Steirertanz. Claudia Rossbacher
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»Die Obduktion wird zumindest klären, ob die Frau gelebt hat, als das Feuer ausgebrochen ist«, sagte Bergmann. »Oder ob ihre Leiche verbrannt wurde. Damit wären wir dann schon etwas schlauer.« Er trat von einem Bein auf das andere, um sich warm zu halten, was ihm auf Dauer kaum gelingen würde.
Sandra machte momentan weniger die Kälte als ihre Übelkeit zu schaffen.
»Wie gesagt, der Täter ist planvoll vorgegangen«, fuhr der Brandexperte fort. »Brandbeschleuniger und Zündquellen waren optimal positioniert. Die Fensterscheiben in den Veranden müssen zuerst geborsten sein. Durch den Sauerstoff, der in der Folge in das Haus gesogen wurde, hatten die Flammen leichtes Spiel. Das Feuer konnte sich zügig über die Dachbalken und Sparren ausbreiten, bis das Dach einstürzte.
Auch die Garage und das darin abgestellte Fahrzeug wurden erfasst. Wir haben einen ausgebrannten Kastenwagen sichergestellt und nach Graz abgeschleppt, um ihn dort nach Spuren zu untersuchen. Es handelt sich dabei um ein französisches beziehungsweise italienisches Modell aus demselben Autokonzern.«
»Wie lange hat es vom Entzünden des Feuers bis zum Eintreffen der Feuerwehr ungefähr gedauert?«, erkundigte sich Bergmann.
»Schwer zu sagen. Ich schätze, zwischen ein und zwei Stunden. Kommt auf das Baumaterial des Hauses und die Einrichtung an.«
»Und wo wurde die Leiche aufgefunden?«, wollte Bergmann wissen.
»In ihrem Bett. Oder was davon noch übrig war, nachdem es verbrannte. Wir haben Metallstücke sichergestellt, bei denen es sich um die Reste von Taschenfedern handeln dürfte, wie sie in Matratzen verwendet werden. Einige haben sich regelrecht in die Leiche eingebrannt.«
»Wo war denn das Schlafzimmer?«, hakte Bergmann nach.
»Im Obergeschoß.« Der Kollege zeigte auf die entsprechende Stelle am Grundrissplan. »Laut Hausbesitzerin haben sich dort drei weitere Schlafzimmer und zwei Bäder befunden.«
»Laut Hausbesitzerin?«, wunderte sich Bergmann. »Die ist doch verbrannt, dachte ich.« Er wandte sich erstmals an die Landpolizisten.
»Oane von zwoa«, erklärte der Uniformierte.
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Bergmann den älteren kleineren Mann von oben herab an. »Wie meinen?«
»Eine von zwei«, übersetzte seine etwas jüngere ranghöhere Kollegin, die ihn auch mit ihrer Körpergröße überragte. »Es haben zwei Schwestern in dem Haus gewohnt. Lex Lilli und Lex Luise.«
»Unter uns Dosign hoaßen s’ Liesl und Loisl«, erläuterte der Polizist.
»Und welche von beiden ist verstorben?«
»Die Loisl.«
»Luise Lex. Lilli Lex war nicht daheim, als es gebrannt hat«, erläuterte die Kollegin.
»Aha, die Dame hat demnach woanders genächtigt?«, fragte Bergmann.
»Nein, sie war in der Arbeit, als ich sie von dem Brand verständigt hab’«, berichtete die Landpolizistin weiter.
»Und wer hat den Brand gemeldet?«
»Der Gaiswinkler Werner von der Sonnseit’n.« Der Polizist streckte seinen Arm aus, um über die Brandruine und den Grundlsee hinweg zu den Lichtern in der Ferne zu zeigen. »Er schöpft in der Bäckerei in Aussee.«
Laut Lubensky war der Brand zu nachtschlafender Zeit gegen viertel vier über den Notruf gemeldet worden, rief sich Sandra in Erinnerung. Bäcker standen wohl auch samstags früh auf. Aber was hatte die überlebende Schwester mitten in der Nacht zu tun gehabt? War sie Frühaufsteherin, arbeitete in der Nachtschicht oder litt sie unter Schlafstörungen, überlegte sie.
»Was arbeitet die Dame denn nachts?«, sprach Bergmann ihre nicht gestellte Frage aus.
»Schneiderin«, antwortete der Landpolizist.
»Den Lex-Schwestern gehört die G’wandschneiderei in Aussee«, sagte seine Kollegin.
»Eine Schneiderwerkstatt?«, fragte Sandra nach.
»Und ein Trachtengeschäft.« Die Polizistin schien sich über ihre Frage zu wundern, als wäre die G’wandschneiderei über die Grenzen des Ausseerlandes hinweg weltberühmt.
»Die eine Chefin hat also geschlafen oder war bereits tot, als der Brand ausgebrochen ist, während die andere nachts in der Schneiderei gearbeitet hat«, fasste Bergmann zusammen.
Die Provinzpolizistin bestätigte das.
»Hat es in letzter Zeit Fälle von Brandstiftung bei euch oder auch in der näheren Umgebung gegeben?«, erkundigte sich Bergmann als Nächstes. Seine Hände waren tief in den Jackentaschen vergraben. Aus einer ragte zudem seine Taschenlampe.
»Die letzten Brandfälle hat’s gehäuft in Bad Mitterndorf gegeben«, erwiderte die Polizistin. »Im Frühjahr ist dort ein Hof samt Wohnhaus, Stallgebäude und Garagen ebenfalls in den frühen Morgenstunden abgebrannt. Am Grundlsee wüsste ich nicht.«
Der Kollege gab ihr recht.
»Konnte der Brandstifter von Bad Mitterndorf ausgeforscht werden?«
»Er verbüßt zurzeit eine Haftstrafe.«
»Und wie sieht es mit anderen Brandstiftern beziehungsweise Pyromanen aus? Wurde vielleicht kürzlich jemand aus der Haft entlassen?«
Den Landpolizisten war kein weiterer Fall aus der jüngeren Vergangenheit bekannt.
Bergmann zog seine Hand samt der Taschenlampe aus der Jackentasche, um damit die Umgebung auszuleuchten. Außer ein paar kahlen Büschen und Bäumen war nichts zu erkennen. »Hätte der Brand nicht schon früher entdeckt werden müssen?«, überlegte er laut, den Blick auf die Lichter am gegenüberliegenden Ufer gerichtet. »So eine gewaltige Feuersbrunst fällt doch auf. Überhaupt in der Dunkelheit.«
»Sollte man meinen«, stimmte ihm der Brandexperte zu.
»Jo mei, am Land gehen die Leute früher liegen«, meinte der Polizist.
»Weder diese Ecke des Grundlsees noch das Ufer direkt gegenüber sind stark besiedelt«, ergänzte seine Kollegin.
Sandra blickte in der Dunkelheit um sich. So abgeschieden dieser Ort auch lag, dass der Feuerschein in der Nacht nicht schon früher jemandem aufgefallen war, verwunderte auch sie. Vereinzelte Spätheimkehrer gab es doch immer. Noch dazu, wo gerade Weihnachtsferien waren. Oder Frühaufsteher beziehungsweise Leute, die nicht schlafen konnten. Möglicherweise hatte den Leuten die Silvesternacht so sehr zugesetzt, dass sie die folgende Nacht verschliefen. Bis auf den Bäcker, der aufstehen musste.
»Hier sagen sich vermutlich nicht einmal Fuchs und Hase Gute Nacht.« Bergmann sah sich ebenfalls um.
Die beiden Uniformierten warfen einander Blicke zu.
Wieder zwei Kollegen in der Provinz, bei dem sich der Chefinspektor als arroganter LKA-Ermittler aus der Landeshauptstadt unbeliebt machte, dachte Sandra.