Des Rates Schreiber - Chemnitzer Annalen. Gerd vom Steinbach
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Gelangweilt gähnt Kaspar hinter der hohlen Hand. „Du nimmst mir mit deinem Geschwätz die ganze Freude am Abend, Schreiberling! Wie soll ich dem Alten jetzt noch ein Freibier abschwatzen. Es hatte sich gerade so schön angelassen und da bringst du dein Friedensgeschwätz ins Spiel. Nun, so gehen die nächsten zwei Krüge aus deiner Geldkatze!“
„Träume nur nicht zu fest!“, wehrt sich der so Gescholtene, „Meine Martha wird mir den Strohsack vor die Tür legen, wenn ich die sauer verdienten Gulden in deine Kehle fließen lasse. Glaube nicht, dass ich dies zulasse, zumal es in unserer Stube so herrlich wild zugehen kann.“
Während sich der Wirt nun geflissentlich zurückzieht, legt Kaspar seine Hand auf Ruprechts Arm: „Was denn, du hast dir wirklich Roselers Martha geangelt, die Zierde hinter der Bach und die Rose der Chemnitzer Schuhmacherzunft?“
„Nun bleib mal ganz ruhig“, wehrt dieser energisch ab, „die Martha musste ich nicht angeln, sie hat eher mich eingefangen und dein Wortspiel kannst du vergessen!“
„Wie soll ich das verstehen? Ich weiß nicht, was du meinst mit dem Wortspiel.“ Kaspars Miene zeugt von ehrlicher Ratlosigkeit.
„Na, Rose der Schuhmacherzunft! Sie ist eine geborene Roseler – darin steckt die Rose und deine Familie nennt sich Schumacher, nach dem Handwerk eben. Rose der Schuhmacher würde dann heißen, dass die Martha dein wäre und das kannst du dir ganz sicher aus dem Kopf schlagen, bevor ich das für dich übernehme!“
Laut dröhnt das Lachen aus Kaspars Kehle durch den Schankraum, dass die anderen Gäste irritiert herüberblicken. Schnell nimmt er einen großen Schluck aus dem Krug, den er jedoch sogleich wieder prustend auf die Binsen auf dem Boden verliert. Als die Lachattacke dem Freund dann doch zu lange währt, schlägt dieser ihm mit der flachen Hand wenig zartfühlend zwischen die Schulterblätter. „Kannst dich wieder beruhigen, aber ich kenne dich von früher her, dir war kein Weib gleichgültig und wenn ich mich recht entsinne, warst du nicht schon als Knabe gerne mal vor der Stadt bei den Hübschlerinnen?“
Kaspar schnappt mit noch immer rotem Kopf nach Luft, prustet noch einmal kurz und findet endlich wieder zu sich selbst. „Ich war gewiss schon immer ein Schwerenöter, das stimmt. Des Weibes edle Kurven haben mich von Kindesbeinen an fasziniert. Aber dass ich Wortspiele verwende, um mir deren Gunst zu erschleichen, das liegt mir nun gar nicht. Nee, ich gönne dir das Glück mit der Martha von Herzen, die Rose der Schuhmacherzunft wurde sie vor ein paar Jahren genannt, weil sie bei unseren Zunftfesten immer so besonders reizend aussah, gleichzeitig aber auch jede Annäherung unmöglich machte – so wie eine Rose eben sticht.“
Ruprecht nickt zu seinen Worten, hebt den Krug und gibt dem Freund Bescheid. Mit dem Unterarm wischt er den Schaum vom Kinn und antwortet: „Da hast du dich fein herausgewunden. Ich glaubte, dir den Riechzinken verbiegen zu müssen, aber so wird es beim gemeinsamen Besuch der Latrine zum Wasserlassen bleiben. So lange, wie wir uns nicht gesehen haben, werden wir noch einige Maß zu uns nehmen.“
Kaspar hebt die Schultern. „An mir soll es nicht liegen, aber was wird deine Martha dazu sagen? Und lass dir das Bier nicht zu sehr in den Kopf steigen, der Herr Stadtschreiber sollte immer eine Respektsperson sein!“
„Und darauf solltet ihr anstoßen!“, tönt es hinter Ruprecht und als er sich umwendet, erkennt er Nurembergs Friedrich, einen Spielgefährten seit frühester Kindheit, da drüben Hinter der Bach. Gern lädt er ihn ein, mit an seinem Tisch Platz zu nehmen, zumal auch dieser mit Kaspar vertraut ist.
„Wieso bist du nicht im ‚heiligen Georg‘? Johanna hat Martha gesteckt, du wärest oft dort“, versucht Ruprecht zu ergründen.
„Was denn, ist mein liebes Schwesterlein geschwätzig mit den Nachbarn? Ich sollte ihr die Rute zu kosten geben, dass ‚sie das dreiste Maul hält!“ Friedrich scheint ehrlich erbost zu sein, sich als Gesprächsthema der Gasse zu wissen. Kaspar jedoch legt ihm vertraulich die Hand auf die Schulter. „Reg dich nicht auf, solange die Leute über dich reden, bist du interessant, lebst du. Wenn du keinen Grund für Tratsch und Klatsch mehr bietest, dann haben dich die Würmer auf dem Kirchhof bereits aufgefressen. Übrigens muss dir das Geld locker in der Tasche sitzen, wenn du dir das Bier im ‚Georg‘ leisten kannst.“
„Alles nur Gerede!“, wehrt Friedrich ab. „Das Bier kostet genau wie hier, aber der Heimweg ist deutlich kürzer. Nur sitzen heute die Leute der Gilde dort zusammen und so bin ich hierher ausgewichen – sehr zum Glück, muss ich sagen, sonst hätte ich euch nicht getroffen.“
„Wieso zum Glück“, wirft Ruprecht ein, „meinst du vielleicht, dass wir deine Zeche übernehmen?“
Beinahe hochmütig blickt Friedrich auf: „Das wird nicht nötig sein, heute habe ich noch genug Kredit beim Wirt. Mein Kerbholz ist glatt und in der Tasche drückt mich ein Guldengroschen.“
„Na, wenn das so ist, dann rück zu uns herüber, musst nicht in aller Einsamkeit den Krug leeren“, schlägt Kaspar vor und bereitwillig wechselt Friedrich den Platz.
Bereits dreimal hallte der Stundenruf des Türmers durch die Gassen, als Ruprecht erstmals überlegt, ob er nicht langsam den Heimweg antreten sollte. Martha wird sicher schon unruhig sein, denn dieses Fernbleiben war nicht vorgesehen. Außerdem wollten sie sich um ein Grundstück bewerben, wo sie ihr eigenes Haus errichten könnten. Seit Wochen zogen sie schon durch die Gassen der Stadt und hielten Ausschau nach einem leerstehenden Häuschen. Selbst ein neues Haus zu errichten, traut sich Ruprecht nicht zu und für eine Auftragserteilung fehlt das Geld.
„He, träume nicht, Schreiberling!“, kommt die mahnende Stimme Kaspars von gegenüber.
Schuldbewusst zieht Ruprecht die Schultern nach oben. „Ich habe gerade überlegt, ob ich nicht lieber langsam heimwärts ziehe. Mein Weib wird schon unruhig sein, denn sie ist es nicht gewohnt, dass ich fernbleibe.“
„Ach was, lass dein Weib ruhig hin und wieder allein, sonst nimmt es dich an die Leine und das letzte bisschen Freiheit ist dahin.“ Friedrich hebt demonstrativ seinen Krug. „So jung sehen wir uns nicht wieder und ganz sicher wird es nicht zur Gewohnheit, dass wir Michaels Gäste sind.“
Zustimmend nickt Kaspar. „Sehr wohl gesprochen, lass uns einen Schluck nehmen. Wer kann schon sagen, ob sich die Möglichkeit zum Umtrunk noch einmal so ergibt.“ Dumpf schlagen drei Holzkrüge aneinander und besiegeln Ruprechts Verbleib in der Runde. Einzig der Wirt scheint mit dieser Entwicklung so gar nicht zufrieden, denn er würde lieber nach langem Tagewerk auf sein Nachtlager kriechen.
Nichtsdestotrotz lassen ihn die Männer hochleben. Mit sehr wichtigtuerischem Blick neigt Kaspar seinen Kopf zu Ruprecht. „Hast du schon gehört, Schreiber, der Schütz muss dem Wettiner ordentlich eine Nase gedreht haben! Mit der Saigerhütte in der Chemnitzaue wird er dem Markgrafen Albrecht die Silbergroschen verweigern und das Recht wird noch auf seiner Seite sein!“
Während Ruprecht gerade noch ein erstauntes „Ooh!“ herausbekommt, lässt Friedrich die Faust auf die Tafel krachen. „Das ist ein starkes Stück und durchaus eines Schütz würdig. Allerdings glaube ich nicht, dass sich der Markgraf das so gefallen lässt. Der wird sich seine Groschen schon zu holen wissen.“
Es könnte eines Schulmeisters nicht würdiger erscheinen, wie Kaspar den Zeigefinger der Rechten gegen die Decke streckt. „Was denkt ihr, der Schütz ist ein listiger Fuchs. Nur geschmolzenes Silber muss dem Landesherrn