Küstengold. Kurt Geisler

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Küstengold - Kurt Geisler

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er das Sagen, aber mit einer Aktie mehr von denen hätte er eine echte Laus im Pelz.

      So spendete er immer wieder großzügig für die unter chronischer Geldnot leidende Stadt Neumünster, damit diese nicht das Interesse an ihrer Mehrheitsbeteiligung verlor.

      Mit seiner ersten Frau stand Arnold Bergfeld wegen der strittigen Abfindung nach der Scheidung immer noch vor Gericht. Geld wollte sie von ihm. Richtig viel. Dabei hätte sie arbeiten gehen können. So wie er. Das hatte sie aber schon die ganze Ehe über nicht getan. Er würde es ihr noch zeigen.

      Seine jetzige Frau Katja war erheblich jünger und ein wenig größer als er. Er zeigte sich gern mit ihr, und um seinen kleinen Sohn kümmerte sie sich rührend. Allerdings war sie nach der Geburt ein wenig aus den Fugen geraten. Er bedauerte das, denn jetzt wurde jeder Sexualakt ein Vabanquespiel. Er hatte ein wenig die Lust an ihr verloren.

      Mit Anja dagegen, dieser kleinen schlanken Brünetten aus der Personalverwaltung, hatte er diese Probleme nicht, wenn er sie in ihrer kleinen Wohnung im Staatsforst besuchte. Sie war ledig geblieben und immer für ihn da, wenn er es wollte. Gut, sie war schon älter, knapp über 40, aber sie hatte immer noch eine ordentliche Figur. Anja hatte nie Kinder gehabt, deswegen konnte sie ihm auch die weitaus bessere Biometrie bieten.

      Der Staatsforst von Neumünster hieß Iloo und lag außerhalb des Stadtgebietes. Die Neumünsteraner Stadtwerke besaßen das Recht, dort ein kleines Umspannwerk zu betreiben, aber auch die Pflicht, die Waldwege zu beleuchten. An einem Bach wurde sogar eine alte Wassermühle betrieben. Das Rad wurde zwar noch vom Wasser gedreht, aber Energie produzierte sie schon lange nicht mehr. Es war ein romantischer Ort, den er gern für andere Zwecke ausgenutzt hätte. Aber er hatte auf seinen guten Ruf zu achten.

      Er stellte seinen Dienstwagen nahe der Wassermühle ab und betrachtete ihn ärgerlich. Ein richtiger Chef fährt einen dicken schwarzen Mercedes und keinen blauen Audi A4, befand er. Kopfschüttelnd machte er sich zu Fuß auf den kurzen Weg zu Anja.

      Sie würde sich über seinen Besuch freuen. Sie hatte sonst doch nichts. Es gab zwar Gerüchte, die er auf der letzten Betriebsfeier aufgeschnappt hatte, dass sie angeblich unglücklich verliebt sein sollte in Fries, den Leiter vom Werkschutz. Der soll sie angeblich unlängst nach einer kurzen Affäre verlassen haben, um seine Familie zu retten. Bergfeld gab nicht viel auf das Gerücht. Gewäsch! So etwas wie ihn würde Anja sowieso nie wieder bekommen.

      Er stand jetzt vor dem Haus und schaute sich um, aber es war niemand zu sehen. Er klingelte an ihrer Haustür. Zweimal kurz, einmal lang. Das verabredete Zeichen. Der Summer brummte. Eilig hastete er die Stufen hoch, denn er hatte Druck.

      Sie trat ihm in der Wohnungstür völlig aufgelöst entgegen. »Schön, dass du endlich da bist. Arnie, du bist in Gefahr! Nimm mich in die Arme!« Sie warf sich an ihn.

      Bergfeld ärgerte sich darüber. Manchmal war sie eben eine hysterische Ziege. Sie hatte bestimmt durch die Gerüchteküche der Hauptverwaltung von den Sicherheitsmaßnahmen gehört, die von der Polizei seit gestern eingeführt wurden, weil angeblich am Wochenende ein Anschlag auf die Stadtwerke erfolgen könnte. So ein Quatsch. Zudem war ein Direktor bisher noch nicht das Ziel eines Anschlags in der von der Presse marktschreierisch veröffentlichten Mordserie der letzten Wochen gewesen, sondern die niederen Chargen.

      Außerdem wollte er am Wochenende wegfahren. Geschäfte machen. Er würde im Sauerland Verhandlungen führen. Eine Beteiligungsgesellschaft wollte ihm ein lukratives Angebot unterbreiten. Freitagmittag würde er wegfahren und erst am Montagmorgen zurück sein. Natürlich würde alles bezahlt werden, auch die Spesen. In seiner Firma würde er es erst im Nachhinein als Dienstreise deklarieren, damit er doppelt abkassieren konnte. Frauen kosten Geld.

      Das musste Anja aber nicht wissen. Er freute sich immer, wenn sie ihn Arnie nannte. Ja, dieser Vergleich mit Arnold Schwarzenegger machte ihn stolz. So entschloss er sich, sie dennoch in die Arme zu nehmen und die Sache herunterzuspielen.

      »Ach, Anja, wenn ich vor jedem Gerücht Angst hätte, dann säße ich sicherlich nicht auf meinem Chefsessel.«

      Sie umschlang ihn leidenschaftlich. »Bleib bei mir, Arnie. Ich melde mich krank, und wir verschanzen uns, bis die Bedrohung vorüber ist. Bei mir bist du in Sicherheit.«

      Sie konnte ihn auf eine Art ansehen, der er nur wenig entgegenzusetzen hatte. Er zog sie fest an sich und kniff ihr anschließend in die Pobacken. Er fühlte, wie ihre Muskeln zuckten.

      »Nicht jetzt, Arnie«, wehrte sie seine Kniffe ab. »Nimm mich erst einmal richtig in den Arm.«

      Bergfeld wehrte ab. »Ach, Dummerchen. Seit wann bist du so ängstlich? Am Wochenende muss ich große Geschäfte abschließen. Da kann ich mich nicht ängstlich in einem Mauseloch verstecken.«

      Anja schien eine andere Antwort erhofft zu haben, denn sie begann, an seiner Brust zu schluchzen. Bergfeld fand das ein wenig übertrieben. Er bemerkte, dass ihre Wimperntusche sein Hemd schwarz einfärbte und drückte sie zurück. »Nun sieh doch, das Hemd ist versaut.«

      Jetzt heulte Anja richtig los. Bergfeld war sich nicht sicher, ob er diese Stimmung noch umbiegen konnte. Wenn er bei ihr nicht zum Stich kommen konnte, warum sollte er sich das Gejammer überhaupt antun?

      Er entschloss sich zum geordneten Rückzug, denn mit Anja würde heute nichts mehr laufen. »Engel­chen, ich wollte sowieso nur einmal hereingucken und sehen, wie es dir geht. Wird alles gut, glaube mir. Ich muss noch einmal zurück ins Büro.«

      Anja reagierte nicht. Also nahm er sie wieder in den Arm und drückte sie. »Ich muss jetzt wirklich los. Ich schicke dir noch eine SMS. Einverstanden, Engelchen?«

      Er wollte sich lösen, aber sie hielt ihn weiter fest umklammert. Mit aller Macht wollte sie ihn bei sich behalten. Bergfeld schüttelte energisch den Kopf und löste sich sanft, aber bestimmt aus ihrem Griff. Wortlos drehte er sich um und ging.

      Vor der Haustür ärgerte er sich über Anja. Frauen können schon seltsame Wesen sein, befand er. Warum verderben sie sich selbst die schönsten Momente? Na ja, er würde sie zunächst einmal kurzhalten müssen. Frauen brauchten das, sonst bekamen sie Oberwasser. Wer seine Frau schont, der schont sie für andere. Das sagte sein Schwiegervater schon immer.

      Er beschloss, nach Hause zu fahren. Nach einem Vierteljahr könnte sich seine Frau einmal wieder liebevoll zeigen. Wenn nur der Bengel schon im Bett wäre. Um das sicherzustellen, würde er Katja am besten gleich aus dem Auto anrufen. Dann wären sie nachher allein, und er käme endlich zum Stich.

      Er drehte sich nicht mehr um, als er in den Wagen stieg.

      Strandleben

      Besser konnte das Wetter nicht sein. Es zeigte sich von seiner freundlichen Seite, und eine kleine Brise kühlte die Haut. Stuhr hatte deswegen den Strandkorb in den Wind gestellt, damit ihm nicht zu heiß wurde.

      Dann hatte er sich wieder dem hellblauen Büchlein gewidmet. Eine schöne Frau in der Midlife-Crisis, Vivi Weiß, hatte einen Holzklotz als Ehemann an den Hacken, der nach Ansicht der Autorin ständig vor ihr und den Kindern auf der Flucht zur Arbeit und zum Sport war. Sein Aufstieg verlief trotz aller Fluchtversuche nur schleppend, Vivis sozialer Abstieg dagegen rasant. Degradiert zur Hausfrau und Mutter begann sie zielstrebig, trotz aller Zwänge, ihr Leben neu anzupacken und sich mit einer cleveren Geschäftsidee langsam aus diesem Strudel herauszuziehen.

      Na, ja. Der Wunsch wird bei der Autorin Mutter des Gedankens gewesen sein, vermutete Stuhr. Sein Handy lenkte ihn von seiner selbst auferlegten Pflichtlektüre ab.

      Kommissar

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