Gesicht der Angst. Блейк Пирс
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„Gut. Spüren sie die Wärme der Sonne auf ihrem Gesicht und ihren Schultern. Es ist ein schöner Tag. Nur eine leichte Brise, genau die Art von Wetter, die sie sich wünschen würden. Sie sitzen in einem kleinen aufblasbaren Boot, direkt vor der Küste. Können sie spüren, wie es sanft im Meer schaukelt. Es ist so friedlich und ruhig. Ist die Sonne nicht wunderbar?“
Normalerweise hätte Zoe über so etwas gelacht, aber sie tat, was ihr gesagt wurde, und fast konnte sie es sogar spüren. Echte Sonne, die ihr ins Gesicht schien. Nicht zu aggressiv: Die Art von Sonne, die einen glauben ließ, man würde braun werden und nicht die, von der man Hautkrebs bekam.
Hautkrebs. Sie hätte nicht an Hautkrebs denken sollen. Konzentriere dich, Zoe. Schaukel in der Strömung.
„Schauen sie mal zur Seite. Sie können die Insel hinter ihnen sehen. Den Strand, von dem sie gerade kommen, und dahinter den Rest des Paradieses. Was sehen sie?“
Zoe wusste genau, was sie sah, als sie dorthin schaute: ein weiteres Bild aus einer Reisereklame. Einen Ort, den sie schon immer hatte sehen wollen. In der Reklame wurde es als Flitterwochenziel beworben, aber sie war damals Single gewesen, und hatte sich dadurch nur noch einsamer gefühlt.
„Goldener Sand“, sagte sie, der Klang ihrer eigenen Stimme war seltsam weit entfernt und ungewohnt.
„Dann üppiges Gestrüpp. Dahinter ragen tropische Bäume bis in den Himmel, drei Meter und höher. Die Sonne fällt in einem harten Winkel, die Schatten sind nur einen halben Meter lang. Ich kann nicht über sie hinaussehen. Ein Baum lehnt in einem fünfundvierzig Grad Winkel über dem Wasser, darunter ist eine zwei Meter lange Hängematte gespannt. Sie ist leer.“
„Versuchen sie, sich mehr auf die Szene als auf die Zahlen zu konzentrieren. Jetzt hören sie genau hin. Hören sie, wie die Wellen sanft in den Sand schlagen? Können sie die Vögel hören?“
Zoe atmete tief ein und ließ die neuen Empfindungen über sich ergehen. „Ja“, sagte sie. „Es sind, glaube ich Papageien. Die Wellen kommen in Abständen von drei Sekunden. Die Vögel rufen alle fünf Sekunden.“
„Spüren sie die warme Sonne auf ihrem Gesicht. Sie können ihre Augen schließen und aufhören zu zählen. Sie sind hier sicher.“
Zoe atmete und beobachtete die Insel, noch immer in Gedanken. Ihre Augen wanderten weiter zur Hängematte. Für wen die wohl war? Für sich selbst, oder würde sich ihr eines Tages jemand anschließen? John? Wollte sie ihn dort haben, auf ihrer persönlichen Insel? Die Größe wäre gut für einen Mann. Sie selbst war nur 1,70 m groß. Die Hängematte hing sechzig Zentimeter über dem Wasser.
„Das ist großartig, Zoe. Jetzt möchte ich, dass sie sich wieder auf Ihre Atmung konzentrieren. Zählen sie von zehn abwärts, genau wie vorher, aber in umgekehrter Reihenfolge. Dabei möchte ich, dass sie langsam von ihrer Insel zurückkommen. Lassen sie sie langsam verschwinden und wachen sie nach und nach wieder auf. Langsam. So ist es gut.“
Zoe öffnete die Augen, ein wenig verlegen, wie viel ruhiger sie sich fühlte. Jetzt erst wurde ihr bewusst, wie seltsam es schien, auf einer kleinen Insel in ihrem Kopf zu sein, während ihre Therapeutin ihr dabei zusah, wie sie einfach nur in einem Sessel saß.
„Das haben sie wirklich gut gemacht.“ Dr. Monk lächelte. „Wie fühlen sie sich jetzt?“
Zoe nickte. „Ruhiger.“ Trotzdem empfand sie Zweifel. Die Zahlen waren da gewesen. Sie waren ihr gefolgt, sogar in diesen Raum. Was wäre, wenn sie sie nie wieder loswürde?
„Es ist ein guter Anfang. Es wird immer beruhigender, je öfter sie die Übung machen. Das ist eine großartige Sache, denn es kann ein ruhiger Ort sein, an den man immer dann zurückkehrt, wenn man sich gestresst oder überfordert fühlt.“ Dr. Monk strich ein paar Notizen aus ihrem Buch, wobei ihr Stift schnelle und krakelige Linien zog, die Zoe nicht erraten konnte.
„Was, wenn ich die Zahlen schneller aus meinem Kopf bekommen muss? Zum Beispiel in einer Notsituation?“, fragte Zoe. „Oder wenn ich der anderen Person nicht sagen kann, warum ich mich beruhigen muss?“
Dr. Monk nickte. „Versuchen sie einfach, ihre Atemzüge zu zählen, so wie sie es getan haben, um in die Meditation einzutreten. Wir müssen das in einem realen Szenario ausprobieren, aber ich glaube, dass das Zählen einer Sache, in diesem Fall ihres Atems, es ihnen erlauben könnte, die Zahlen an anderer Stelle nicht mehr zu sehen. Es ist eine Ablenkungstaktik, die Zahlenseite Ihres Gehirns beschäftigt zu halten, während sie sich auf etwas anderes konzentrieren.“
Zoe nickte und versuchte, diesen Gedanken festzuhalten. „Okay.“
„Jetzt dazu, Zoe, dass sie den Menschen nicht erklären wollen, warum sie die Zahlen ausblenden müssen, oder die Tatsache, dass sie sie überhaupt sehen können. Warum sind sie immer noch entschlossen, dieses Geschenk zu verstecken?“, fragte Dr. Monk und neigte den Kopf so, dass Zoe erkannte, dass dies einen Kurswechsel bedeutete.
Sie bemühte sich, eine passende Antwort zu finden. Wobei, eigentlich musste sie nicht wirklich suchen: Sie kannte den Grund. Es gab eine Angst, die sie seit ihrer Kindheit verfolgte, verstärkt durch die geschrienen Wörter „Teufelskind“ und die erzwungenen Gebetssitzungen, die sie die ganze Nacht auf den Knien hielten und ihr wünschten, dass die Zahlen verschwinden würden. Es war einfach schwer, das laut auszusprechen.
„Ich will einfach nicht, dass die Leute es wissen“, sagte sie und zupfte einen imaginären Fussel von ihrer Hose.
„Aber warum ist das so, Zoe?“, bohrte Dr. Monk weiter. „Sie haben da eine wunderbare Fähigkeit. Warum wollen sie sie nicht mit anderen teilen?“
Zoe kämpfte. „Ich … möchte nicht, dass sie anders über mich denken.“
„Haben sie Angst, dass ihre Kollegen sie anders wahrnehmen, als sie es jetzt tun?“
„Ja. Vielleicht …“ Zoe zögerte und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht würden sie versuchen, es gegen mich zu benutzen. Es auf irgendeine Weise auszunutzen. Ich möchte keine Marionette sein, die von jemand anderem benutzt wird. Oder das Opfer von Streichen. Oder eine Art Theaterstück, das Leute testen können.“
Dr. Monk nickte. „Das verstehe ich. Sind sie sicher, dass das alles ist, wovor sie Angst haben?“
Zoe kannte die Antwort. Sie flüsterte sie sogar in ihren Kopf. Ich habe Angst, dass sie alle wissen werden – dass sie sehen werden, dass ich nicht normal bin. Ich gehöre nicht zu ihnen. Ich bin eine Laune der Natur. Ich habe Angst, dass sie mich dafür hassen werden. „Ja, ich bin mir sicher“, sagte sie dann laut.
Dr. Monk musterte sie einen Moment lang, und Zoe war sich sicher, dass ihr Spiel jetzt vorbei war. Dr. Monk war Therapeutin – natürlich konnte sie erkennen, wenn jemand sie anlog. Sie würde immer weiter bohren und Zoe dazu bringen, die geheime Angst auszusprechen, die sie so lange Zeit tief in sich vergraben hatte.
Aber sie schloss nur ihr Notizbuch und legte es vorsichtig auf ihren Schreibtisch, wobei sie ein strahlendes Lächeln aufsetzte. „Wir haben heute fantastische Fortschritte gemacht, Zoe. Wir sind am Ende unserer Sitzung, also bitte denken sie daran, die Meditation in ihre abendlichen Gewohnheiten einzubauen, und versuchen sie, daran festzuhalten. Ich würde gerne hören, ob sie Fortschritte gemacht haben, wenn wir uns das nächste Mal treffen.“
Zoe stand auf, bedankte sich und ging mit dem Gefühl, dass die Zeit sie noch einmal gerettet hatte.
Dann hörte