Killer im August: 11 Thriller. A. F. Morland
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Prasselnd leckten die Flammen über den Boden, die Wände, die Decke. Gierig fraßen sie die Einrichtung des Fotolabors. Brennbare Chemikalien nährten das Feuer. Plötzlich schnell klopfende Schritte. Dann knallte eine Tür. Butch warf Silk einen nervösen Blick zu. „Der Typ, der hier eingeheizt hat, ist noch da!“, zischte er. Dann startete der blonde Hüne. Er hielt die Luft an und jagte auf die Flammenwand zu. Die Hitze legte sich wie ein unerträglich heißes Kissen auf ihn, zentnerschwer, wollte ihn niederdrücken. Rot, gelb, orange waren die Feuerzungen. Sie schlugen nach O'Reillys Körper. Er stürmte mitten in die Hölle hinein.
Silk folgte ihm. Sie erreichten die Tür, die vorhin zugeflogen war. Butch trat gegen sie. Als sie zur Seite schnellte, sahen die Detektive einen leeren Raum.
Ein offenes Fenster. Kein Feuer. Das war hinter ihnen. Butch zog seinen Smith & Wesson. Er sprang zum Fenster.
Der Gangster, den sie aus dem Labor vertrieben hatten, wieselte soeben durch den schmalen Hinterhof. Jetzt kletterte er an der Mauer hoch, die den Hof abgrenzte. Als er die Mauerkrone erreichte, wandte er sich ganz kurz um.
Ein Gesicht, so leicht zu merken wie das von Asterix. Knollennase, lange braune Koteletten, schielende Augen, fliehendes Kinn, Ohren wie ein afrikanischer Elefant.
Der Bursche war hier an der Regenrinne hinuntergeklettert. Butch zögerte keine Sekunde. Er schob den Revolver in das Schulterholster zurück und schwang sich über die Fensterbank nach draußen.
„Hol den Wagen, Silk!“, keuchte der blonde Hüne. „Versuch ihm den Weg abzuschneiden!“
Philby nickte. Er wirbelte herum und fegte mit dem Tempo einer Kanonenkugel noch einmal durch das Feuer. Die Flammen hatten nicht mal Zeit, sich an seinen Haaren zu vergreifen.
Butch legte seine Pranken um die rostige Regenrinne. Der Gangster hatte die Mauerkrone inzwischen bereits verlassen. O'Reilly hatte wenig Vertrauen zur Regenrinne.
Mit Recht, wie sich gleich darauf herausstellte. Das Ding riss aus der Verankerung. Butch fiel. Zwei Meter. Er fing sein enormes Gewicht jedoch geschickt ab. Der Beinbruch blieb ihm erspart. Mit einer Schnelligkeit, die man dem blonden Hünen nicht zugetraut hätte, durcheilte er den Hof. Ein Satz. Ein Klimmzug. Dann war er da, wo sich zuvor der Gangster umgewandt hatte.
Wieder ging es mit O'Reilly abwärts. Er federte in die Hocke und kam sofort wieder hoch.
Das Gelände einer Baustoffhandlung. Zementsäcke, aufgeschichtet zu einem mächtigen Berg. Hohlziegel. Beton-Fertigteilplatten. Dachziegel. Lauter regloses Zeug. Nichts, was sich bewegte. Und schon gar nichts, was einem Menschen ähnlich gesehen hätte.
Butch angelte erneut den Ballermann aus dem Holster. Sicher ist sicher, dachte er.
Sand knirschte unter seinen Schuhen. Dass der Gangster das Gelände der Baustoffhandlung bereits verlassen hatte, hielt O'Reilly für unwahrscheinlich. Butch hatte durch sein schnelles Handeln Zeit aufgeholt. Und das Firmenareal war groß. Zweihundert Meter bis zur Straße. Das bedeutete, dass sich der Kerl noch auf dem Gelände befand. Irgendwo in Deckung. Vielleicht ebenfalls mit einer Knarre in der Faust. Größte Vorsicht war angeraten.
Mit Tigerschritten lief O'Reilly an den verschieden hohen Baustofftürmen vorbei. Dort, wo eine Kluft zu erkennen war, ließ Butch zuerst seinen stumpfnasigen Freund hineingucken, ehe er selbst ein Auge riskierte.
Es hätte eigentlich nichts schiefgehen dürfen.
Trotzdem passierte etwas, womit O'Reilly nicht rechnete. Der Ganove war nicht auf dem Boden der Realität geblieben. Er hatte einen Ziegelblock erklommen. Dort oben wartete er auf den Detektiv. Er sah O'Reilly näher kommen. Schleichend, suchend, vorsichtig. Und doch nicht vorsichtig genug.
Der Gangster umklammerte mit beiden Händen eine armdicke, handliche Holzlatte. Da kam ein bulliger Kerl. Es war ein guter, kräftiger Schlag nötig, um diesen Hünen von den Stelzen zu holen.
Der Verbrecher spannte die Muskeln an, als O'Reilly nur noch drei Schritte bis zu seinem Ziegelturm hatte. Er richtete sich vorsichtig auf.
Zwei Schritte ...
Der Mann mit der Knollennase umschloss die Latte mit eisernem Griff. Sein Herz schlug hoch oben im Hals. Das heiße Blut brauste in seinem Kopf. Er hatte nur die Chance zu einem einzigen Schlag. Wenn der nicht hundertprozentig traf ... Der Gangster wollte das lieber nicht zu Ende denken.
Ein Schritt nur mehr ...
Butch blieb stehen. Er misstraute dem Frieden, der ihn umgab. Dass das Unheil eine Etage höher hockte, ahnte er nicht. Schwer lag der Revolver in seiner Hand. Er lauschte angestrengt. Aber er vernahm nur die Geräusche, die er selbst machte.
Da machte er den letzten, den entscheidenden Schritt.
Eine Bewegung über seinem Kopf. Reaktionsschnell duckte sich O'Reilly. Zwei Dinge sah er gleichzeitig. Die Latte und die Knollennase. Dann gab es einen Knall. Butch fiel auf den Bauch. Durch das Abducken hatte Butch dem Hieb ein klein wenig von seiner Wucht genommen. Jetzt setzte der Schmerz ein. Jack war nahe daran, das Bewusstsein zu verlieren. Verbissen kämpfte er gegen diese Niederlage an. Ziegel klapperten. Der Mann warf die Latte weg. Sie hatte ihm gute Dienste geleistet. Jetzt brauchte er sie nicht mehr.
Stöhnend arbeitete sich O'Reilly wieder hoch. Seine Vorderfront war weiß wie die eines Müllers.
Seine Augen vermittelten ihm so unscharfe Bilder, dass er im Moment die Freiheitsstatue in New York nicht vom Empire State Building hätte unterscheiden können.
Gleichgewichtsstörungen. Er musste so breitbeinig gehen, als hätte er die Hose voll. Trotzdem torkelte er wie ein Betrunkener. Übelkeit rumorte in seinem Magen. Und da, wo ihn die Latte getroffen hatte, saß ein bohrender Schmerz unter der Schädeldecke, während auf ihr eine gewaltige Beule die Trefferstelle aufzeigte.
Von seinem Revolver hatte er sich trotz des schlimmen „Down“, in das er geschlittert war, nicht getrennt. Er steckte die Waffe jetzt mit einer fahrigen Bewegung ein. Wenn er in seinem Zustand einmal abgedrückt hätte, wäre das eventuell einer Selbstverstümmelung gleichgekommen. Es gab keine Garantie dafür, dass er sich nicht ins Knie geballert hätte.
Motorengeknurre.
Wer sich da auf vier Pneus davonmachen wollte, war Butch trotz des Beinahe-Blackouts klar: Knollennase. O'Reilly fing zu traben an. Er kam gerade noch zurecht, um etwas Rotes abzischen zu sehen.
Und dann kam etwas Schwarzes angerauscht. Ein Buick. Auf der Beifahrerseite wurde die Tür aufgestoßen. Eine Stimme, die O'Reilly irgendwie bekannt vorkam, schrie: „Nun komm schon, du Tagträumer! Steig ein!“
Er machte ein paar unsichere Schritte und ließ sich dann ächzend fallen.