Auswahlband 4 Krimis: Von Huren, Heiligen und Paten - Vier Kriminalromane in einem Band. Alfred Bekker
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Auswahlband 4 Krimis: Von Huren, Heiligen und Paten - Vier Kriminalromane in einem Band - Alfred Bekker страница 20
Tasso und seine Leute waren also hier angekommen.
Vielleicht auch ein Deck tiefer. Und sie hatten sofort gecheckt, dass sich G-men in der Nähe befanden. Die Schiebetür hatte sich vielleicht nur einen Spalt geöffnet.
Sie hatten dafür gesorgt, dass sie sich gleich wieder schloss. Und dann...
Ich ging zurück in die Kabine.
Wir hatten im Penthouse einen Knopf gedrückt, damit die Kabine sich wieder hinaufbewegte. Aber ich hielt es für ausgeschlossen, dass sie sich hatten mitnehmen lassen.
"Mach mal eine Räuberleiter!" wies ich Leslie an, der sich noch in der Liftkabine befand.
Leslie sah mich überrascht an.
"Na, los!"
Ich stieg hinauf, berührte die Decke der Liftkabine.
Eine der Kunststoffplatten war lose.
Ich schob sie zur Seite.
"Habe ich es mir doch gedacht!", meinte ich und zog mich mit einem Klimmzug empor, saß einen Augenblick später auf der Liftkabine. Von hier aus einen zweiten Mann hochzuziehen war kein Problem. Jedenfalls nicht für jemanden, der durchtrainiert war.
"Glaubst du wirklich, dass Tasso dorthin..."
Leslie kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden.
Von oben wurde auf mich geschossen.
Die Kugel zischte dicht an mir vorbei.
Ich wirbelte herum, riss die SIG hervor. Ich befand mich am Fuß eines gewaltigen Schachts, in dem mindestens ein Dutzend Aufzugskabinen an Stahlseilen emporgezogen wurden.
Dieser Schacht wurde nur spärlich beleuchtet. Normalerweise hatte hier auch niemand etwas zu suchen, es sei denn er gehörte einem Wartungsteam an. Etwas Licht fiel durch Glasbausteine in den Wänden herein. Genug, um sich einigermaßen zu orientieren.
Tassos Schlafzimmer lag offenbar so, dass es an den großen Schacht angrenzte. Nur, dass der spezielle Aufzug, mit dem er geflohen war, nicht über die allgemeinen Liftzugänge zu betreten war.
Ich bemerkte mehrere Gestalten, die auf dem Dach einer Liftkabine emporgezogen wurden.
Drei Männer. Einer feuerte auf mich, die beiden anderen waren offenbar damit beschäftigt, eine der Platten zu lösen, um ins Innere der Kabine zu gelangen.
Das war auch dringend notwendig.
Auf einer Liftkabine zu 'surfen' war nämlich brandgefährlich. Immer wieder kam es in New York vor, dass jugendliche Kids so etwas als Mutprobe durchführten. Schon so mancher dieser Mutigen war zwischen Liftkabinen buchstäblich zerfetzt worden.
"Seht zu, dass der Strom unterbrochen wird!", rief ich Leslie Morell zu.
"Jesse!"
Ich duckte mich zur Seite.
Eine Kugel streifte eines der Stahlseile, die diese moderne Gruft wie metallene Spinnweben durchzogen.
Ich feuerte zurück.
Ein Schuss, der hier und da ein Stahlteil touchierte und Funken sprühen ließ. Aber ausrichten konnte ich auf diese Weise kaum etwas.
Zumal mein Gegner mir gegenüber im Vorteil war.
Je weiter seine Kabine hinaufgezogen wurde, desto schwieriger wurde es für mich, ihn überhaupt zu treffen.
Ein Geräusch hallte im Schacht wider. Etwas war zerbrochen worden, so klang es. Offenbar hatten die Tasso-Leute es endlich geschafft, das Dach ihrer Liftkabine zu durchbrechen. Eine MPi knatterte. Es musste offenbar nachgeholfen werden, um irgendwelche Halterungen zu lösen, denn die Schüsse gingen nicht in meine Richtung.
Von unten kam eine andere Liftkabine herauf. Irgendjemand, der direkt aus der Subway gekommen war und jetzt vielleicht im MERCADO einkaufen wollte, hatte sie genommen.
Ich wartete, setzte zu einem Sprung an und landete hart auf dem Dach der anderen Kabine, rappelte mich wieder auf. Der Abstand zwischen den Tasso-Leuten und mir wurde auf diese Weise jedenfalls nicht noch größer.
"Ich hoffe, ihr findet bald den Sicherungskasten", murmelte ich in das Kragenmikro hinein.
Zwei der Tasso-Leute verschwanden durch eine Öffnung im Dach der Liftkabine. Der Dritte erhob sich, ballerte dabei in meine Richtung. Er benutzte offenbar eine großkalibrige automatische Pistole. Jedenfalls schloss ich das aus den ziemlich großen Löchern, die die Projektile in die Platten der Kabine rissen, auf der ich saß.
Mir war klar, dass ich etwas unternehmen musste.
Schließlich waren die derzeitigen Liftinsassen in extremer Gefahr. Und das konnte ich nicht verantworten. Ich steckte die SIG weg. Die Ballerei brachte ohnehin nichts. Eine Sekunde später sprang ich, fasste eines der Drahtseile, hing daran erst mit einer, dann mit zwei Händen. Das Drahtseil schnitt meine Handflächen. Es tat höllisch weh.
Die Liftkabine schwebte seitlich an mir vorbei. Langsam genug, um mir wenigstens für einige Augenblicke Deckung zu geben.
Der Kerl mit der Großkaliber-Waffe feuerte weiter, hielt dann inne.
Wenn ich Glück hatte, war er ebenfalls im Inneren seiner Kabine verschwunden, sobald meine Deckung weiter emporgeschwebt war.
Wenn ich Pech hatte, wartete er ab, bis ich wieder in sein Schussfeld geriet und er mich in aller Ruhe über den Jordan schicken konnte.
Die Sekunden verrannen.
Einundzwanzig.
Zweiundzwanzig.
Ich biss die Zähne zusammen.
Blut rann mir zwischen den Fingern hindurch.
Die Liftkabine schwebte an mir vorbei.
Maximal noch fünf Sekunden und ich war zum Abschuss freigegeben.
Ich hakte ein Bein um das Stahlseil, versuchte dadurch die Belastung auf die Hände zu verringern.
Sobald die Kabine mir keine Deckung mehr gab, würde ich zur SIG greifen und das Feuer erwidern. Aber erst dann. Denn mit einer Hand am Stahlseil konnte ich mich nur Sekunden halten. Wenn überhaupt.
Sekunden, die vielleicht ausreichten, um dem Kerl da oben einen Schuss zu verpassen, der ihn kampfunfähig machte.
Ich dachte daran, dass diese Leute einen unserer G-men auf dem Gewissen hatten und für die Verletzung eines anderen verantwortlich waren. Die Wut half mir, durchzuhalten.
Die Kabine schwebte empor, meine Deckung war dahin.
Der Kerl, der auf mich geschossen hatte, war jetzt