Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Das sind der Peter Reinicke und der Martin«, stellte der Bergpfarrer Vater und Sohn vor. »Die Alexandra kennst’ ja sicher noch.«
Der Senner blickte die junge Anwältin an.
»Freilich erinn’re ich mich«, nickte er und stockte. »Dann hab’ ich da eben wohl was Falsches gesagt, mit der Familie… Tut mir leid.«
»Schon gut«, lächelte Alexandra. »Wie geht’s dir, Franz?«
Der Alte duzte jeden Gast, der heraufkam – außer Pfarrer Trenker – und erwartete es von ihnen nicht anders.
»Unkraut vergeht net«, schmunzelte er.
Er hatte auch Peter und Martin mit Handschlag begrüßt und strich dem Bub über den Kopf.
»Na, war der Aufstieg anstrengend?«
»Gar net«, erwiderte Martin. »Aber jetzt hab’ ich Durst.«
»Dann schaut’s nur, daß ihr einen Platz auf der Terrasse findet«, meinte Franz. »Ich bring’ gleich einen Krug Milch.«
»Was gibt’s denn Gutes zu essen?« fragte Sebastian.
Geschnetzeltes hatte der Senner vorbereitet, außerdem seinen beliebten Eintopf aus Rindfleisch, Gemüse und Graupen, und dann die unvermeidlichen Käsespätzle, deren Ruf beinahe genauso legendär war, wie der des Käses, den der Alte herstellte.
Auf der Terrasse hatten sie sich auf einer Bank niedergelassen. Hier oben war es noch wärmer als drunten im Tal. Die Jacken hatten sie schon während der Wanderung ausgezogen. Franz brachte die Milch, die herrlich kühl war und erfrischend durch ihre Kehlen rann.
Als dann das Essen serviert wurde, staunten Martin und Peter über Franz’ Kochkunst. Alexandra, die schon öfter hier oben gewesen war, wußte indes, daß die Mahlzeiten auf der Hütte nicht nur reichhaltig, sondern auch äußerst wohlschmeckend waren.
Um von allem etwas probieren zu können, hatten sie von jedem Gericht eine Portion genommen, die sie sich teilten, und besonders der Bub entwickelte einen enormen Appetit.
»Das kommt vom Aufstieg und der guten Luft«, schmunzelte Sebastian.
Nachdem die meisten der anderen Gäste gegangen waren, setzte sich Franz zu ihnen. Er war neugierig, zu erfahren, was es im Dorf Neues gab. Zwar hörte er hin und wieder etwas von den Leuten, die heraufkamen, oder von den Bauern, wenn sie ihre fertigen Käse abholten. Aber für den Senner war Hochwürden die einzig verläßliche Informationsquelle.
»Papa, kommst du mit zu den Tieren?« fragte Martin.
Peter nickte.
»Ja, ich glaube, es tut mir auch ganz gut, wenn ich mir ein bissel die Beine vertrete.«
»Und ich muß nach dem Abwasch schauen«, meinte Franz.
So saßen Alexandra und Sebastian bald alleine auf der Terrasse. Der Geistliche schaute zur Wiese hinüber, wo Martin einen der Hunde streichelte, während sein Vater ein Foto davon machte.
»Nette Urlaubsbekanntschaft haben S’ da gemacht«, meinte der Bergpfarrer.
Die Anwältin folgte seinem Blick.
»Ja, vielleicht sogar zu meinem Glück«, antwortete sie nachdenklich. »Ich gebe zu, daß die beiden mich davon abhalten, an Adrian zu denken.«
Sebastian sah sie an.
»Ich hab’ euch beobachtet«, sagte er. »Sie haben ein Händchen und Gefühl für Kinder. Der Martin schaut immer ganz selig, wenn er mit Ihnen zusammen ist.«
Sie lächelte.
»Ich mag ihn sehr.«
»Und…?«
Verständnislos blickte sie ihn an.
»Und was?«
»Peter – mögen Sie ihn auch?«
Alexandra schwieg einen Moment, bevor sie antwortete.
»Ja«, nickte sie dann, »ich mag Peter Reinicke auch. Vielleicht… unter and’ren Umständen…«
»Was hindert Sie?«
Sie zuckte die Schultern.
»Ich… ich weiß net…«
»Ist es wegen Adrian?«, forschte der Bergpfarrer nach. »Lieben Sie ihn vielleicht immer noch?«
Sogleich schüttelte sie vehement den Kopf.
»Nein, Hochwürden«, sagte sie bestimmt, »ganz gewiß net. Was er mir angetan hat, werd’ ich ihm gewiß net verzeihen. Es hat einmal eine Zeit gegeben, da mußte er nur mit dem Finger schnippen und ich kam wieder angekrochen, wie ein Hund. Aber diese Zeit ist vorbei. Adrian hat keinen Einfluß mehr auf mich – höchstens den, daß sein Betrug mich davon abhält, mich wieder zu verlieben.«
»Um Himmels willen!« rief Sebastian erschrocken. »Gerade das darf net geschehen, Alexandra. Sie dürfen sich jetzt net in ein Schneckenhaus verkriechen. Liebe zwischen zwei Menschen ist etwas Wunderbares, dem dürfen S’ sich net für alle Zeit versagen.«
Sie atmete schwer, kämpfte mit den Tränen.
»Schauen Sie«, fuhr der Geistliche fort, »ich kenn’ den Peter ja erst seit gestern. Aber ich halt’ ihn für einen ehrlichen Menschen. So rührend, wie er sich um seinen Sohn kümmert, zeigt doch, daß er für den Martin auf vieles verzichtet. Selbst auf eine Frau. Und der Bub, er hat Sie in sein Herz geschlossen. Gewiß, es ist net leicht für eine Frau, einen Mann zu heiraten, der ein Kind mitbringt. Daran sind schon viele Beziehungen gescheitert. Aber ich spür’ doch, daß Sie den Martin genausogern’ haben, und ich weiß, daß Sie ihm eine gute Mutter sein würden. Setzen S’ net Ihr Glück aufs Spiel, weil sie glauben, vom Leben enttäuscht zu sein. Sie haben eine Enttäuschung erlitten, gewiß, aber das ist auch anderen passiert, die net gleich resigniert haben. Glauben S’ mir, Alexandra, ich besitz’ genug Menschenkenntnis, um Ihnen versichern zu können, daß Ihnen das, was Adrian Ihnen angetan hat, mit Peter Reinicke gewiß net widerfahren wird.«
»Vielleicht haben Sie recht, Hochwürden«, antwortete sie leise. »Aber verstehen S’ mich auch. Es ist noch zu früh, als daß ich mich von einer Beziehung in die and’re stürzen könnt’.«
»Natürlich ist es das. Aber wenn Ihnen etwas an den beiden da drüben liegt, dann geben S’ dem Peter ein Zeichen. Er liebt sie, und ich weiß, daß er warten wird.«
Vater und Sohn kamen wieder zurück. Franz Thurecker hatte inzwischen den Abwasch gemacht und brachte Kaffee, für Martin ein Glas Milch.
»Hast’ nachher Lust, mir beim Käsen zuzuschauen?« fragte der Senner den Bub.
»Ja, sehr gern.«
»Dann geh’n wir gleich mal hinüber, wenn wir ausgetrunken haben«, sagte Franz. »Und was zum Naschen