Lese-Paket 1 für den Strand: Romane und Erzählungen zur Unterhaltung: 1000 Seiten Liebe, Schicksal, Humor, Spannung. Sandy Palmer
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„Herzstillstand!“, rief der Anästhesist. Das Wort Herzstillstand war ein Alarmzeichen für jeden Arzt und ganz besonders für alle, die irgendeine Funktion im Operationssaal haben. Dr. Berring stützte sich sofort auf die Brust des Patienten. Mit kurzen federnden Stößen drückte er dagegen, ließ wieder los, drückte abermals dagegen, und das musste im selben Rhythmus geschehen, wie die natürlichen Herzschläge bei einem gesunden Menschen erfolgten. Die künstliche Beatmung brauchte man nicht mehr anzuschließen, die lief ohnehin schon.
„Puls?“, fragte Dr. Berring.
„Nichts“, erwiderte der Anästhesist, „gar nichts.“
Dr. Berring warf einen kurzen Blick auf den Oszillographen des EKG-Gerätes. Die Anschlüsse waren inzwischen befestigt worden, aber kein Flimmern, nur ein gerader Strich, und nicht der geringste Ausschlag.
„Wir müssen den Thorax öffnen“, sagte der Assistent.
„Noch nicht. Weiter so! Ich muss es weiter versuchen!“ Und noch immer versuchte er mit einer normalen Herzmassage weiterzukommen.
Es war mit einem Mal ganz still im Raum, nur das Zischen des Sauerstoffgerätes war zu hören, aber auch der Atem von Dr. Berring, der immer noch versuchte, den Patienten wiederzubeleben.
Professor Herfurth kam herein, der Chefarzt der chirurgischen Abteilung. Die Nachricht von dem Herzstillstand war bis zu ihm gedrungen. Er trat neben Dr. Berring. blickte ihn an, ohne dass dieser Blick erwidert wurde. Hans Berring war voll und ganz damit beschäftigt, den Patienten wiederzubeleben.
„Ich glaube. Sie müssen öffnen“, sagte der weißhaarige Professor.
Jetzt erst wandte Dr. Berring den Kopf, sah den Chefarzt an, blickte in dieses von südlicher Sonne braungebrannte Gesicht und nickte.
„Defibrillator, Blutkonserven und jetzt das Skalpell!“
Schwester Karla reichte es ihm rüber.
„Wie viele Minuten?"
„Zwei Minuten, zwölf Sekunden“, sagte eine andere Schwester.
Ein Herzstillstand darf nicht länger als vier Minuten dauern. Danach ist er absolut tödlich. Gelang es auch danach noch, das Herz wieder in Bewegung zu versetzen, waren ganze Teile des Gehirns infolge der mangelnden Sauerstoffversorgung so geschädigt, dass der Patient unter Umständen schwerste Hirnstörungen davontragen konnte, vielleicht überhaupt nicht mehr das Bewusstsein erlangte.
Bevor er das Skalpell ansetzte, versuchte Dr. Berring noch einmal, mit der äußeren Herzmassage den Patienten wiederzubeleben.
„Was soll das denn?“, sagte Professor Herfurth. „Öffnen Sie doch! Wir müssen weiterkommen. Das dauert zu lange. Es wird ...“
„Er schlägt aus!“, rief der Anästhesist und deutete auf den Oszillographen. „Noch ein Ausschlag! Jetzt! Es schlägt wieder. Es ist wieder da!“
Dr. Berring machte weiter. Nur nicht aufhalten, nur noch weitermachen. Die anderen starrten auf den Oszillographen. Eben noch ein gerader Strich, war die Linie, die von einer Seite zur anderen lief, plötzlich gezackt, flimmerte, die Zacken wurden gleichmäßiger, wurden höher.
„Sie können aufhören“, sagte der Chefarzt.
Dr. Berring richtete sich auf, ließ die Arme sinken, Schweißperlen standen in seinem Gesicht. Er keuchte nach dieser körperlichen Schwerarbeit, sah den Chefarzt an, blickte dann auf den Oszillographen und hörte, wie der Anästhesist plötzlich sagte: „Da, es lässt wieder nach. Zum Teufel noch mal, was ist das bloß? Es muss eine Hirnstörung sein.“
Der Assistent wollte wieder mit der äußeren Herzmassage beginnen. In diesem Augenblick kam eine junge Schwester in die Ambulanz, ging auf den Chefarzt zu, der sie sofort fixierte und sagte ein wenig verlegen: „Die Stationsschwester hat mich geschickt. Hier ist eine Aufnahme vertauscht worden. Es steht Ambulanz I drauf. Auch der Name stimmt nicht, passt nicht zu unserem Patienten.“
Professor Herfurth nahm die Aufnahme, hielt sie gegen das Licht, blickte dann auf die andere, die im Schirm hing, riss sie heraus und sagte mit schneidend scharfer Stimme: „Meine Herrschaften, das durfte ja nun wirklich nicht passieren. Das ist ja die falsche Aufnahme. Sie ist nicht von diesem Patienten. Ambulanz II. Auch die Namen stimmen nicht überein zwischen denen, die auf den Bein und Armfrakturen stehen und dieser hier. Das ist natürlich ein anderer.“ Er wandte sich der Schwester zu. „Wo kommt die Aufnahme her?“
„Sie war einem Patienten mitgegeben worden, der schon auf Station ist. Er hat eine Kopfverletzung und war in Ambulanz II.“
„Augenblick mal.“ Und jetzt hatte Professor Herfurth die richtige Aufnahme in den Leuchtschirm gesteckt, und sie alle sahen diesen geschossartigen Keil, der im Schädel dieses Patienten steckte, ein Stahlkeil wahrscheinlich. Kein Mensch konnte sagen, wie er hineingeraten war, aber er gab die absolute Erklärung für den instabilen Kreislauf des Patienten, ebenso wie diese Störungen von Atmung und Herztätigkeit.
„Schädeloperation einleiten! Sofort!“, rief der Professor.
14
Drei Stunden später standen sie sich gegenüber im Büro des Chefarztes: Chefarzt Professor Herfurth und sein Oberarzt Dr. Berring. Der Professor war krebsrot im Gesicht vor Zorn. Dr. Berring hingegen wirkte verlegen, ratlos, befangen.
„Und wenn Sie es sich hundertmal nicht erklären können, wie das passiert ist, es durfte nicht geschehen!“, rief der Professor. „Sie mussten vorher Ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und sich vergewissern, dass es die richtigen Aufnahmen sind. Es interessiert mich nicht, wenn eine Schwester oder eine medizinisch-technische Assistentin Bilder vertauscht. Der Arzt sind Sie! Sie hätten nachsehen müssen! Es ist ein Glück, dass ich dazugekommen bin und ein zweites Glück, dass andere die Verwechslung noch gerade eben rechtzeitig bemerken konnten. Der Patient lebt. Es sind schwere Gehirnschädigungen eingetreten. Das ist selbstverständlich. Und möglicherweise, auch das gebe ich zu, wäre es für ihn eine Gnade gewesen, hätte sein Herz vorhin endgültig ausgesetzt. Aber er lebt. Und es ist durchaus möglich, dass er beim Wiedererwachen gar keine so schweren Schädigungen davongetragen hat, wie wir das jetzt annehmen, weil wir das gar nicht so genau wissen. Um ein Haar also hätte dieser Mann sein Leben verloren. Und das hätten Sie sich auf Ihr Panier schreiben können. Es wäre Ihre Schuld gewesen, Herr Berring, ganz alleine Ihre Schuld. Und ich muss Ihnen noch etwas sagen: Mir fällt die ganze letzte Zeit schon auf, wie unsicher, wie nervös, wie gereizt Sie sind. Dazu möchte ich jetzt endlich mal eine Erklärung. Ich habe Verständnis dafür, dass einer meiner Herren überarbeitet ist. Dann hat er aber die Pflicht, es mir zu sagen, und wenn es