Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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und dem knorrigen Wanderstab unterwegs war, dann verkörperte er das Bild des Bergbewohners, so wie die Leute ihn sich vorstellten.

      Neben seiner Tätigkeit als Bergführer und Bauer war der alte Vinger jahrelang der Chef der Bergwacht. In zahllosen Einsätzen retteten er und seine Männer vielen verunglückten Wanderern und Bergsteigern das Leben. Inzwischen hatte in dieser Funktion ebenfalls sein Sohn, Christian, die Nachfolge angetreten. Als Bergführer arbeitete Loisl nur noch selten. Meist zog er es vor, alleine unterwegs zu sein, um die Schönheit der Natur, in all ihrer Vielfalt, zu genießen.

      Daß er dem Wirt vom Löwen zugesagt hatte, dann und wann dessen Reisegruppen zu führen, war eher ein reiner Freundschaftsdienst. Die beiden Männer kannten sich seit ihrer Jugend, und als Sepp vor Wochen einmal händeringend einen Bergführer suchte, weil der, der dafür vorgesehen war, kurzfristig ausfiel, bot Loisl sich an.

      Inzwischen hatte es sich so eingespielt, daß er einmal im Monat mit den Touristen loszog. An diesem Wochenende sollte es allerdings anders kommen.

      Maria Vinger schaute verwundert auf ihren Mann. Sie war gerade vom Einkaufen zurückgekommen, als sie ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht in der Stube, auf dem Sofa liegen sah. Loisl krümmte sich, und sein Atem ging flach.

      »Was ist denn mit dir los?«

      Er schüttelte jetzt gequält den Kopf.

      »Ich weiß net«, antwortete er. »Fürchterliche Krämpfe, der ganze Bauch tut mir weh.«

      Besorgt setzte sie sich neben ihn und fühlte seine Stirn.

      »Du bist ja ganz heiß!« stellte sie fest. »Ich ruf’ sofort den Doktor an. Vielleicht ist’s der Blinddarm. Eine Entzündung geht immer mit Fieber einher.«

      »Das kann’s net sein«, widersprach der Siebzigjährige. »Den haben s’ mir schon vor über fünf-zig Jahr’n herausgeholt. Ob’s am Fisch liegen kann? Vielleicht war er net mehr ganz in Ordnung. Ich mußt’ mich auch übergeben.«

      »Das glaub’ ich net«, sagte Maria. »Ich hab’ ja auch welchen gegessen, und mir fehlt nix.«

      Eine neue Schmerzwelle durchraste ihren Mann. Sie lief in die Diele, wo das Telefon stand, und wählte die Nummer des Arztes in St. Johann.

      »Ich komm’ sofort«, versprach Toni Wiesinger. »Es ist ohnehin Praxisschluß, in zehn Minuten bin ich bei Ihnen.«

      »Es wurden zehn lange Minuten, in denen Maria Vinger un-ablässig zwischen dem Wohnzimmer, wo ihr Mann immer noch auf dem Sofa lag, und der Haustür hin- und herlief. Endlich sah sie den Wagen des Arztes auf den Hof fahren.

      Der Mediziner begrüßte sie und ließ sich zu dem Kranken führen.

      »Wo genau schmerzt’s denn?« fragte er nach der Begrüßung.

      Alois Vinger deutete auf seinen Unterleib. Der Arzt tastete die Stelle vorsichtig ab, nahm den Puls, maß Fieber und Blutdruck und untersuchte die Augen.

      Schließlich richtete er sich wieder auf.

      »Eine Lebensmittelvergiftung ist’s net«, sagte er. »Wie’s ausschaut, handelt’s sich um einen Magen-Darm-Virus. Der grassiert schon eine Weile im Wachnertal.«

      Er kramte in seinem Arztkoffer und holte ein kleines Fläschchen hervor.

      »Das ist ein rein pflanzliches Präparat«, erläuterte er. »Davon nehmen S’ alle halbe Stunde zehn Tropfen, bis die Schmerzen merklich nachlassen. Außerdem dürfen S’ erst einmal nix essen und trinken. Wenn’s Ihnen nachher ein bissel besser geht, dann können S’ Zwieback und ungesüßten Tee bekommen. Außerdem sollten S’ sich ins Bett legen. Ich schau’ morgen wieder herein.«

      Der alte Bergführer hatte wortlos zugehört. Maria stand daneben und schaute ratlos drein. Seit über vierzig Jahren waren sie verheiratet, in all den Jahren hatte sie nicht einmal erlebt, daß ihr Mann ernsthaft krank geworden wäre.

      »Wie lang’ wird’s denn dauern, bis ich wieder auf den Beinen bin?« fragte Loisl den Arzt.

      Toni Wiesinger zuckte die Schulter.

      »Schlecht zu sagen«, antwortete er. »Bei dem einen bessert’s sich eher, beim and’ren später. Allerdings sind S’ ansonsten ja in einer guten Verfassung. Ich rechne damit, daß es bei Ihnen recht schnell geht. Vier, fünf Tage müssen S’ aber schon im Bett bleiben. Und dann lassen S’ erst einmal langsam angeh’n. So ein Virus schwächt ungemein.«

      »Fünf Tage«, sagte Alois Vinger fassungslos. »Da kann ich ja morgen gar net mit der Reisegruppe auf den Löwen aufsteigen.«

      »Also, das gewiß net«, meinte der Arzt.

      »Maria, dann mußt’ sofort den Sepp anrufen«, bat der Alte seine Frau. »Da muß er sich ja gleich nach Ersatz umseh’n. Was der wohl sagen wird, daß ich ausfall’...?«

      Sepp Reisinger fiel natürlich aus allen Wolken als der Anruf ihn erreichte. In seiner Not tat er das einzig Richtige und wandte sich hilfesuchend an Pfarrer Trenker.

      *

      »Eine Katastrophe!« wiederholte der Löwenwirt, als Sebastian ihn fragte, was geschehen sei. »Ich weiß überhaupt net, was ich jetzt machen soll. Im Hotel sind zwanzig Gäste, die morgen früh auf die Kandereralm woll’n, und jetzt ist mir der Vinger-Loisl durch Krankheit ausgefall’n. Ich hab’ schon überall herumtelefoniert, aber ein Ersatz ist so kurzfristig net zu finden. Wie soll ich das den Leuten denn bloß erklären? Ich kann die Tour doch net kurzfristig absagen. Der Thurecker-Franz erwartet sie doch auch. Gewiß hat er schon alles vorbereitet. Haben S’ keinen Rat für mich, Hochwürden?«

      »Das ist doch kein Problem, Sepp«, beruhigte der Bergpfarrer den besorgten Anrufer. »Dann spring’ ich eben ein.«

      »Was, das würden S’ tun?«

      Die Erleichterung in Sepp Reisingers Stimme war nicht zu überhören.

      »Ja, warum denn net. Mach’ dir keine Sorgen. Ich wollt’ ohnehin morgen früh aufsteigen. Da spielt’s doch keine Rolle, wenn ich für deine Gäste den Bergführer mach’.«

      »Hochwürden, mir fällt ein Stein vom Herzen«, sagte der Gastwirt mit einem Seufzer.

      »Ich hab’ ihn plumpsen hör’n«, lachte Sebastian Trenker. »Morgen früh komm’ ich rüber, und dann läuft alles, wie’s geplant ist.«

      Er erkundigte sich, woran der Vinger-Loisl erkrankt war.

      »Ja, von diesem Virus hab’ ich schon gehört. Hoffen wir, daß wir davon verschont bleiben. Bis morgen also.«

      Der Geistliche hatte gerade das Gespräch beendet, als Max und Claudia zur Tür herein kamen. Die Journalistin begrüßte den Bruder ihres Liebsten mit einer herzlichen Umarmung.

      »Hm, wie das duftet«, schwärmte der Polizist und rieb sich den Magen. »Jetzt hab’ ich aber auch Hunger!«

      Claudia ging in die Küche und fragte Sophie Tappert, ob sie ihr behilflich sein könne. Die Journalistin hatte bei der Perle des Pfarrhaushalts einen besonderen Stein im Brett, war es ihr doch gelungen, den ›wilden Max‹ zu zähmen. Früher war der Bruder des Bergpfarrers ein rechter Hallodri

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