Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden (ab 600) Box

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dachte sie, ich bin ja nicht hier, um mir Geschichten auszudenken.

      Der junge Mann hieß Renato und wollte auch gleich wissen, wie ihr Name sei und woher sie komme. Antonia merkte sofort, daß er ein Abenteuer suchte und verhielt sich entsprechend reserviert, worauf er dann gekränkt ging. Sie zog es vor, auf ihr Zimmer zu gehen, aber es war eine so schöne, sternenklare Nacht, daß sie diese doch noch genießen wollte. Jetzt wehte ein kühler Wind vom Meer, und sie konnte tief durchatmen. Ein paar Pärchen waren zu sehen, ein paar Hunde liefen am Strand entlang, und am Horizont zog ein beleuchtetes Schiff vorbei.

      Antonia genoß die Stille, und als eine schattenhafte Gestalt nahte, bemerkte sie es nicht, so tief war sie wieder in Gedanken versunken.

      »Erschrecken Sie nicht«, sagte eine dunkle Männerstimme dicht neben ihr. »Ich habe gehofft, Sie irgendwann wiederzusehen.«

      Antonia war nicht erschrocken, eher verwundert, weil sie meinte, daß ihre Gedanken ihn herbeigeholt hätten.

      »Niklas Morton«, stellte er sich vor.

      »Antonia Evers«, sagte sie.

      »Können wir reden?«

      »Ich habe nichts vor. Es ist eine herrliche Nacht. Ich bin erst gestern angekommen.«

      Wie konnte sie nur gleich so entgegenkommend sein, so als hätte sie auf dieses Kennenlernen gewartet?

      »Ich habe Sie heute morgen am Strand gesehen«, sagte er gepreßt. »Ich meinte, Sie zu kennen. Bitte, mißverstehen Sie es nicht falsch, aber ich möchte Sie näher kennenlernen.«

      »Wecke ich eine Erinnerung in Ihnen?« fragte Antonia beklommen.

      Sein Gesicht verschloß sich. »Es ist hier eine Volksweisheit, wenn man am frühen Morgen am Meer einen Menschen sieht, das von den Strahlen der Sonne umgeben ist, hat dieser Mensch eine besondere Bedeutung und bringt eine große Veränderung.«

      »Ich bin ganz unbedeutend«, versuchte Antonia zu scherzen, aber der leichte Ton wollte ihr nicht gelingen.

      »Das dürfen Sie nicht sagen. Ich gehe nicht spazieren, um Bekanntschaften zu suchen. Ich bin am liebsten allein.«

      »Ich auch.«

      »Dann haben wir ja schon etwas gemeinsam. Ich verbringe hier auch nicht nur einen Urlaub. Ich lebe die meiste Zeit des Jahres hier.«

      »Dann sind Sie hier zu Hause«, sagte Antonia sinnend.

      »Nicht ganz, aber ich kann hier ungestört arbeiten.«

      Erst ein paar Minuten sprachen sie miteinander, und sie wußte nun schon etwas Wichtiges über ihn. Er war gern allein und konnte hier ungestört arbeiten. Woran er arbeitete, wollte sie nicht fragen. Sie schätzte ihn als Intellektuellen ein. Sein Gesicht und seine Sprache verrieten es ihr.

      »Sie sind Deutsche«, stellte er fest, »aber Sie sprechen erstaunlich gut portugiesisch, das ist selten.«

      Er hatte sie schon portugiesisch sprechen gehört, das gab ihr wieder Grund zum Nachdenken. Sie machte sich Mut, auch etwas zu sagen, was ihr weiterhelfen könnte, und sie tat es.

      »Sie waren heute morgen auf der Terrasse des Hotels, in dem ich wohne«, begann sie stockend.

      »Und Sie haben das peinliche Zwischenspiel mit Ramona Tavares mitbekommen. Sie ist aufdringlich, man wird sie nicht los. Wenn sie jedes Jahr herkommt, werde ich mir wohl ein anderes Domizil suchen.«

      »Müssen Sie denn gleich ganz die Flucht ergreifen?« fragte Antonia. »Genügt es nicht, wenn Sie sie stehen lassen, wie heute morgen? Es müßte ihr doch peinlich sein.«

      »Sie kennen diese Frau nicht, sie ist nervtötend. Ich kann Sie nur warnen, sich auf ein Gespräch mit ihr einzulassen. Wie eine Klette ist sie. Jeder geht ihr gern aus dem Weg, aber keiner wird sie los.«

      »Kennen Sie sie schon länger?«

      »Leider bereits sechs Jahre. Ramona Tavares war einmal ein Star, und ich hatte die Aufgabe, sie zu interviewen. Seither werde ich sie nicht los, wo immer sie mich erwischt.«

      »Sie sind Journalist?«

      »Nur noch freier Mitarbeiter und Autor.«

      »Das ist interessant.«

      »Jetzt würde ich aber gern mehr von Ihnen erfahren«, wechselte er das Thema.

      »Ich bin auch in einem Verlag tätig als Disponentin.«

      »Wo?«

      »In München.«

      Das wußte er bereits, hätte es aber nicht zugeben wollen. Er war froh, daß er sie so schnell kennenlernte und wollte jeden Tag nützen, den sie hier war und den er mit ihr verbringen konnte.

      »Es wäre schön, wenn Sie mir öfter Zeit schenken würden«, sagte er bittend. »Ich kenne mich hier überall aus und könnte Ihnen die schönste Plätze zeigen.«

      »Und Ihre Arbeit?«

      »Die kann warten. Es würde mir viel bedeuten, mit Ihnen zusammenzusein.«

      Ein Kribbeln rann durch ihren Körper, als sein Blick von ihr Besitz ergriff. Sie konnte ihm nicht ausweichen.

      »Dann sehen wir uns morgen?« sagte er. »Wir könnten nach Silves fahren.«

      »Es interessiert mich schon, Land und Leute kennenzulernen«, erwiderte Antonia, »aber morgens werde ich erst schwimmen.«

      Sie sah, daß er lächelte. »Und beim Frühstück werde ich Sie auch nicht stören, und werde es vermeiden, ins Hotel zu kommen, da Ramona auch dort wohnt. Ist es Ihnen recht, wenn ich Sie um zehn Uhr abhole?«

      »Aber man könnte uns zusammen sehen«, sagte Antonia zögernd.

      »Macht es Ihnen etwas aus?«

      »Mir nicht.«

      »Dann ist es doch okay.«

      Er begleitete sie zurück zum Hotel, und da merkte sie erst, wie weit sie schon gegangen war.

      Sie reichte ihm die Hand, die er leicht mit seinen Lippen berührte. Es war das erste Mal, daß sie einen Handkuß bekam. Heißt strömte das Blut durch ihre Adern.

      »Bis morgen, Antonia. Schlafen Sie gut«, sagte er.

      Er wartete, bis sie im Hotel verschwunden war, dann entfernte er sich langsam. Er blieb nur für den Bruchteil einer Minute allein, dann war Ramona bei ihm und griff nach seinem Arm.

      »Ich kann es nicht glauben, wen hast du denn da aufgerissen?« fragte sie mit einem frivolen Lachen.

      Er sah sie mit einem so verächtlichen Blick an, daß ihr das Lachen verging.

      »Wann verschonst du mich endlich?« sagte er drohend.

      Sie kniff die Augen zusammen. »Wenn ich weiß, warum Olivia gestorben ist«, stieß sie heiser hervor.

      »Das

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