Wahrheit und Falschheit. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

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Wahrheit und Falschheit - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

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diese Begebenheit oder diese Idee zurückblickst, die vielleicht über dein Leben entschieden hat, dann wird sie dir so relativ, so unbedeutend erscheinen.... Und du brauchst etwas sehr viel Höheres, um einen neuen Fortschritt zu machen.

      Könnte man sich stets daran erinnern, würde man viel Sektierertum vermeiden, viel Intoleranz, und man würde sofort alle Streitereien aufheben, denn eine Streitigkeit entsteht nur, dass der eine auf die eine Art denkt und der andere auf eine andere Art, dass der eine eine bestimmte Haltung eingenommen hat und der andere eine andere Haltung, und dass man nicht versucht, beide zusammenzubringen und herauszufinden, wie sie sich vertragen könnten, sondern sie stattdessen einander gegenüberstellt, als versetzte man sich Faustschläge. Es ist nichts anderes als das.

      Macht man sich aber die vollständige Relativität seines Standpunktes klar, seines Denkens, seiner Überzeugung, dessen, was das Gute ist und inwieweit es relativ ist im Gang des Universums, dann ist man weniger heftig in seinen Reaktionen und ist toleranter.

      *

      Worte der Mutter

      Was ist „die geringere, auf dem Weg noch zulässige Wahrheit“?

      Die höchste Wahrheit lässt sich nicht sogleich, im ersten Anlauf, erreichen. Unterwegs gibt es wahrere Dinge als die dir bekannten, die aber noch nicht die Wahrheit sind. Es sind gewissermaßen Entdeckungen, die man macht: auf einmal kommt einem eine Art Erleuchtung, stößt man auf ein Gesetz, findet einen Hebel, erblickt einen Weg, der sich einem eröffnet; das ist nicht die höchste Wahrheit, nicht die höchste Erfahrung, ist nicht das, was man erlebt, wenn man mit dem Göttlichen einsgeworden ist, sondern wie etwas, das von dort in einen herabgekommen ist und eine Teilverwirklichung gibt. Diese teilweisen Erleuchtungen sind das, was Sri Aurobindo „geringere Wahrheiten“ nennt.

      *

      Worte der Mutter

      In einer Welt der Wahrheit würde vielleicht alles so sein wie jetzt, doch es würde anders angesehen werden.

      Beides. Es würde einen Unterschied geben. Es ist die gegenwärtige Unwissenheit und Dunkelheit in der Welt, die dem göttlichen Wirken eine deformierende Erscheinung gibt, und das muss natürlich nach und nach verschwinden; doch es ist ebenfalls wahr, dass es eine Sichtweise der Dinge gibt ... man könnte sagen, die ihrer Erscheinung eine andere Bedeutung verleiht.

      * * *

      Kapitel 7

      Lasst uns der Wahrheit dienen

      Worte Sri Aurobindos

      Wahrheit ist eine unendlich komplexe Realität und derjenige, der ihre unendliche Komplexität erkennt, doch sich davon nicht entmutigen lässt, hat die beste Chance sich ihr so weit wie möglich zu nähern. Wir müssen das ganze Gedankengewirr betrachten, Tatsache, Emotion, Idee, Wahrheit jenseits von Idee, Schlussfolgerung, Widerspruch, Modifikation, Ideal, Praxis, Möglichkeit, Unmöglichkeit (die dennoch versucht werden muss), und während man die Seele ruhig hält und das Auge klar, in diesem mächtigen Strom und Gewoge der Welt, überall ein Wort der Harmonie suchen, nicht die augenblickliche in der letzten Wahrheit vergessen, auch nicht die letzte in der augenblicklichen, sondern jeder ihren angemessenen Platz und Anteil geben. Einige Denker, wie Plato und Vivekananda, fühlen mehr als andere diese mächtige Komplexität und verleihen ihr eine Stimme. Sie schütten Gedanken in Sturzbächen oder in reichen und majestätischen Strömen aus. Sie kümmern sich nicht in logischer Weise um Konsistenz. Sie können kein zusammenhängendes, dennoch umfassendes System aufbauen, aber sie beleben den Geist der Menschen und befreien sie von religiösem, philosophischem und wissenschaftlichem Dogma und Tradition. Sie lassen die Welt nicht sicherer, aber freier zurück als bei ihrem Eintreten.

      Einige Menschen versuchen die Wahrheit durch imaginative Wahrnehmung zu finden. Sie ist ein gutes Instrument, wie Logik, aber Logik bricht zusammen, bevor sie das Ziel erreicht. Ihr sollte auch nicht erlaubt werden mehr zu tun, als uns ein Stück auf dem Weg zu führen und uns dann zu verlassen. Andere denken dass ein gutes Urteilsvermögen das wahre Gleichgewicht erreichen kann. Es tut es, für eine gewisse Zeit; doch die nächste Generation wirft dieses schöne Gleichgewicht durcheinander, indem sie einer härteren Prüfung zustimmt oder eine bessere verlangt. Die Religiösen ziehen Inspiration vor, doch Inspiration ist wie der Blitz, der nur einen bestimmten Teil des Landes hell erleuchtet und den Rest in Dunkelheit belässt, die durch das grelle Licht noch intensiviert wird. Unermesslich ist unser Irrtum, wenn wir dieses wenige Land für das ganze Universum halten. Gibt es also kein Instrument des Wissens, das uns das Herz der Wahrheit erschließt und uns das Schlüsselwort des Seins liefert? Ego denke, es gibt es, doch die Evolution der Menschheit in ihrer Gesamtheit verfügt noch nicht darüber; die Höchsten ihrer Vertreter berühren nur gerade den Grenzbereich dieser Erleuchtung. Schließlich trägt uns der reine Intellekt sehr weit empor. Doch weder der Verächter rein intellektueller Ideenbildung, noch ihr fanatischer und ergebener Anhänger kann das Wissen erreichen, in dem nicht nur die Sinne Dinge widerspiegeln oder der Verstand über sie nachsinnt, sondern die ideale Fähigkeit sie direkt erkennt.

      *

      Worte der Mutter

      Die Wahrheit leuchtet von selbst ein und braucht der Welt nicht auferlegt zu werden. Sie hat es durchaus nicht nötig, von den Menschen akzeptiert zu werden, denn sie besteht aus sich selbst. Sie hängt nicht davon ab, was die Leute sagen, bedarf keiner Zustimmung. Wer hingegen eine Religion gründet, braucht viele Anhänger. Macht und Größe einer Religion wird von den Menschen nach ihrer zahlenmäßigen Stärke bemessen, obwohl es darauf bei wahrer Größe nicht ankommt. Die Größe des spirituellen Lebens liegt nicht in der Zahl. Ego habe das Haupt einer neuen Religion gekannt, den Sohn ihres Gründers, und ihn sagen hören, dass die und die Religion soundso viele Jahrhunderte zu ihrer Errichtung gebraucht habe, während seine, erst 50 Jahre alt, schon über vier Millionen Anhänger habe. „Daran sehen Sie“, fügte er hinzu, „wie groß unsere Religion ist!“ Religionen mögen zwar ihre Größe nach der Zahl ihrer Anhänger berechnen, die Wahrheit aber bleibt immer die Wahrheit, auch wenn sie keinen einzigen Jünger hätte. Der Durchschnittsmensch wird von denen angelockt, die groß angeben. Er geht nicht dahin, wo die Wahrheit sich leise offenbart. Jene, die Großes vorgeben, müssen es laut proklamieren, denn wie könnten sie sonst die Menge anziehen? Die Arbeit, die unbekümmert um das getan wird, was die Leute davon halten, ist nicht sehr bekannt und zieht nicht so leicht Massen an. Allein die Wahrheit braucht keine Reklame. Sie verbirgt sich nicht, aber sie drängt sich auch nicht auf. Es genügt ihr, sich zu offenbaren, ohne sich um die Ergebnisse zu kümmern, ohne Beifall zu suchen oder Ablehnung zu meiden, weder verlockt noch verstört von der Billigung oder Missbilligung der Welt.

      *

      Worte der Mutter

      Diejenigen, die dem Licht der Wahrheit helfen möchten, über die Kräfte der Dunkelheit und Falschheit zu triumphieren, können dies tun, indem sie aufmerksam die initiierenden Impulse ihrer Regungen und Handlungen beobachten, und zwischen jenen unterscheiden, die aus der Wahrheit kommen und jenen, die der Falschheit entstammen, um den ersteren zu gehorchen und den anderen zu widerstehen oder sie abzulehnen.

      Diese Kraft der Unterscheidung ist eine der ersten Auswirkungen der Ankunft des Wahrheitslichtes in der Erdatmosphäre.

      Es ist tatsächlich sehr schwer, die Impulse der Wahrheit von den Impulsen der Falschheit zu unterscheiden, wenn man nicht dieses besondere Geschenk

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