Hundsvieh. Daniel Badraun

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Hundsvieh - Daniel Badraun

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sieht das hier aus?«, fragt Fritschi, als wir wieder draußen sind.

      »Was meinen Sie?«, frage ich vorsichtig.

      Er zeigt auf die Holzkisten, die hinter dem Buffet aufgereiht sind. »Kann man die nicht wegstellen?«

      Der Lastwagen, der gerade wegfahren wollte, wird aufgehalten, missmutig öffnen die Arbeiter die Blache. Zusammen tragen wir die leeren Kisten und eine schwere Box mit einem doppelt gelieferten Kompressor wieder über die Wiese und laden sie auf den Lastwagen, danach werden die Tore verschlossen. Fritschi schaut zufrieden in die Runde. »Gut gemacht, Leute, da hat wirklich alles geklappt!«

      Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass mir dieser erste Arbeitstag im Museum Spaß gemacht hat. Ich bin wirklich ein perfektes Mädchen für alles.

      Fritschi hat sich unterdessen umgezogen, trägt nun Anzug und Krawatte. Auch ich habe meine Gartenkleider mit den Jeans und der Lederjacke getauscht. Der Chef reicht mir ein Glas Weißwein. »Gut gemacht, Mettler, ich bin sehr zufrieden mit Ihnen, würden Sie bitte auch weiterhin mithelfen, auf die Ausstellung aufzupassen, währenddem die Gäste eintreffen? Wichtig ist auch der Moment, bei dem ich meine Rede halte, da darf einfach nichts passieren!«

      »Was soll schon passieren?« Ich zeige auf die schweren Skulpturen. »Die trägt man nicht so einfach weg.«

      »Da haben Sie recht, Mettler.« Er klopft mir auf die Schulter. »Es ist auch eher eine Formalität wegen der Versicherung.« Er lächelt mir aufmunternd zu und geht hinüber zum Buffet.

      Um sechs sind die ersten Gäste da.

      Fritschi dreht seine Runde, begrüßt Herren im dunklen Anzug, Damen in festlichen Kleidern, weist Medienschaffende auf die Skulpturen hin, die auf dem perfekt geschnittenen Rasen gut zur Geltung kommen. Fotografen machen erste Bilder im milden Abendlicht. Man steht in kleinen Gruppen herum, nippt an den Gläsern, führt angeregte Gespräche, erst über Kunst, dann über die anderen Anwesenden. Society-Talk eben. In einer solchen Gesellschaft fühle ich mich unwohl und fehl am Platz, ich habe das Gefühl, nicht richtig angezogen zu sein, kann auch bei den Gesprächen nicht mithalten, bin nicht bewandert bei den Themen, die hier die Runde machen. Es sind Codes einer Geheimsprache, man will unter sich bleiben.

      So halte ich mich im Hintergrund. Gehe an der Hecke entlang, spreche mit den Sicherheitsleuten bei den Eingängen und komme mir dabei ungeheuer wichtig vor. Dann setze ich mich neben Giacomettis Hund auf den Sockel und streichle ihn. Doch anders als am Morgen fühlt sich sein Rücken rau an, er mag diese Leute auch nicht, hat sein Fell aufgerichtet, fast ist sein Knurren zu hören.

      »Herr Regierungsrat, Herr Stadtpräsident, Damen und Herren Stadträte. Geschätzte Kunstfreundinnen, geschätzte Kunstfreunde.« Fritschi hebt seine Stimme, das angeregte Gemurmel der Gäste erstirbt. »Wir haben Sie heute ins Kunsthaus Chur eingeladen, um Ihnen eine neue Sicht auf unsere Giacometti-Sammlung zu ermöglichen. Unser Haus ist stolz darauf, dass es gelungen ist, namhafte Werke des von uns allen geschätzten Malers und Bildhauers aus dem Bergell im Kanton zu halten und sie der Öffentlichkeit auch weiterhin zugänglich zu machen. Die Werke wurden davor bewahrt, in Privatsammlungen zu verschwinden. Dies ist nur dank potenter Förderer des Bündner Kulturlebens möglich. Danken möchte ich ganz besonders …«

      Während Fritschi eine lange Liste von Firmen und Personen herunterleiert, die sich um die Sammlung verdient gemacht haben, streife ich durch den Park, beobachte die Leute und flüstere dem Hund etwas ins Ohr.

      »Den würden Sie wohl am liebsten bei sich zu Hause auf den Balkon stellen!« Eine Dame in einem etwas zu kurz geratenen weinroten Kleid hat sich von der Gesellschaft entfernt und betrachtet die Skulptur. »In Zürich im Kunsthaus steht auch so ein Hund, er ist nicht zu übertreffen in der Wahrhaftigkeit des Ausdrucks.«

      »Mir scheint, als ob Giacometti sich so gefühlt hat, als er vom Bergell ins große und fremde Paris kam«, sage ich leise. Da ist die Frau bereits weitergegangen und verwickelt einen Zigarre rauchenden Herrn in ein Gespräch.

      Später führt Fritschi seine Gäste durch den Park, langsam wandern die Leute von Skulptur zu Skulptur, Fritschi erklärt, einige Alphatiere geben brav gelernte Statements zum Besten, ernten distinguiertes Kopfnicken oder provozieren angeregte Diskussionen. Ich bleibe im Schatten der Bäume stehen und trete nur heraus, wenn ein Tablett mit Schinkengipfeln oder Brötchen vorbeigetragen wird.

      »Giacomettis Hund!« Fritschi macht eine Kunstpause und schaut sich um. »Gibt es ein besseres Stück, um Giacomettis Weltsicht zu zeigen?«

      Ich schüttle den Kopf und greife nach einem neuen Weinglas.

      »Und wenn Sie den Hund genau betrachten«, fährt Fritschi fort, »dann sehen Sie hier beim Kopf …« Er verstummt, bückt sich, schaut sich den Kopf genauer an, berührt kurz die Ohren, winkt einen Assistenten zu sich, zeigt diesem ein Detail am Rücken, schüttelt dann den Kopf. »Ich verstehe das nicht!«

      »Was ist los?«, fragt die Dame im weinroten Abendkleid.

      »Diese Skulptur ist eine Fälschung!« Ganz kurz nur ist es totenstill im Park, es ist, als würden sogar die Fahrzeuge auf der Poststrasse kurz still stehen, dann bricht der Tumult los. Es scheint, als müsse jeder jeden über die Ungeheuerlichkeit von Fritschis Aussage informieren.

      Fritschi und sein Assistent kommen auf mich zu. »Kommen Sie bitte mit, Mettler, ich muss mit Ihnen reden.«

      »Gerne, wenn Sie meine Meinung zu diesem Vorfall hören wollen«, ich mache eine Handbewegung in die Runde und komme mir dabei sehr wichtig vor, »dann ist die Skulptur nicht hier im Park vertauscht worden, da waren immer Leute anwesend. Es muss heute Morgen passiert sein, als sie noch im Museum stand.«

      Fritschi lacht spöttisch. »Hören Sie mit dem Theater auf, Mettler. Und kommen Sie endlich mit, wir wollen wirklich kein Aufsehen erregen!«

      »Sie glauben doch nicht etwa, dass ich den Hund …«

      Fritschi schaut mich böse an. »Doch, Mettler, genau das glaube ich!«

      Einige Fotografen sind auf uns aufmerksam geworden, erste Blitze erhellen den Park. Ich hebe den Arm, um mein Gesicht zu schützen. Die Menge kommt auf uns zu, Fritschi und sein Assistent zerren mich über den Rasen und am Buffet vorbei, wir betreten das Kunsthaus durch den Hintereingang, hasten durch die dunklen Ausstellungsräume. Ich lasse mich ohne Gegenwehr wie ein Verbrecher abführen, glaube erst, dass es ein Spiel ist, das sich sofort aufklären wird, die Verdächtigungen sind so absurd, so abwegig.

      »Hier rein, Mettler!« Unsanft schiebt mich Fritschi in sein kleines Büro. »Bevor ich die Polizei rufe, hätte ich noch ein paar Fragen.«

      »Die Polizei? Ich habe nichts verbrochen!«

      »Und was ist mit der Skulptur von Giacometti? Wo ist sie?«

      »Aber ich war es nicht, durchsuchen Sie mich doch, wo soll die Statue denn sein? Hier etwa?« Ich kehre meine Taschen nach außen.

      »Glauben Sie denn, dass ich Sie nicht durchschaue?« Fritschi zieht ein Paket Zigaretten hervor und steckt sich eine an. »Sie haben Komplizen gehabt, Mettler, Leute von außen, was weiß ich. Die Polizei wird schon rausfinden, wie Sie es angestellt haben und wo der Hund steckt!«

      »Wie kommen Sie gerade auf mich?«

      Fritschi lächelt mich kalt an. »Heute Morgen haben Sie sich für die Skulptur interessiert, das ist doch sehr verdächtig. Da stand das Original noch in der Sammlung. Ich war selber

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