Stolps Reisen: Damals und heute, von den Anfängen bis zum Massentourismus. Jürgen Dittberner
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Warum wechseln Menschen ihre Standorte? Warum reisen sie?
Oft ist es Neugier auf Unbekanntes: Alexander von Humboldt reiste nach Südamerika, um eine fremde Welt auszumessen.
Oder es ist Gier? Christoph Columbus wollte Spanien den vermuteten Reichtum aus Indien zugänglich machen. Und er gab das Startsignal zur Ausplünderung Südamerikas.
Immer wieder treibt pure Lust Menschen an: „Das Wandern ist des Müllers Lust.“
Für bestimmte Berufsgruppen gehört die Mobilität zur Pflicht: Fahrende Gesellen zogen von Ort zu Ort, Geschäftsreisende drängt es zu ihren Kunden, und wer Professor werden will, wird seine Alma Mater verlassen müssen, wenn er eine „Hausberufung“ umschiffen muss.
Manchmal ist es ist Forscherdrang: Ferdinand Magellan wollte im Auftrag des Königs von Portugal aus einen Seeweg nach Westen finden, da man erkannt hatte, dass die Erde eine Kugel war.
Auch Herrschsucht ist ein Motiv: Napoleon zog nach Osten, weil er ganz Europa beherrschen wollte.
Nicht selten steckt Gewinnstreben dahinter: Englands führende Klasse erschloss sich ein Weltreich, um auf Kosten fremder Völker reich zu werden.
Gerne zieht Romantik Menschen hinaus in die Welt: Johann Wolfgang von Goethe tourte durch Italien, um das Land zu sehen, „wo die Zitronen blühen“.
Auch das Verbrechen bewirkt oft Mobilität: Adolf Hitler fiel in fremde Länder ein, um seine Schreckensherrschaft auszuweiten.
Mobilität kann unfreiwillig erfolgen: Viel zu oft werden Menschen verbannt – manchmal in Lager, manchmal in ein vermeintliches Nirwana wie nach Australien oder Grönland.
Religion kann zum Motiv werden: Hugenotten verließen die Heimat, um ihren Glauben zu leben.
Nach Kriegen werden Verlierer nicht selten aus ihrer Heimat vertrieben: Diese Menschen hätten sich andernfalls niemals „auf die Reise“ begeben.
Gegen ihren Willen verändern auch diejenigen ihren Ort, die verschleppt werden: So erging es den „Sklaven“, die von Afrika nach Amerika gebracht wurden; so kann es noch heute politisch Missliebigen geschehen, wenn sie widerrechtlich entführt werden.
Ständig treibt tatsächliche oder empfundene Not daheim Menschen in die Ferne: Sie werden so zu Flüchtlingen.
Künstler (auch Sportler, Schriftsteller und andere) müssen in der Regel „auf Tournee“, um ihre Leistungen überall zu verkaufen.
Politiker reisen hin und her, um die Interessen ihrer Länder (und auch ihre eigenen) zu vertreten.
Das scheinbar Edelste zu Schluss: Wissenschaftler, Propheten, Freigeister und Missionare überschreiten Grenzen, um ihre Ideen zu verbreiten. Oder wollen sie Andersdenkende unterdrücken?
2. Immobilität
Warum bleiben andere Menschen wiederum dort, wo sie sind? Warum reisen sie nicht?
Sie kennen sich in ihrem Umfeld aus. Alles ist ihnen vertraut. Warum sollten sie das aufgeben? Ihre Freunde und Verwandten sind vor Ort. Sie haben ihr Auskommen und wissen nicht, was sie anderswo erwartet. Dort herrschen womöglich Sodom und Gomorra. Sie bleiben lieber. Alle Ahnen haben es vor Ort ausgehalten; also gehören auch sie hierher.
„Heimische Krisen muss man durchstehen, ‚Fahnenflucht‘ wäre feige“, denken die Sesshaften. Viele von ihnen haben zudem Angst vor dem Fremden, vor den anderen Speisen, Bräuchen, Sitten, Dialekten oder gar Sprachen. Wer weiß außerdem, was reisen oder gar auswandern kostet: Wer soll das bezahlen? – Viele sind sich sicher: „Ob Ost, ob West: To Hus is‘ am best!“
Aus China hörte man einst, dass die Menschen stolz waren, im „Reich der Mitte“ zu leben. Wer in der Mitte ist, glaubt sich am Ziel. Doch in neuerer Zeit wurden immer mehr Schichten des Riesenvolkes neugierig auf das, was an den Rändern dieser Erde geschieht: Globalisierung aus Fernost!
3. Kommerzialisierung
Das industrielle Zeitalter hat das Reisen kommerzialisiert: Der „Tourismus“ wurde erfunden.
Vorsichtig schnupperten die ersten Reisenden ganz früh an einem beliebigen Dorf, etwa in der „Lüneburger Heide“. Dann entdeckten sie Gegenden wie den „Westerwald“, „Büsum“, „Oberbayern“ oder „Amrum“. Sie reisten in Bussen an. Später fuhren die meisten Deutschen ins Sehnsuchtsland Italien, – im „VW“ über den „Brenner“. Es folgten „Paris“, „London“ oder „Kopenhagen“. Manchmal brachte sie auch die Bahn ans Ziel. Dann wechselten sie die Automarken. Im „Opel“ ging es womöglich nach Spanien und im „Daimler“ vielleicht sogar nach Griechenland. Schließlich wurden Inseln modern: „Lesbos“, „Mallorca“ oder die „Kanaren“. Das ging natürlich nur mit dem Flieger.
Geschäftsleute machten sich jetzt über die Sache her. Es entstanden Firmen wie „TUI“, „Neckermann Reisen“ oder „Studiosus“. Die Pauschalreise wurde erfunden. Anfangs galt das Fliegen als elitär, dann schossen Billigflieger wie Pilze aus dem Boden. Die ganze Welt lag vor der Haustür, bis hin nach Neuseeland. Autos mietete man mittlerweile vor Ort.
Früher galt die Regel: „Einmal im Jahr machen wir Urlaub.“: Die ganze Familie zog los. Drei Wochen dauerte der Spaß. Die ersten vierzehn Tage dienten der Regeneration, die letzten sieben der puren Freude. Dafür gab es den „Jahresurlaub“, dafür wurde gespart.
Später kam der „Zweiturlaub“ hinzu: „Nur weg hier!“, lautete die neue Devise.
Die Flugzeuge flogen in die ganze Welt. Unterschiedliche „Terroristen“ aber fingen an zu stänkern. Seitdem gab es Sicherheitskontrollen auf allen Flughäfen. Das dauerte: Zwei Stunden vor Abflug mussten sich die Reisenden – (nun allgemein „Touristen“ genannt) - einfinden. Es wurde immer voller – auf den Flughäfen und auch an den Reisezielen.
Das war die schöne neue Welt: Von Süd nach Nord kamen immer mehr Flüchtlinge. Junge Menschen wollten ihr Elend verlassen. Immer mehr Touristen aber flogen unbeeindruckt nach Süden. Sie hatten ihre von den Flüchtlingen so angehimmelten Wohlstandsgesellschaften satt, wollten ‘mal „Ursprüngliches“ sehen. Wohlgenährte „Touris“ aus dem Norden kamen in den Süden, und Elendsgestalten aus dem Süden landeten zur gleichen Zeit im Norden.
Doch damit nicht genug: Nach dem Auto und dem Flieger kam das Schiff. Es gab Flussfahrtschiffe, die schippern auf dem Rhein oder auf der Wolga.
Es kamen aber auch Ozeanriesen auf (schwimmende Hotels); die fuhren über die Weltmeere bis nach Fernost oder bis in die Karibik. Wenn so ein Schiffsriese in den Hafen von Venedig fuhr, überragte er jeden Palazzo, brachte Menschenmassen herbei, die schnell weiterzogen.
Auf so ein „Schiff“ aber gingen viele nicht rauf: Der Tourismus war schon ein mächtiger und rücksichtsloser Wirtschaftszweig geworden, überall auf der Erde.
4. CO2-Bilanz
Da traten Umweltschützer auf. Sie sagten, Flugzeuge und Schiffe stießen zu viel CO2 aus und versauten das Klima. Es werde immer wärmer auf der Erde. Die Polkappen würden abschmelzen, Eisbären hopsten von einer