Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Читать онлайн книгу Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman - Toni Waidacher страница 14
Als sie aus ihrem Zimmer gingen und um die Ecke bogen, kam Alexandra die Treppe hinunter. Genau wie Vater und Sohn trug sie Wanderkleidung, den Hut gegen die Sonne hatte sie noch in der Hand.
»Guten Morgen«, begrüßte die Anwältin sie.
Sie strich Martin über den Kopf.
»Ausgeschlafen?«
Er nickte.
»Na ja«, meinte Peter lächelnd, »das Aufstehen war net ganz einfach…«
Im Frühstücksraum hatte Ria Stubler ihnen belegte Brote, Kaffee und Kakao bereitgestellt. Sie setzten sich schnell und nahmen die kleine Mahlzeit ein. Es war noch still im Haus. Von den anderen Gästen schien niemand für den heutigen Tag eine Bergtour geplant zu haben.
»Und was macht Biene?« erkundigte sich die Anwältin.
»Die hat’s gut, die schläft noch«, erwiderte Martin und unterdrückte ein Gähnen.
»Dafür, daß wir so früh aufgestanden sind, werden wir einen schönen Tag haben«, versprach Alexandra. »Du wirst staunen, was es alles zu sehen gibt!«
Sie sah Peter an.
»Nix vergessen? Vor allem nicht den Fotoapparat?«
»Na, das fehlte noch!« lächelte er und hielt die Kamera hoch.
Schon gestern hatte er am See viele Fotos gemacht und natürlich nicht nur seinen Sohn abgelichtet…
Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, war es Zeit, hinauszugehen. Sie traten gerade aus der Tür, als Pfarrer Trenker die Straße überquerte.
»Da seid ihr ja«, begrüßte er sie und reichte Peter einen von zwei Rucksäcken, die er mit sich trug. »Dann kann es ja gleich losgehen.«
Sie marschierten zum Dorf hinaus, in dem die anderen Bewohner noch im tiefen Schlaf lagen. Die Sonne schickte sich gerade erst an, über den Horizont zu kriechen, und die Landschaft war noch in ein milchiges Grau getaucht, als der Nebel aufstieg.
Sie erreichten ein kleines Wäldchen, dessen Name dem Bub Furcht einflößte.
»Brauchst keine Angst haben«, sagte Sebastian zu Martin, der neben ihm ging, »der Name hört sich schlimmer an, als es hier ist.«
Langsam führte der Weg bergan. Sie schritten eher langsam aus, damit der Bub nicht so schnell ermüdete. Der Bergpfarrer hatte sich vorgenommen, den längeren Weg zur Kandereralm zu vermeiden. Mit Martin würde es ohnehin länger dauern, bis sie die Hütte erreichten.
Hin und wieder blieben sie stehen, und Sebastian machte seine Begleiter auf Besonderheiten aufmerksam, an denen andere wohl eher achtlos vorübergegangen wären. Es war faszinierend, ihm zuzuhören, wenn er über die Pflanzen und Tiere sprach.
»Schau, da oben«, sagte er zu Martin und deutete zu einer Bergkuppe auf der anderen Seite. »Weißt’, was das für ein Tier ist?«
»Eine Gams, Hochwürden«, erwiderte der Bub.
»Genau, das hast’ sehr gut erkannt«, lobte der Pfarrer ihn. »Und im übrigen kannst’ ruhig Sebastian zu mir sagen.«
Peter Reinicke lächelte. Schon gestern war Pfarrer Trenker ihm auf Anhieb sympathisch gewesen, und als er nun sah, wie freundlich der Geistliche mit Martin umging, da war er überzeugt, daß Hochwürden bestimmt auch einen sehr guten Lehrer abgegeben hätte.
Alexandra ging neben ihm.
»Schön, net?« fragte sie.
Er lächelte und nickte.
»Wunderschön.«
»Wir kommen jetzt zur Hohen Riest«, erklärte Sebastian. »Diesen Wald zu durchqueren war früher wirklich ein Wagnis. Da hat’s hier nämlich wirklich Räuberbanden und Schmuggler gegeben. Aber ihr braucht keine Angst mehr zu haben; das ist längst Geschichte.«
Nachdem sie die ersten Almwiesen erreicht hatten, war die Sonne aufgegangen, und das taunasse Gras dampfte unter den wärmenden Strahlen. Von hier aus zweigten die Wege zu den verschiedenen Berghütten ab. Der Geistliche nahm heute nicht den gewohnten Weg, sondern einen, der über die Nonnenhöhe und den Geißenkamm führte. Dadurch sparten sie ein paar Kilometer, und das war in den Bergen schon eine ganze Menge.
Nachdem sie zwei Stunden unterwegs waren, machten sie Halt. An einem Hang breiteten sie ihre Jacken aus und benutzten sie als Unterlage beim Sitzen. Dann öffnete Sebastian seinen Rucksack und packte das Frühstück aus.
»So, Martin«, sagte er und reichte dem Bub eine Thermoskanne, »das hat die Frau Tappert für dich mitgegeben. Vorsicht, es ist heiß!«
Während die Erwachsenen Kaffee und Tee tranken, genoß Martin den Kakao, den die Haushälterin für ihn gekocht hatte. Die Getränke dampften in den Bechern, und die Brote waren mit Bergkäse, Dauerwurst oder Schinken belegt.
»Jetzt hat man aber auch richtig Appetit«, sagte Peter Reinicke und nahm sich ein zweites Brot.
»Dann langt nur tüchtig zu«, ermunterte der Geistliche sie.
Von ihrem Platz aus hatten sie einen herrlichen Blick hinunter ins Tal. Da sie an einer anderen, als der gewohnten Stelle, rasteten, sah man von St. Johann nur ein Teil, dafür ging das Auge fast bis zum Nachbarort Engelsbach hinüber. Der Anblick erinnerte Sebastian an das Gespräch mit Florian Decker und an den Besuch bei seinem Amtsbruder, den er sich vorgenommen hatte. Aber eigentlich wollte er jetzt nicht daran denken. Er freute sich auf die Tour und darauf, den alten Senner wiederzusehen, den er schon lange nicht mehr aufgesucht hatte.
Martin war aufgestanden und ein Stückchen den Hang hinaufgeklettert. Alexandra nahm ihren Fotoapparat und folgte ihm.
»Fall bloß net herunter«, ermahnte sie den Bub.
»Dann fängst’ mich halt auf«, lachte er zurück.
Sebastian und Peter saßen beisammen. Sie hielten ihre Kaffeebecher in den Händen und tranken in kleinen Schlucken.
»Es ist gewiß net leicht, ein Kind alleine großzuziehen«, begann der Geistliche das Gespräch.
Peter Reinicke schüttelte den Kopf.
»Nein, das ist es wirklich net«, antwortete er und schaute zu seinem Sohn hinüber. »Aber wenn man dann diesen Prachtburschen sieht, dann entschädigt das einen für vieles.«
»Sie können auch stolz auf ihn sein. Haben S’ nie die Absicht gehabt, noch einmal zu heiraten?«
Diese Frage hatte gestern Alexandra schon gestellt, und Peter hatte keine andere Antwort, als die, die er der Anwältin gegeben hatte.
»Das kann ich gut verstehen, daß Sie da eher nicht mit der Absicht spielen«, nickte der Bergpfarrer. »Aber es bleibt dennoch die Tatsache, daß Martin eine Mutter fehlt. Sie sollten net aufgeben, nach einer Frau zu suchen, die Sie genauso sehr liebt, wie Ihren Sohn.«