Lese-Paket 1 für den Strand: Romane und Erzählungen zur Unterhaltung: 1000 Seiten Liebe, Schicksal, Humor, Spannung. Sandy Palmer

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      1

      Sie war von strahlender Schönheit. Alles, was sie sich gewünscht hatte, war ihr bisher zugefallen: Geld, ein begehrenswerter Mann, hohes Ansehen. Aber jetzt lag sie auf dem Operationstisch. Der Chirurg arbeitete ruhig und sicher. Unterleibsoperation! Doch plötzlich stockte er, als das eigentliche Operationsfeld vor ihm lag. Um Himmels willen, dachte er, ist da noch etwas zu machen? Ist es nicht viel zu spät?

      Dr. Berring nahm das Gas weg. Irgendetwas bewegte sich da vorne. Er konnte es im Scheinwerferlicht nicht deutlich sehen, zumal es in Strömen regnete. Aber dann gewahrte er eine Gestalt, ein Mensch im Regenmantel, der mit einer funzligen Lampe, die man nur mit Mühe erkennen konnte, winkte. Die Reifen des schweren Wagens rauschten auf dem nassen Asphalt. Dr. Berring bremste und sah jetzt deutlich, dass es sich um eine Frau handelte, die dort am Rand der ziemlich schmalen Waldstraße stand und winkte.

      Als der Wagen Dr. Berrings zum Stehen kam, entdeckte Dr. Berring etwas Helles neben der Straße, und zugleich blitzte es dort auf, reflektierte das Scheinwerferlicht an irgendeinem verchromten Gegenstand.

      Die Frau ging vorne am Wagen vorbei. Sie trug einen hellen Trenchcoat, den Kragen hochgeschlagen, das blonde Haar hing ihr völlig durchnässt bis auf die Schultern. Einen Augenblick nur sah er das Gesicht. Ein hübsches Gesicht, klar, schmal, mit ausdrucksvollen Augen, in denen sich, einen kurzen Augenblick nur, das Scheinwerferlicht brach. Geblendet wurden diese Augen schmal. Sie schien unsicher zu sein, kam dann aber an seine Seite.

      „Ist Ihnen etwas passiert?“, rief Dr. Berring.

      Mit einer dunklen, klangvollen Stimme erwiderte ihm die Frau: „Ich bin in den Graben gerutscht. Mir ist nichts passiert. Aber jetzt sitzt der Wagen da drin, und ich komme nicht heraus.“

      „Sind Sie allein?“, fragte Dr. Berring, als er schon die Tür öffnete, um auszusteigen.

      „Ich bin ganz allein. Es ist eben erst passiert, vor ein paar Minuten. Dieser Regen! Ich habe mir die ganze Kleidung verdorben. Am Wagen ist gar nichts, jedenfalls habe ich noch nichts gefunden.“

      Dr. Berring ging nach hinten, öffnete den Kofferraum und nahm die Handlampe heraus. Dann ging er nach vorn zu der jungen Frau, die zu jenem hellen Fleck deutete, den er vorhin schon entdeckt hatte. Er leuchtete in diese Richtung, und das Licht fiel auf einen kleinen hellen Fiat mit Frankfurter Kennzeichen. Der Wagen steckte in einem tiefen Morast, war aber nicht beschädigt. Es würde nicht leicht sein, ihn dort herauszubekommen.

      Die junge Frau sagte: „Wenn Sie mich nur mitnehmen würden bis zum nächsten Ort. Vielleicht kann ich einen Kranwagen bekommen. Ich kann mich über mich selbst ärgern. Ich bin von der Autobahn heruntergefahren, weil dort alles verstopft war. Heute Vormittag bin ich von Salzburg weggefahren und jetzt spät am Abend erst hier. Diese Stauungen waren furchtbar, jetzt zum Ferienende.“

      Dr. Berring nickte. „Mir geht es ebenso. Ich bin allerdings erst heute Nachmittag losgefahren und zwar erst in München. Ich hatte völlig vergessen, dass die Urlaubszeit zu Ende geht und alles nach Hause strebt. Das Radio hatte ich auch erst angestellt, als ich in einem Stau drin hing. Aber was machen wir jetzt? Hier ist alles wie tot. Kennen Sie diese Strecke überhaupt?“

      „Nein, das ist auch noch so eine Angst, die ich habe, dass ich irgendwo hingerate, wo ich nicht mehr weiterfinde.“

      „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich kenne diese Strecke. Aber jetzt geht es erst mal um Ihren Wagen. Ich glaube, wenn ich mein Seil nehme und Sie mit Ihrem Fahrzeug etwas mithelfen, dann kommen wir schon raus. Probieren wir es einfach!“

      „Glauben Sie wirklich?“, fragte sie zweifelnd.

      „Wir werden uns etwas Mühe geben. Probieren können wir es ja. Und wenn es nicht geht, nehme ich Sie halt mit bis irgendwohin, wo es einen Schleppwagen gibt.“

      Sie wischte sich über die Stirn, rieb sich die Regentropfen aus den Augen und sagte: „Es ist furchtbar. Ich bin fix und fertig. Den ganzen Tag dieser Kriechverkehr, und jetzt das hier. Ich war etwas zu schnell gefahren, um wieder aufzuholen. Nun hab ich die Quittung.“

      Er war schon zu seinem Wagen gegangen, öffnete den Kofferraum, holte sein Schleppseil heraus und sagte dann: „Ich werde es an Ihrem Wagen befestigen. Wir müssen ihn rückwärts herausziehen.“

      „Lassen Sie nur! Stellen Sie den Wagen zurecht. Ich mache das schon. Aber ich glaube, es wäre am besten, wenn wir irgendeine Blinklampe aufstellen, damit uns nicht einer hier hereinfährt“, erklärte sie.

      Sie brauchten ein paar Minuten, dann waren alle Vorbereitungen getroffen. Er hatte den Wagen schräg auf der Straße stehen, das Seil war angehängt, und sie saß in ihrem Fahrzeug und startete den Motor. Und dann zeigte sich, dass die große PS-starke, schwere Limousine die nötige Kraft besaß, um den kleinen Fiat aus dem Graben herauszuziehen. Zusammen mit einer ganzen Ladung Schlamm und Grasballen gelangte der kleine Wagen auf die Straße. Der Regen war noch stärker geworden. Dr. Berring stieg aus, ging mit eingezogenem Kopf nach hinten, um das Seil zu lösen. Als das geschehen war, leuchtete Dr. Berring zum anderen Ende des Seiles hinüber, das hinten an dem kleinen Fiat befestigt war. Die junge Frau kauerte sich, wollte es lösen, aber sie schaffte es nicht. Die Schlinge war so fest, dass sie sie nicht aufbekam.

      Trotz der Nässe auf der Straße kniete sich Dr. Berring hin, löste die Schlinge und hob das Seil auf. Der Schein der Lampe fiel jetzt auf Schuhe und Beine der jungen Frau. Schlanke, bestrumpfte Beine waren das, die in sportlichen braunen Schuhen steckten, das heißt, braun war wohl die Grundfarbe der Schuhe, jetzt waren sie ebenso wie die Strümpfe mit Lehm besudelt. Sogar der Mantel der jungen Frau war schmutzig, und ebenso wie Dr. Berring war die junge Frau völlig durchnässt.

      Sie sahen sich einen Augenblick an. Die junge Frau lachte und sagte: „Herzlichen Dank! Jetzt komme ich allein zurecht. Vielen, vielen Dank für Ihre Mühe!“

      „Ich mache Ihnen einen Vorschlag“, erklärte er. „Wir beide sind triefend nass. Sie selbst sagten eben, dass Sie fix und fertig sind. Wie weit wollen Sie denn noch fahren?“

      „Ich hoffte, hier auf Umwegen wenigstens bis Nürnberg zu kommen. Dort habe ich eine Bekannte. Weiter als Nürnberg wollte ich nicht fahren. Bis nach Frankfurt, das wäre mir zu weit. Dazu bin ich einfach zu erschöpft. Und ganz sicher ist die Autobahn zwischen Frankfurt und Nürnberg ebenso verstopft, wie sie das zwischen Salzburg und hier gewesen ist.“

      „Damit müssen wir rechnen. Mein Vorschlag geht dahin: Ich kenne diese Gegend hier. Ich bin früher, vor vielen Jahren einmal hier gewesen. Es gibt ein Stück entfernt einen kleinen Gasthof. Ich hoffe, dass man dort noch übernachten kann, und morgen früh sieht die Welt schon etwas anders aus. Was halten Sie davon?“

      Er konnte ihr Gesicht nicht deutlich genug sehen, aber er hörte ihre dunkle, ein wenig rauchige Stimme sagen: „Ich glaube, dass es ein guter Vorschlag ist. Wie weit ist es?“

      „Sieben, acht Kilometer schätze ich. Ich fahre voraus. Folgen Sie mir nur! Hoffentlich ist an Ihrem Wagen nichts dran?“

      Sie fuhr ein Stück, und außer der Tatsache, dass sie eine dicke Schmutzspur hinterließ, war nichts am Fahrzeug zu beanstanden. Der Wagen lief einwandfrei. Dr. Berring räumte mit den Füßen die größten Schmutzbrocken von der Fahrbahn herunter, drehte dann seinen Wagen und überholte die junge

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