindehaus für einige Tage zur Verfügung stellen, damit die Leute nicht alle in die Kripoleitstelle in der Stadt kommen müssen?»

      «Im Prinzip wäre das möglich. Aber Sie gehen doch nicht wirklich davon aus, dass jemand vom Kirchenchor Frau Hug umgebracht hat? Das halte ich für ausgeschlossen.»

      «Es kann natürlich auch ein Aussenstehender gewesen sein, aber es ist unsere Aufgabe, alles zu prüfen.»

      «Ja, ich verstehe.» Der Diakon wischte sich den Schweiss von der Stirn. «Ich hole schnell den Schlüssel vom Kirchgemeindehaus. Sie können dort ihre Zeugen befragen, wenigstens in den nächsten Tagen. Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden.»

      «Selbstverständlich. Vielen Dank, Herr Amstutz. Könnten Sie uns eine Liste mit den Adressen und Telefonnummern der Kirchenchormitglieder und möglichst auch des Dirigenten und des Organisten beschaffen?»

      «Kein Problem. Sie bekommen das bald.» Der Diakon eilte davon.

      Heiri zückte sein Handy und verlangte Unterstützung.

      DREI

      Innerhalb kurzer Zeit hatten Mitarbeiter der Abteilung Leib und Leben der Kantonspolizei Zürich einen Raum im Kirchgemeindehaus eingerichtet. Die Liste des Diakons lag bereits vor. Die Befragungen konnten beginnen. Natürlich waren nicht alle Kirchenchormitglieder so schnell erreichbar, aber wenigstens ein paar davon.

      Thomas Truffer, der Kirchenchorpräsident, kam zuerst, ein rundlicher, jovialer Mann mit offenem Gesicht. «Ja, Melanie war sehr unbeliebt. Sie hielt sich für etwas Besseres. Seit sie das Solo für Weihnachten bekommen hatte, war sie kaum mehr auszuhalten. Man soll ja über Tote nichts Negatives sagen, aber sie war ein fürchterliches Tratschweib. Sie war eine Intrigantin und hat über alle hübschen Frauen schlecht geredet.»

      «Über jemanden im Speziellen?»

      «Ja! Über Carmen Vico, die bisher die Solostellen gesungen hat, seit sie beim Chor war. Carmen ist jung und eine Schönheit. Alle lieben sie. Sie singt auch viel besser, als Melanie es tat.» Thomas Truffer lief dabei rot an. Es war offensichtlich, dass er zu den Bewunderern von Carmen gehörte.

      «Hatte Frau Hug denn Feinde?», wollte Heiri Stampfli wissen.

      «Niemand vom Chor mochte sie. Von einigen wurde sie regelrecht gemobbt.»

      «Gemobbt?»

      «Ja. Einer hat einmal einen nassen Schwamm mit farbiger Kreide auf ihren Stuhl gelegt, als sie sich setzen wollte.»

      Bonsai lachte. «Das ist eher ein Kinderstreich.»

      «Wer hat Frau Hug diesen Streich gespielt?», fragte Stampfli.

      «Muss ich das sagen?»

      «Ich denke, das müssen Sie.»

      «Nun, es war Hansueli Meier. Er ist halt ein bisschen impulsiv, aber in Ordnung.»

      Bonsai zückte Notizblock und Bleistift. «Wann haben Sie die Kirche gestern verlassen? Wohin sind Sie gegangen?»

      «Wir sind wie immer im Restaurant „Leuen“* eingekehrt. Das Zusammensein nach der Probe ist genauso wichtig wie das Singen selbst. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut, aber wir haben etwa zehn vor zehn oder fünf vor zehn die Kirche verlassen.»

      «Zwischen 21.50 und 21.55 Uhr», notierte Bonsai gewissenhaft. «Wer war im „Leuen“ dabei?»

      «Ziemlich viele. Die lange Probe machte Durst.»

      «Wer alles? Hansueli Meier?»

      «Nein.» Thomas Truffer wechselte wieder die Farbe, als ihm klar wurde, dass er seinen Freund anschwärzen musste. «Er wollte nach Hause.»

      «Okay, Herr Truffer. Machen Sie mir bitte bis Morgen Vormittag eine Liste mit den Kirchenchormitgliedern, die gestern nach der Probe im „Leuen“ eingekehrt sind, und eine zweite mit den Leuten, die bestimmt nicht dabei waren. Geht das?»

      «Ja, sicher.» Der Kirchenchorpräsident begann zu schwitzen.

      Stampfli hatte noch eine Frage: «Wer blieb auf der Empore zurück, als Sie die Treppe hinunterstiegen?»

      «Auf jeden Fall Melanie Hug. Sie war immer die Letzte, weil sie als Archivarin die Noten sortieren und in den Schrank zurücklegen musste. Hansueli Meier und Fritz Zürcher haben die Stühle zusammengestellt. Mehr weiss ich nicht.»

      «Der Dirigent und der Organist?»

      «Die gingen früh zusammen weg, weil Alex Zumbühl, unser Chorleiter, den Organisten zum Hauptbahnhof fahren musste.»

      «Okay. Im Moment ist das alles. Wir kommen auf Sie zurück, wenn wir weitere Fragen haben. Hier ist meine Visitenkarte. Sie rufen mich bitte an, falls Ihnen noch etwas einfällt, egal, ob es Ihnen wichtig oder unwichtig erscheint. Jede Kleinigkeit kann entscheidend sein. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit, Herr Truffer.»

      Als Nächster war ein schlanker Mann mit Brille und wachem Blick an der Reihe.

      «Grüezi*. Wie ist Ihr Name?», fragte Stampfli.

      „Ich heisse Gabriel Winiger.“

      «Sie sind Gemeindearbeiter?»

      «Ja.»

      «Okay. Der Diakon, Herr Georg Amstutz, hat uns erzählt, dass Sie gestern Abend bei ihm waren, um etwas zu besprechen. Haben Sie als Letzter die Kirche verlassen?»

      «Nein,

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