Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Professor Bernhard verzichtete auf eine eingehende Untersuchung. Er wußte, daß er sich in dieser Hinsicht auf seinen jungen Kollegen verlassen konnte. Der Laborbericht war eindeutig gewesen. Er unterstützte die Diagnose, die die beiden Ärzte gestellt hatten. Vielmehr wollte Ulrich Bernhard dem jungen Mann eine weitere Untersuchung ersparen. Er war der Meinung, daß Florian diese Prozedur genug über sich hatte ergehen lassen müssen.
Die Ärzte klärten ihn noch einmal gründlich über Ursache und Wirkung seiner Erkrankung auf und teilten ihm mit, welche Medikamente zusätzlich zu nehmen, angeraten war. Im Verlauf der Woche sollte Florian dann noch zweimal in die Sprechstunde kommen, um zu sehen, ob sich bereits erste Erfolge abzeichneten.
»Zum Schluß, mein lieber Herr Brunner, möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte der Professor.
Florian sah ihn erstaunt an.
»Sie...?«
»Ja, und zwar im Namen meiner Kollegen, die Ihre Erkrankung nicht erkannt und dementsprechend behandelt haben. Aber ich kann Ihnen versichern, daß es auch nicht so einfach ist, wie’s auf den ersten Blick erscheint. Ich will Ihnen net verschweigen, daß die Symptome, die Sie zeigen auf fatale Weise einer gefährlichen Immunschwä-chekrankheit ähneln, die wirklich zum Tode führen kann. Nur dadurch, daß das Labor gezielt danach gesucht hat, sind wir der Ursache auf die Spur gekommen. Ich selbst bin einmal diesem Irrtum erlegen und erst im letzten Augenblick dahinter gekommen, worum es sich in Wirklichkeit handelte. Deshalb bitt’ ich Sie, zürnen S’ den Kollegen doch bitte net.«
Florian versicherte, daß er weit davon entfernt war.
»Vielleicht«, antwortete er nachdenklich, »vielleicht hat ja alles so kommen müssen. Sonst hätt’ ich nie die große Liebe meines Lebens kennengelernt.«
»Tja, das Schicksal geht manchmal seltsame Wege«, meinte Toni Wiesinger, nachdem Florian Brunner sich verabschiedet hatte.
»Dafür gibt’s ja Menschen, wie uns, damit wir mit unserem Wissen ein bissel dagegensteuern und das Schlimmste abzuwenden versuchen«, antwortete Ulrich Bernhard.
Er stand auf und klatschte in die Hände.
»So, mein lieber Toni, jetzt laß ich Sie allein. Das Wartezimmer ist voll, und ich werd’ mich ein bissel im Dorf umschau’n.«
»Machen S’ das, Herr Professor«, nickte der junge Arzt. »Zum Abendessen sind wir übrigens im Pfarrhaus eingeladen.«
»Wirklich? Da freu’ ich mich aber. Ich bin schon lang darauf gespannt den Herrn Pfarrer kennenzulernen, von dem S’ immer schwärmen. Jetzt hab’ ich auch noch das Glück, die legendären Kochkünste der Pfarrköchin auszuprobieren.«
*
Er verließ die Praxis und betrat die Straße. St. Johann lag im Schein der Nachmittagssonne. Ulrich Bernhard spazierte durch die Straße, und was er sah, gefiel ihm.
Hier müßt’ man eigentlich richtig Urlaub machen, dachte er. Net nur ein paar Tage, sondern gleich ein paar Wochen.
Gleichzeitig wußte er, daß es zur Zeit nicht dazu kommen würde. Dazu waren er und seine Frau viel zu sehr in ihren Berufen eingespannt und froh, wenn es ihnen gelang, sich ein-, zweimal im Monat in ihr Haus, am Starnbergersee zurückzuziehen. Die Woche über bewohnten sie eine Penthauswohnung in München. Von dort war es näher zur Praxis und Universität. Ein paar Jahre noch, dann wollte der berühmte Arzt sich zur Ruhe setzen – auch wenn er wußte, daß es ihm nur schwer gelingen würde, untätig zu sein. Dazu war er viel zu wißbegierig, und sein Forscherdrang trieb ihn immer wieder dazu an, Neues zu entdecken, um kranken Menschen zu helfen und ihre Not zu lindern.
Nachdem er einen ganz ausgiebigen Spaziergang unternommen hatte, zog seine Neugier ihn zur Kirche hinüber. Ulrich Bernhard wollte endlich erfahren, was das eigentlich für ein Mann war, der immer wieder Thema der Gespräche wurde, die er ab und an mit seinem jungen Kollegen führte.
Bewundernd blieb er auf der Schwelle stehen und sah auf die Pracht, die sich ihm bot. Dann ging er langsam durch das Kirchenschiff, bis zum Altar hinunter. Der Arzt drehte sich um, als er hinter sich Schritte vernahm.
Das mußte er sein!
Professor Bernhard hätte ihn erkannt, auch wenn Pfarrer Trenker keinen Priesterkragen getragen hätte. Aber auch Sebastian wußte sofort, wen er da vor sich hatte.
»Professor Bernhard, nehm ich an?«
»Ja, Hochwürden, ich freu’ mich, endlich Ihre Bekanntschaft zu machen«, nickte der Arzt und reichte ihm die Hand.
»Die Freud’ ist ganz auf meiner Seite«, antwortete der Geistliche und zeigte auf eine Kirchenbank. »Setzen wir uns doch.«
Ungezwungen nahmen sie Platz und plauderten. Es war, als hätten sie schon unzählige Male zusammengesessen. Sie waren sich auf Anhieb sympathisch. Das Gespräch drehte sich in erster Linie um Florian Brunner. Sebastian bedankte sich für Ulrich Bernhards Engagement.
»Das war doch selbstverständlich«, winkte der Arzt ab. »Es ist ja meine Aufgabe genauso, wie die Ihre, für die Menschen da zu sein.«
Natürlich ließ der Seelsorger es sich nicht nehmen, den Besucher durch die Kirche zu führen und ihm alles zu erklären.
»Haben S’ denn schon ein bissel was von uns’rem Dorf gesehen?« erkundigte er sich später.
»O ja, und ich muß sagen, es ist wunderschön«, schwärmte der Professor. »Ich muß unbedingt mal mit meiner Frau herkommen.«
Die beiden Männer standen wieder draußen.
»Wir seh’n uns ja heut’ abend«, freute sich Sebastian. »Vielleicht können wir dann eine Bergtour verabreden, wenn S’ Lust dazu haben?«
»Unbedingt, unser gemeinsamer Freund, der Dr. Wiesinger, erzählt immer davon, wie gern’ Sie aufsteigen. Ich wollt’ Sie ohnehin bitten, mich einmal mitzunehmen.«
Schon am nächsten Tag war es soweit. In aller Herrgottsfrühe holte Sebastian den Arzt ab. Sie stiegen über die Kachlachklamm auf und wanderten weiter, auf die Streusachhütte.
»Ein erhebender Moment«, sagte Ulrich Bernhard, als sie den Gipfel erreichten. »Dafür dank’ ich Ihnen von ganzen Herzen, Hochwürden, und würd’ mich gern’ revanchieren. Haben S’ morgen vormittag ein paar Stunden Zeit?«
»Freilich, Zeit hätt’ ich«, nickte der gute Hirte von St. Johann. »Aber, was haben S’ denn vor?«
Der Professor lächelte geheimnisvoll.
»Lassen S’ sich überraschen, Hochwürden...«
*
Lisa und Florian verlebten in diesen Tagen Stunden voller Glückseligkeit. Die dunklen Schatten, die über dem jungen Glück gelegen hatten, waren verflogen, als hätte es sie nie gegeben.
Sie unternahmen ausgedehnte Spaziergänge, oder saßen an einem schönen Plätzchen und schmiedeten Zukunftspläne. Lisas Eltern waren natürlich erstaunt gewesen, als die Tochter am Sonntag morgen zu Hause angerufen und mitgeteilt hatte, daß sie noch in St. Johann bliebe. Es hatte mehrerer klärender Telefonate bedurft,