Steirertanz. Claudia Rossbacher

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Steirertanz - Claudia Rossbacher

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Lied, das er vermutlich aus dem Film Im weißen Rössl kannte. Die gleichnamige Operette von Ralph Benatzky hatte er wohl kaum gesehen, vermutete Sandra. Zumindest nicht freiwillig. So gut kannte sie den Chefinspektor allemal.

      Die beiden Landpolizisten ersparten sich eine Antwort. Aus ihren Gesichtern ließ sich dennoch einiges ablesen. Nur nichts Gutes. Wenngleich die Ausseer an Kummer mit Fremden gewöhnt waren. Ob es sich nun um Touristen oder Zweitwohnsitzer handelte, von denen die meisten aus Wien stammten.

      »Wenn du es lustig haben möchtest, musst du im Fasching wiederkommen«, meinte Sandra versöhnlich. »Der Ausseer Fasching ist sogar als immaterielles Kulturerbe ins Österreichische UNESCO-Verzeichnis eingetragen.« Dass in der fünften Jahreszeit drei Tage lang Ausnahmezustand im Ausseerland herrschte, war weit über die Grenzen der Region bekannt. Dann zogen die Maschkera – die Maskierten – durch die Straßen: die Trommelweiber in ihren Frauenmasken und weißen Gewändern, die farbenfroh glitzernden Flinserl und die Fetzen schwingenden Pless, die von den Kindern mit Schneebällen beworfen wurden, um den Winter symbolisch zu vertreiben. Allerorts wurde nach altem Brauchtum ausgelassen gefeiert.

      »Bis zum Fasching wollte ich eigentlich nicht hierbleiben«, entgegnete Bergmann. »Eine Nacht sollte uns fürs Erste reichen.«

      Allein für sein anzügliches Grinsen wäre ihm Sandra am liebsten an die Gurgel gesprungen. Vor den Kollegen schluckte sie ihre Antwort jedoch hinunter.

      »Entschuldige, Sascha«, meldete sich der Brandexperte zu Wort. »Brauchst du uns hier noch? Wir würden sonst nach Graz aufbrechen.«

      »Fahrt ruhig. Wir sehen uns beim Team-Meeting am Montag«, entließ er die Kollegen.

      »Um welche Uhrzeit?«

      »Miriam schickt den Termin rechtzeitig aus«, versprach Bergmann. »Ich hoffe zumindest, dass wir nur eine Nacht hier verbringen müssen.«

      Das hoffte Sandra auch. Wenngleich noch nicht abzusehen war, wohin die Ermittlungen in den nächsten Stunden führen würden.

      »Habt ihr ein Zimmer für uns organisiert?«, erkundigte sich der Chefinspektor bei den Landpolizisten.

      »Zwei Zimmer«, zischte Sandra.

      »Wir haben eine Ferienwohnung mit zwei Schlafzimmern für euch reserviert«, antwortete die Kollegin. »Was anderes war nimmer zu bekommen. Sind ja noch Ferien.«

      Sandra bedankte sich einigermaßen erleichtert. Solange es eine Schlafzimmertür gab, die sie von Bergmann trennte, war ihr alles recht.

      »Die Wohnung ist etwa fünf Minuten von hier entfernt und recht gemütlich«, versicherte ihr die Kollegin. »Es gibt sogar eine Sauna im Badezimmer, in der ihr euch aufwärmen könnts.«

      Die Miene des Chefinspektors hellte sich augenblicklich auf.

      Höchstwahrscheinlich dachte er an die Therme Loipersdorf, wo sie sich einmal unbeabsichtigt in der Sauna begegnet waren. Bergmann hatte ihr seinen Familienschmuck dermaßen breitbeinig präsentiert, dass Sandra dieses Bild bestimmt nie wieder aus ihrem Kopf bekommen würde. Auch jetzt wich sie seinem Blick aus und nahm den Wohnungsschlüssel entgegen, den ihr die Polizistin überreichte.

      »Die Adresse und die Apartmentnummer stehen auf dem Schlüsselanhänger.«

      Wie praktisch, dachte Sandra und steckte den Schlüssel ein. Wenn er in die falschen Hände geriet, wusste der potenzielle Einbrecher wenigstens gleich, wohin er fahren musste, um die Gästewohnung zu plündern.

      »Ihr müsst’s nur dem Wegweiser zum Biobauernhof …«, setzte die Polizistin zu einer Erklärung an, als Bergmann ihr ins Wort fiel.

      »Wie bitte?« Das Grinsen war ihm schlagartig vergangen. »Ein Bauernhof?«, fragte er entsetzt.

      Alle Blicke richteten sich auf ihn.

      Jetzt grinste Sandra in sich hinein. Mit Bauernhöfen hatte der Chefinspektor wahrlich nichts am Hut, wusste sie. Erst recht nicht, wenn dort Tiere gehalten wurden, die auch nach Tieren rochen. Schon einmal hatten sie in einer bäuerlichen Notunterkunft übernachten müssen, als sie während der Alpinen Ski-WM in Schladming in einem Mordfall ermittelt hatten und in der restlos ausgebuchten WM-Stadt kein Quartier mehr aufzutreiben gewesen war. Zwar herrschte in den Weihnachtsferien auch im Ausseerland Hochbetrieb, jedoch waren die Gästezahlen nicht mit jenen von Schladming zu vergleichen, das Wintersportler und Skifans in Massen anzog. Vor allem zum Nightrace, wenn bis zu 45.000 Zuschauer den Nachtslalom auf der Planai live verfolgten.

      »Ich übernachte ganz bestimmt nicht auf einem Bauernhof«, stellte Bergmann klar.

      »Aber wieso?«, fragte die Polizistin irritiert. »Ihr müsst’s am Biohof doch nur vorbeifahren. Und gleich nach der nächsten Kurve rechts zum Apartmenthaus abbiegen«, erläuterte sie.

      »Ach so …« Bergmann blies erleichtert Luft aus, die erneut vor seinem Gesicht verdampfte. »Dann ist es ja gut.«

      »Nimmer lang«, meldete sich der Landpolizist zu Wort.

      Bergmann sah ihn fragend an.

      »Das Apartmenthaus und das gesamte Grundstück dahinter wurden an eine Immobiliengesellschaft verkauft«, erklärte die Kollegin. »Anfang Februar wird das Haus abgerissen. Es soll dort ein luxuriöses Feriendorf mit 30 Chalets im Ausseerstil errichtet werden, das bis hierher zum Lex-Grundstück reicht.«

      »Schad’ um die Gegend«, meinte der Kollege.

      »Wieso schade? Wäre es nicht wünschenswert, wenn hier etwas mehr Leben einkehrt?«, fragte Bergmann. »Gegen höhere Tourismuseinnahmen habt ihr doch bestimmt auch nichts einzuwenden?«

      »Wir Ausseer bleiben aber lieber unter uns«, erklärte ihm der Provinzpolizist, was wahrlich kein Geheimnis war. Da er auf zahlende Gäste nicht angewiesen war, sondern auf ein sicheres Einkommen aus Steuergeldern vertrauen durfte, traf das auf ihn wohl ganz besonders zu.

      Prompt fiel Sandra der Brief wieder ein, den die Bürgermeister der Ausseerland-Gemeinden während des ersten Corona-Lockdowns an die Landesregierung geschrieben hatten, um ein Betretungsverbot für Zweitwohnungsbesitzer zu erwirken, obwohl ein solches in Österreich nicht vorgesehen war. Ausgerechnet vor der Osterwoche hatte dieses Ansinnen gehörig Staub aufgewirbelt und der Region keine Sympathien beschert.

      »Nicht, dass ihr glaubt’s, wir sind fremdenfeindlich«, sprang die Polizistin in die Bresche.

      »Großkopferte Weana Bazi und Zwoaheimische, die net ›griaß di‹, ›pfiat di‹, ›Danke‹ und ›Bitte‹ sog’n kennan, gibt’s bei uns scho’ gnua.«

      Das traf in allen Punkten auf den Chefinspektor zu.

      »Zweiheimische?«, wiederholte er.

      »Zweitwohnsitzer, die nur wenige Wochen im Jahr in ihren Häusern und Wohnungen leben«, erklärte ihm die Polizistin. »Die meisten kommen aus Wien.«

      »Wir leben und wir sterben von denen«, meinte der Kollege.

      »In der Gemeinde Grundlsee dürfen schon lange keine Zweitwohnsitze mehr errichtet oder verkauft werden«, erklärte die Polizistin. »Deswegen schmeißen sich die Immobilienentwickler zunehmend auf Tourismusprojekte.«

      »Und die Gemeinde unterstützt sie«, erklärte

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