Lese-Paket 1 für den Strand: Romane und Erzählungen zur Unterhaltung: 1000 Seiten Liebe, Schicksal, Humor, Spannung. Sandy Palmer
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Auf den Inseln des ewigen Frühlings stürmte es. Teneriffa, das Urlaubsparadies, zeigte sich von seiner hässlichen Seite. Der Wind peitschte das Meer, und die Wogen schlugen hoch auf den Strand. Sandschleier prasselten wie Hagelkörper an die Betonwände des Hotels, gegen die Scheiben und flogen durch jede Ritze, wurden vom fauchenden Sturm bis in die Zimmer geweht.
Ingrid Berring saß unten im Foyer des Hotels, hatte sich eine Decke um Beine und Unterleib gehüllt und schlürfte den Tee, den ihr der Kellner eben gebracht hatte. Dr. Berring wollte nur ein kurzes Telefongespräch führen. Jetzt kam er aus der Zelle, ging zu seiner Frau und fragte, während er sich zu ihr herabbeugte: „Möchtest du nach oben gehen, oder sollen wir drüben in den Speisesaal ...“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Hunger. Ich möchte nichts essen.“
„Nie möchtest du etwas essen“, erwiderte er, obgleich er ganz genau wusste, dass dies eine Begleiterscheinung der Medikamente war, die sie einnehmen musste.
„Du siehst blendend aus“, meinte er anerkennend. Und tatsächlich sah sie längst nicht mehr so blass aus wie noch vor Tagen. Eine leichte Frische überzog ihr Gesicht. Aber noch immer wirkte es etwas aufgedunsen. Und auch ihr Haar hatte bei weitem die einstige Schönheit verloren. Trotz der Bemühungen des Hotelfriseurs machte es einen strähnigen, ja fast ungepflegten Eindruck. Aber auch das war eine Folge der Chemotherapie.
Sie lächelte dankbar zu ihm auf und sagte dann: „Ach, lass mich doch hier sitzen. Oder willst du unbedingt, dass ich etwas esse? Ich habe gar keinen Appetit, ich möchte nicht.“
„Nein. Wenn du nicht möchtest, dann bleib hier. Ist es dir hier auch warm genug?“
„Ich fühle mich großartig. Lass mich einfach so sitzen.“
„Und du willst tatsächlich, dass ich alleine essen gehe? Dann bleibe ich lieber hier.“
„Ich bitte dich, geh! Ich weiß, dass du einen Bärenhunger hast Du bist auch den ganzen Tag herumgelaufen, während ich gesessen habe.“
„Aber du wolltest ja, dass ich hinausgehe. Mir tut das Wetter gut. Diesen scharfen Wind habe ich gern. Er ist mir lieber als sie Sonne.“
Sie nickte lächelnd und sah ihn an wie einen Jungen, wie ein Kind, mit dem man nachsichtig sein musste. Und in demselben Ton sagte sie: „Nun geh! Iss bitte! Wir sehen uns nachher.“
Er wollte schon gehen, aber sie hielt ihn am Handgelenk fest und blickte ihn flehend an. „Küss mich, bitte! Küss mich!“
Er genierte sich etwas, dies vor allen Leuten zu tun, doch dann beugte er sich zu ihr herab und küsste sie auf den Mund. Sie griff mit ihren Händen nach seinem Hals, als wollte sie ihn festhalten. Und diese Hände waren knochig und dürr geworden. Er spürte das bei dieser Berührung. Dann aber gab sie ihn frei, und er ging, lächelte ihr noch einmal zu und verschwand dann im Speisesaal.
Sie sah ihm nach, blickte dann in die Runde und bemerkte, dass die meisten anderen Gäste, die hier wegen des schlechten Wetters in der Halle gesessen hatten, nun aufbrachen und dem Ruf des Gongs folgten, der zum Essen rief.
Drüben am Empfang las der Portier in einer Zeitung. Er hob nicht einmal den Kopf, als Ingrid Berring aufstand und ein wenig zittrig in den Beinen auf den Eingang zuging. Erst als die schwere Glastür geöffnet war und ein eisiger Windhauch hereinfuhr, da blickte der Portier auf, aber er las weiter, als sich die Tür hinter Ingrid schloss.
Ingrid achtete nicht auf den Sturm, der ihr Haar zauste, wie er das Kleid an den Körper presste. Sie ging diesem Sturm entgegen, sie ging auf das Meer zu. Draußen war kein Mensch. Die wenigen Ziersträucher, die sich vor dem Hotel am Rande des Strandes befanden, bogen sich im Sturm. Als Ingrid den Strand selbst erreicht hatte und ihre Schuhe im Sande einsanken, blieb sie stehen, streifte sich mit den Fußspitzen die Schuhe von den Füßen und ging dann durch den Sand auf die Mole zu, die weit ins Meer hineinreichte und an der sich die Wogen brachen.
Das Donnern der anrollenden Wellen, die an den gigantischen Steinen der Buhne zerstoben, übertönte jedes andere Geräusch.
Ingrid blickte über die Schulter zurück zum Hotel. Niemand folgte ihr. Sandschleier wehten auf die Gebäude zu, und das Meer tobte. Sie hatte diese lange zweihundert Meter weit ins Meer reichende Buhne erreicht, kletterte unter Schmerzen im Unterleib auf sie herauf, balancierte dann über die Steine. Auf der anderen Seite der Mole befand sich der Yachthafen. Von diesem Steinwall geschützt, konnten die schweren Wogen den im bedeutend ruhigeren Hafenwasser liegenden Booten nichts anhaben. Eine zweite halbkreisförmige Mole ließ nur einen kleinen geschützten Zugang zum Yachthafen frei.
Ingrid ging ein Stück weiter und hatte Mühe, auf der Höhe der Mole zu bleiben und nicht vom Sturm weggerissen zu werden. Dann kletterte sie auf der anderen Seite herunter, erreichte den Steg, an dem eine ganze Reihe von Booten festgemacht war. Und hier lag auch das Motorboot, was Dr. Berring gemietet hatte. Doch seit Tagen waren sie nicht mehr gefahren.
Es war nicht der erste Urlaub, den sie hier verbrachten und es war nicht das erste Mal, dass Ingrid mit einem Boot umging. Sie machte das Motorboot los, ging an Bord, startete den Motor und als das Boot schon ablegte, warf sie einen Blick zum Land hin. Da entdeckte sie den alten Bootswärter, der in seiner gelben Regenkleidung näherkam, etwas zu rufen schien und mit den Händen herumfuchtelte, als wollte er Ingrid davon abhalten, mit dem Boot zu fahren. Und er deutete auf den roten Sturmball, der gesetzt war an der Sturmwarnanlage drüben am Strand.
Ingrid lachte nur, beschleunigte die Drehzahl des Motors, wendete und fuhr dann mit dem Boot in rascher Fahrt auf den kleinen Eingang des Hafens zu. Sie duckte sich tief hinter die Windschutzscheibe, beschleunigte noch mehr und fuhr dann, als sie aus dem Hafeneingang heraus war, den tobenden Wellen entgegen. Die packten, schüttelten das Boot, warfen es hoch. Doch Dr. Hans Berring hatte ein sehr seetüchtiges kleines Schiff ausgesucht, und das Meer vermochte nicht, das Boot umzuwerfen.
Sie fuhr weiter. Immer den anrollenden Wellen entgegen. Eine Wasserflut überschüttete Ingrid, ergoss sich ins Boot, aber sie konnte den Kurs halten, brachte es fertig, dass ihr Boot nicht querschlug, sondern sich in die Wogen hineinbohrte; einmal ganz unten im Wellental war, angehoben wurde wie in höchste Höhe, um wieder talwärts zu schießen.
Aber dann schlug ein Brecher von oben wie eine Wand auf das Boot herab.
Eben hatte Ingrid noch mit schriller, überschnappender Stimme gesungen. Das, was sie da herausforderte, kam aber mit einer gewaltigen Kraft, brodelnd und kochend, schäumend und donnernd