Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts. Sandy Palmer
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„In verschiedene Städte. Mal nach Berlin, dann nach München, oder auch ins Ausland. Das gehört zu meinem Job. Aber du kannst mir ja eine Nachricht hinterlassen. Musst nur aufs Band sprechen.“
„Das ist das nach dem Piep, oder?“
„Richtig.“
„O.k., dann mach ich das mal“, erklärte Sascha großzügig. „Aber es ist doof, wenn du nicht da bist.“
Andreas lächelte. „Stimmt. Wenn wir miteinander reden können, ist es besser.“ Er zögerte, dann meinte er: „Ich könnte dich ja auch mal anrufen. Sag mir doch, wo du wohnst, wie du mit Nachnamen heißt - und gib mir eure Telefonnummer durch.“
„Warum?“, fragte Sascha gedehnt.
„Es wäre nur fair, meinst du nicht?“
Für einen Moment blieb es still in der Leitung. „Aber wenn du anrufst und meine Mami ist am Telefon...“
„Was soll dann sein? Ich versuche es eben später noch mal.“
Der kleine Junge zögerte immer noch. Einen Opa, der keiner war, seinen Schulfreunden zu präsentieren, war eine Sache. Ihn seiner Mutter einreden zu müssen war etwas ganz andres. Aber so, wie die Dinge nun einmal lagen, blieb ihm nichts anderes übrig, als die gewünschten Informationen zu geben.
„Du hast doch was auf dem Herzen“, bemerkte Andreas, der sich alles sorgfältig notiert hatte. „Schieß los!“
„Merkt man das?“, fragte Sascha, und die Jungenstimme klang auf einmal besorgt.
„Nein, nicht direkt. Aber ein Opa merkt das schon.“
Sascha am anderen Ende der Leitung atmete auf. „Ja, also... ich wollte dich bloß was fragen...“
„Ja, und was?“
„Ich wollte fragen, ob du Platz hast.“
„Massenhaft sogar“, antwortete Andreas spontan.
„Ehrlich?“
„Bestimmt. Kannst dich ja mal überzeugen kommen. Warum willst du das überhaupt wissen?“
„Weil ich einen guten Freund habe, der... der braucht nicht viel, eben nur Platz. Ich meine...“ Sascha geriet ins Stottern. „Er hat einfach nichts, wo er bleiben kann.“
„Was du nicht sagst“, murmelte Andreas, der sich auf das Gestammel keinen rechten Reim machen konnte. „Wie alt ist er denn, dein Freund?“
„Weiß ich nicht.“
„So auf Anhieb kann ich dir nichts versprechen, Sascha. Ich müsste deinen Freund mal kennenlernen. Sagen wir morgen Nachmittag um fünf? Dann könnt ihr gern kommen, dann bin ich von einer Geschäftsreise wieder zurück und hab Zeit für euch.“ Er war sicher, einen zweiten kleinen Jungen kennenzulernen. Einen, der noch größere Probleme hatte als Sascha und vielleicht sogar ausreißen wollte. Da war es vernünftig, wenn er sich kümmerte.
Andreas kannte sich selbst nicht wieder. Er, der nie viel mit Kindern hatte anfangen können, war von Sascha bezaubert - obwohl er ihn noch nicht persönlich kannte. Aber der Junge hatte etwas, das ihn fesselte. Er wollte ihn unbedingt persönlich sehen.
„Also, Opa, du kommst um fünf her, ja?“
„Mach ich. Bis dann, Sascha.“
*
AM NÄCHSTEN TAG UMKREISTE Andreas Vorbeck mit seinem schweren Wagen die Goethestraße, fuhr ein paar Mal an der Hausnummer 2 vorbei und parkte schließlich auf der anderen Straßenseite.
Vor dem Haus, in dem Sascha mit seiner Mutter wohnte, hatte inzwischen ein Knirps in Jeans und mit rotem T-Shirt, auf dem der Kopf einer Star Wars-Figur abgebildet war, Aufstellung genommen. Dicht neben ihm saß ein schwarzer Hund mit weißer Brust. Vielleicht ein Neufundländer. Oder ein Berner Sennenhund. Andreas kannte sich nicht genau aus. Vielleicht war das Riesentier auch eine Mischung aus beidem.
Andreas Vorbeck blieb in respektvoller Entfernung stehen, betrachtete das Kind minutenlang und rief schließlich probehalber: „Sascha?“
Die Antwort erfolgte mit allen Zeichen freudiger Begrüßung: „Opa! Hey, guten Tag!“
„Dein Freund ist wohl noch nicht aufgetaucht?“ Suchend sah sich Andreas nach einem zweiten Jungen um.
„Doch.“
„Wo ist er denn?“
„Hier!“ Sascha tätschelte den Kopf des mächtigen Hundes, der vertrauensvoll zu dem nur wenig größeren Jungen aufsah.
Andreas musste ein paar Mal schlucken. Sagen konnte er im Moment nichts, es hatte ihm die Sprache verschlagen.
„Er ist sooo brav!“, erklärte Sascha werbend. „Und sooo arm. Die ganze Zeit schon läuft er hier rum und frisst irgendwas aus Mülleimern. Mami sagt, wir dürfen keinen Hund in der Wohnung halten, und so einen großen schon gar nicht. Kannst du vielleicht was für ihn tun, Opa?“
Andreas löste sich widerstrebend von dem Laternenpfahl, an den er sich im ersten Schock gelehnt hatte, und trat einen Schritt näher. „Wie heißt er denn?“
„Keine Ahnung.“ Sascha zuckte mit den Schultern. „Ich hab ihn Ben genannt.“
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite tauchten drei Jungs auf, rempelten sich gegenseitig an und gestikulierten wild in Saschas Richtung.
„Hee, du, dein zotteliger Freund muss ins Tierheim, hat mein Vater gesagt. Der hat kein Halsband und keine Hundemarke. Der muss hier weg!“ Der rothaarige Junge, der am größten von den Dreien war, sprang immer wieder vom Bürgersteig auf die Straße. „Dann bist du ihn wieder los, deinen neuen Beschützer!“
Zum ersten Mal sah Andreas Vorbeck in die Augen des Jungen, der ihn Opa nannte. Es waren graugrüne Augen Sie hatten die Farbe des Meeres und den Tränenglanz der Verzweiflung.
„Irrtum“, sagte Andreas, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken. „Ich nehme den Hund mit nach Hause. Er gehört ab jetzt mir.“ Erst als er es ausgesprochen hatte, wurde ihm klar, was er da von sich gegeben hatte. Aber es war gesagt, und die drei Burschen, die auf ihn, Sascha und den Hund zugelaufen kamen, bremsten mitten im Schritt.
Jemand griff nach seiner Hand. „Das vergess ich dir nie, Opa“, flüsterte Sascha mit schwankender Stimme. „Du bist super!“
„Hoffentlich“, erwiderte Andreas, der einen skeptischen Blick auf den Hund warf, der allerdings sehr brav neben Sascha sitzen blieb. „Das sind wohl deine Schulkameraden?“ Er wandte sich an die drei Jungs.
„Ja. Der Andy, der Thomas und der Sven.“
„Ihr geht also alle in eine Klasse.“
„Hmmm.“