Vom Geheimnis der schönsten Liebe. Charles H. Spurgeon
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Vom Geheimnis der schönsten Liebe - Charles H. Spurgeon страница 11
Aber dann ist es auch ihr Vertrauen. Die Gemeinde scheint zu sagen: Er wird so bei mir bleiben. Ihr mögt die sichtbare Gemeinschaft mit Christus unterbrechen, aber Christus wird nie von seinem Volk sich zurückziehen, sondern wird ihm zu allen Zeiten treu bleiben. Er mag sein Auge schließen und sein Angesicht vor euch verbergen; aber sein Herz wird nie von euch weichen. Er hat euch wie ein Siegel auf sein Herz gedrückt und wird euch das je länger je mehr zum Bewusstsein bringen.
Gebt euch nicht mit Menschen zufrieden, liebe Freunde; ihr mögt Wünsche haben und nichts weiter. Lasst eure Augen nicht schlafen und eure Augenlider nicht schlummern, bis ihr Christus im einfältigen Glauben als euer Alles in Allem angenommen habt.
Die Rose und die Lilie
„Ich bin die Rose von Saron und die Lilie der Täler.“ Hohelied Salomos 2,1
Es ist unser Herr, der hier spricht: „Ich bin die Rose von Saron.“ Wie kommt es, dass er sich selbst empfiehlt, denn es ist doch ein altes und wahres Wort, dass Eigenlob keine Empfehlung ist? Nur eitle Geschöpfe loben sich selbst, und doch lobt sich Jesus wiederholt. Er sagt: „Ich bin der gute Hirte“ ‒ „Ich bin das Brot des Lebens“ ‒ „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Und so betont er in verschiedenen Reden seine eigenen Vortrefflichkeiten, und Jesus ist doch nicht eitel! Aber ich sagte, dass jedes Geschöpf, das sich selbst lobt, eitel ist, und das ist auch wahr. Wie sollen wir dieses Rätsel lösen? Ist nicht dies die Antwort, dass er überhaupt kein Geschöpf ist und darum nicht unter diese Regel fällt? Das Selbstlob des Geschöpfes ist Eitelkeit, wenn aber der Schöpfer sich lobt, wenn Gott der Herr seine Herrlichkeit offenbart, so ist das sein volles Recht. Regiert Gott nicht beides, die Vorsehung und die Gnade, zur Offenbarung seiner Herrlichkeit, und stimmen wir nicht freudig dem zu, dass nichts anderes des göttlichen Sinnes würdig ist? Weil denn Christus so von sich redet, dass kein Mensch ihn als ehrgeizig bezeichnen kann, so liegt darin ein indirekter Beweis für seine Gottheit, und ich beuge mich vor ihm und preise ihn, dass er mir diesen gelegentlichen Beweis davon gibt, dass er kein Geschöpf, sondern der Unerschaffene ist. Keine Worte kommen passender von seinen Lippen als diese: „Ich bin die Rose von Saron und die Lilie der Täler.“
Wenn der Herr sich selbst lobt, so tut er es ohne Zweifel aus einem vortrefflichen Grund, nämlich dem, dass niemand als er selbst ihn den Menschenkindern offenbaren kann. Keine Lippen können den Herzen die Liebe Christi erzählen, bis Christus selber innerlich spricht. Alle Beschreibungen sind matt und lahm, wenn der Heilige Geist sie nicht mit Kraft und Leben füllt; solange der Immanuel sich nicht dem Innersten des Herzens offenbart, sieht die Seele ihn nicht. Wenn ihr die Sonne sehen möchtet, würdet ihr zu dem Zweck eure Lichter anzünden: Der Weise weiß, dass die Sonne sich selbst offenbaren muss und nur in ihrem eigenen Glanz gesehen werden kann. So ist es mit Christus. Wenn er sich uns nicht offenbart, wie er es der Welt gegenüber nicht tut, können wir ihn nicht sehen. Er muss zu uns sagen: „Ich bin die Rose von Saron“, denn alle Erklärungen der Menschen, dass er die Rose von Saron ist, reichen nicht aus.
Ist es uns allen nicht klar genug, dass Jesus, da er Gott ist, sehr passend sich selber lobt, und dass er sich selbst notwendig empfehlen muss, da wir sonst als schwächliche Geschöpfe überhaupt nie imstande sein würden, seine Schönheit zu bemerken? Wohl dem Menschen, welchem der Herr seine Schönheiten enthüllt. Er ist die Rose, aber es ist nicht allen Menschen gegeben, seinen Duft zu empfinden. Er ist die schönste aller Lilien; aber es gibt nur wenige Augen, die seine unvergleichliche Reinheit angeschaut haben. Er steht vor der Welt da als ohne Gestalt noch Schönheit, als eine Wurzel aus dürrem Erdreich, von den Eitlen verachtet und von den Stolzen verworfen.
Die große Masse dieser kurzsichtigen Welt kann von den unvergleichlichen Herrlichkeiten Immanuels nichts sehen. Nur, wo der Geist das Auge mit Augensalbe berührt, das Herz mit göttlichem Leben belebt und die Seele zu einem himmlischen Geschmack erzogen hat, nur da wird das Liebeswort meines Textes gehört und verstanden: „Ich bin die Rose von Saron und die Lilie der Täler“ ‒ „Euch nun, die ihr glaubt, ist er köstlich.“ „Euch ist er der Eckstein, euch ist er der Fels des Heils, euer Alles in Allem; aber anderen ist er der „Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses, die sich stoßen an dem Wort und glauben nicht daran.“
Ehe wir einen Schritt weiter gehen, sei es unser Gebet, dass unser Erlöser sich nun seinem erwählten Volk offenbaren und es wenigstens mit einem Lichtblick auf seine alles überwindende Anmut beschenken wolle.
I.
Zuerst will ich, wenn der Heilige Geist mir hilft, ein wenig mit euch reden über die Beweggründe unseres Herrn, sich so selbst zu empfehlen.
Ich fasse es so auf, dass er Liebesabsichten in seiner Redeweise hat. Er möchte sein ganzes Volk reich an hohen und glücklichen Gedanken über seine herrliche Person haben. Jesus ist nicht damit zufrieden, dass seine Brüder niedrig von ihm denken; er wollte, dass wir verbunden mit den freudigsten und glücklichsten Gedanken ihm gegenüber auch anbetende Bewunderung für ihn haben. Wir sollen ihn nicht nur als eine bloße Notwendigkeit wie Brot und Wasser ansehen, sondern sollen ihn als eine Delikatesse, als eine seltene und entzückende Wonne betrachten, die etwa mit der Rose und Lilie vergleichbar ist. Ihr bemerkt, dass sich der Herr hier poetisch ausdrückt. „Ich bin die Rose von Saron.“ Dieses Buch des Hohenliedes ist dem geistlichen Sinn Poesie der höchsten Art, und das Erhabene und Schöne ist in der ganzen Heiligen Schrift so sehr zu Hause wie der Adler auf seinem Horst. Sicher nimmt der Herr die Redeform in diesem Hohenlied an, um zu zeigen, dass der höchste Grad poetischer Fähigkeiten ihm geweiht sein sollte und dass erhabene Gedanken und hochstrebende Auffassungen von ihm verbunden sind, ihm zu den Füßen seines Kreuzes zu huldigen. Jesus wollte, dass wir die höchsten Gedanken von ihm hegen sollten, die uns durch die erhabenste Poesie enthüllt werden könnten, und ich will mich bemühen, euch seine Beweggründe zu unterbreiten.
Ohne Zweifel empfiehlt er sich selbst, weil hohe Gedanken von Christus uns in den Stand setzen, in Übereinstimmung mit unseren Beziehungen zu ihm zu handeln. Die gerettete Seele hat sich mit Christus verlobt. Im Eheleben nun fördert es die Glückseligkeit sehr, wenn die Frau eine hohe Meinung von dem Mann hat. In der Verbindung zwischen der Seele und Christus ist dies außerordentlich notwendig. „Er ist dein Herr, und du sollst ihn anbeten.“ „Denn der Mann ist das Haupt der Frau, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, und er ist seines Leibes Heiland.“ Wenn die Frau den Ehemann verachtet und auf ihn herabblickt, dann ist die Ordnung durchbrochen und der Haushalt außer Ordnung, und wenn unsere Seele Christus je verachten sollte, dann kann sie nicht länger in der rechten Beziehung zu ihm stehen; aber je erhabener wir Christus auf dem Thron sehen und je niedriger wir sind, wenn wir uns vor dem Thron beugen, desto wirklicher sind wir bereit, gegenüber dem Herrn Jesus zu handeln, wie es die Gnadenordnung erfordert. Unser Herr wünscht, dass wir hoch von ihm halten, damit ihr euch freudig seiner Autorität unterwerft und euch als die beste Braut diesem besten Mann erweist.
Ferner weiß unser Herr, dass hohe Gedanken von ihm unsere Liebe vermehren. Menschen werden das nicht sehr lieben, was sie nicht hoch schätzen. Lieben und Schätzen gehen miteinander. Es gibt eine Liebe des Mitleids, aber diese wäre in Bezug auf unser erhöhtes Haupt nicht am Platz. Wenn wir ihn überhaupt lieben, muss es die Liebe der Bewunderung sein, und je höher diese Bewunderung steigt, desto inniger wird unsere Liebe entflammen. Meine Brüder und Schwestern, ich bitte euch, denkt viel über eures Meisters Vortrefflichkeiten nach! Studiert ihn in seiner ursprünglichen Herrlichkeit, ehe er eure Natur an sich nahm! Denkt an die mächtige Liebe, die ihn von seinem Thronhimmel herabzog um am Kreuz der Schmach zu sterben!