Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Das habt ihr euch auch verdient!« rief der Freund.
Er erzählte, daß in der Firma alles in Ordnung sei, und versicherte, wie sehr er sich auf das Wiedersehen freue.
»Hast’ denn was von deiner Liebsten gehört?« wollte Florian zum Abschied wissen.
»Ines und ich telefonieren jeden Tag«, antwortete Sepp glücklich. »Wir fragen uns beide, wie wir’s aushalten können, so lang’ getrennt zu sein.«
»Das hört sich nach großer Liebe an...«
»Das ist sie auch«, meinte der Freund. »Ich weiß ja net, ob du und Lisa – ob ihr euch schon einig seit, aber denkt mal über eine Doppelhochzeit nach.«
»So weit bist’ schon?« staunte Florian.
»Ja«, antwortete Sepp, »die oder keine!«
Bei strahlendem Sonnenschein landete Professor Bernhard auf dem Flugplatz Waldeck. Der berühmte Arzt und Hobbyflieger war am Mittag in München gestartet. Die Fliegerei war seine Leidenschaft, der er sich immer wieder gerne hingab – wenn seine Termine es zuließen.
Leider war das nicht immer der Fall, um so lieber hatte Ulrich Bernhard die Gelegenheit ergriffen, seinen früheren Studenten zu besuchen und die kleine viersitzige Maschine, vom Typ Cess-na, dafür zu benutzen. Über eine Autovermietung hatte er sich einen Wagen bestellt, nachdem das Flugzeug untergestellt, und die Formalitäten erledigt waren. Jetzt fuhr er gut gelaunt über die Bergstraße nach St. Johann, wohin es nur dreizehn Kilometer waren, wie er auf einem Hinweisschild gelesen hatte.
Der Professor war Mitte sechzig, sah allerdings mindestens zehn Jahre jünger aus. Ein schlanker, sportlicher Mann, mit attraktiven grauen Schläfen. Das braungebrannte Gesicht wurde von einem schmalen Oberlippenbart geziert. Ulrich Bernhard trug legere Freizeitkleidung, ein dunkelblaues Polohemd, graue Hose und Wildlederslipper an den Füßen. Einziger Schmuck, den er trug, war eine exklusive Armbanduhr. Die Lederjacke, die er während des Fluges getragen hatte, lag auf dem Beifahrersitz der Limousine, die Reisetasche war im Fond untergebracht.
Auch wenn man auf den ersten Blick glauben konnte, einen Mann vor sich zu haben, dem die Frauen zu Füßen lagen, so täuschte dieser Eindruck doch. Ulrich Bernhard war beinahe dreißig Jahre glücklich verheiratet, und Edda, seine Frau, wußte, daß sie sich auf die Treue ihres Mannes verlassen konnte. Sie unterrichtete als Dozentin der medizinischen Fakultät, an der Münchner Universität, und die Vorlesungen waren nicht nur wegen des Rufes, den ihr Mann genoß, immer gut besucht. Edda Bernhard hatte sich in all den Jahren einen eigenen Ruf als Medizinerin erarbeitet.
Der Professor genoß die Fahrt in das Bergdorf. Seit dem letzten Telefonat mit Toni Wiesinger hatte er noch viele Male über den Fall nachgedacht, und zusammen mit seiner Frau war er zu dem Ergebnis gekommen, daß seine Diagnose richtig war. Dem jungen Mann konnte geholfen werden.
Er erreichte St. Johann. Der Turm der Kirche hatte ihm schon von weitem den Weg gewiesen. Ulrich Bernhard freute sich nicht nur auf das Wiedersehen mit dem Arzt, er war auch gespannt darauf, Pfarrer Trenker kennenzulernen, von dem Toni so oft begeistert gesprochen hatte.
Das Haus zu finden, in dem der Arzt wohnte, war nicht schwer. Der Professor hielt davor an und stieg aus. Er hatte kaum die Wagentür geschlossen, als Toni Wiesinger ihm schon strahlend entgegen kam.
»Ist das eine Freud’!« rief er aus und reichte dem Besucher die Hand. »Schön, Sie zu seh’n, Herr Professor.«
»Die Freud’ ist ganz auf meiner Seite«, antwortete der berühmte Arzt mit seiner angenehmen, sonoren Stimme. »Lassen S’ sich anschau’n, Toni. Mir scheint, das Landleben bekommt Ihnen äußerst gut.«
»So ist es. Doch jetzt kommen S’ herein. Ich möchte Ihnen meine Frau vorstellen. Dabei fällt mir ein, wie geht’s Ihrer Frau?«
»Danke der Nachfrage. Gut, wie immer, kann ich nur sagen. Sie wär’ gern’ mitgekommen, aber zur Zeit werden Klausuren geschrieben..., na ja, Sie wissen ja, wie’s da zugeht. Alle sind S’ im Streß, und mancher kommt noch spät abends zu uns nach Haus, um sich Tips abzuholen, oder mit Edda seine Arbeiten durchzugeh’n.«
Sie betraten das Treppenhaus und gingen hinauf in den ersten Stock, wo sich die Wohnung der Wiesingers befand. Elena begrüßte den Besucher mit einem herzlichen Willkommen.
»Sie sind also die Frau, die meinen besten Schüler davon abgehalten hat, in die weite Welt hinauszuzieh’n und ein berühmter Gelehrter zu werden«, stellte Ulrich Bernhard mit einem Augenzwinkern fest.
»Net ganz, Herr Professor«, antwortete die Tierärztin lä-chelnd. »Mein Mann hatte sich schon fürs Landleben entschieden, bevor wir uns kennenlernten. Aber ich hab’ ihn vielleicht in seinem Entschluß noch bestärken können.«
Elena Wiesinger bat zu Tisch. Zur Feier es Wiedersehens hatte sie sich freigenommen und einen Festtagsbraten gezaubert. Es war eine fröhliche, kleine Runde, die zusammensaß und es sich schmecken ließ. Dabei wurde eine angeregte Unterhaltung geführt und in Erinnerungen geschwelgt.
Nach dem Essen zogen sich die Herren zu Kaffee und Kognak in Tonis Arbeitszimmer zurück. Der Gast war ein leidenschaftlicher Espressotrinker. Das kleine braune Getränk gehörte für ihn zu einem guten Essen, wie der Wein, den man dazu trank. Und auch Toni genoß hin und wieder eine Tasse.
Zur Überraschung des Professors schmeckte der Espresso im Hause Wiesinger allerdings anders, als er es gewohnt war.
»Das ist ja köstlich!« rief der Besucher aus. »Was ist denn noch darin?«
»Ich hab’ mir gedacht, daß es Ihnen schmecken wird«, lachte Elena und brachte eine weitere Tasse. »Das Geheimnis ist ein ganz kleiner Schluck Bananenlikör.«
Ulrich Bernhard leckte sich die Lippen.
»Das muß ich mir merken«, sagte er. »Und vor allem Edda erzählen, wenn ich sie nachher anruf’. Sie muß unbedingt so eine Flasche Likör besorgen.«
Elena freute sich, daß ihr die Überraschung gelungen war und zog sich zurück, um die beiden Männer sich ungestört unterhalten zu lassen. Der Besucher lehnte sich behaglich zurück. Es war unverkennbar, daß er sich wohl fühlte.
Sie besprachen noch einmal eingehend die Ursache, die zu Florian Brunners Erkrankung geführt hatte, desweiteren die Therapiemaßnahmen, die zu erfolgen hatten, und die Medikamentengabe.
»Sie hatten recht, mit Ihrer Vermutung«, sagte Toni Wiesinger. »Es war tatsächlich eine nicht gänzlich ausgeheilte Virusinfektion.«
Ulrich Bernhard nickte zufrieden.
»Wann kann ich den Patienten sehen?« fragte er.
»Ich hab’ den Herrn Brunner für den Nachmittag herbestellt.«
Er sah auf die Uhr.
»Die Sprechstunde fängt gleich an.«
Sie standen auf und gingen die Treppe hinunter, in die Praxisräume. Der Professor begrüßte die Arzthelferin und besichtigte alles. Er war beeindruckt, von dem, was er sah. Toni hatte in der letzten Zeit viel Geld investiert, um die Einrichtung auf den neuesten Stand zu bringen.