Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Nanu«, wunderte sich Max, »so geistesabwesend kenn’ ich dich ja gar net.«
Der gute Hirte von St. Johann lächelte.
»Es gibt auch net immer solch ein Problem wie das, mit dem ich mich g’rad herumschlag.«
Der Polizeibeamte war neugierig geworden.
»Laß hören.«
»Net hier«, schüttelte Sebastian den Kopf. »Aber wenn du ein bissel Zeit hast, würd’ ich mich gern’ mit dir darüber unterhalten.
Diese Unterhaltung dauerte bis zum späten Abend. Am Ende stand für die zwei Brüder fest, daß Franz Raudinger derjenige war, der den Zuchtbullen vergiftet hatte.
Sie mußten es ihm nur noch beweisen.
*
Der Knecht war auf Umwegen zum Wendlerhof zurückgekommen. Immer wieder torkelte er in die verkehrte Richtung und wenn er dann für einen Augenblick wieder einen klaren Verstand besaß, stand er stutzend am Wegesrand und wunderte sich darüber, wo er überhaupt war.
Auf dem Bauernhof war schon alles dunkel, als er endlich angekommen war. Er wankte zum Gesindehaus, stolperte, als er versuchte die Treppe hinaufzugehen und schlug mit dem Kopf gegen die Tür.
Es gab ein lautes Geräusch.
Christine, die in ihrer Kammer bereits im Bett lag, schreckte hoch. Rasch warf sie sich den Morgenmantel über und lief hinaus. Sie fand Franz schnarchend auf den Stufen liegen.
»Das darf doch net wahr sein!« entfuhr es ihr.
Dann bückte sie sich und versuchte den Betrunken aufzuheben. Es gelang ihr nicht, er war viel zu schwer.
Sie überlegte, ob sie den Bauern wecken und zur Hilfe rufen sollte, doch dann unterließ sie es. Der Knecht hatte schon am Nachmittag sich einiges anhören müssen. Der Wendlerbauer hatte ihm ordentlich den Kopf gewaschen, und Franz war schließlich bedrückt von dannen gezogen.
Wahrscheinlich ins Wirtshaus, um sich zu betrinken.
Wenn der Bauer das jetzt noch mitbekam, würde er bestimmt noch mehr mit seinem Knecht schimpfen.
»Franz«, rief Christine verhalten und rüttelte ihn an der Schulter. »Steh doch endlich auf!«
Ein rauhes Grunzen war die ganze Antwort.
Wieder und wieder schüttelte sie ihn, und endlich schlug er ein Auge auf.
»Was…, was ist denn, Spatzl?« lallte er.
»Ich werd’ dir gleich Spatzl geben«, drohte sie und zerrte an seiner Jacke. »Komm endlich hoch. Oder willst die ganze Nacht hier draußen herumliegen?«
Franz grinste sie an.
»Net, wenn’ mich ins Bett bringst – und bei mir bleibst«, sagte er.
»Red’ net so’n dummes Zeug!« wies sie ihn zurecht.
»Und jetzt mach’ endlich. Wenn der Bauer dich so sieht, dann jagt er dich vom Hof. Hat’s dir net gereicht, was er dir heut’ schon gesagt hat?«
Das wirkte. Mühsam rappelte Franz Raudinger sich auf. Einen Moment stand er, benommen wankend, dann setzte er seinen Fuß durch die Tür.
»Wo bist’ überhaupt gewesen?« fragte Christine, beantwortete sich die Frage aber gleich selbst. »Wo kannst’ schon gewesen sein? Im Wirtshaus natürlich.«
»Um meinen Kummer zu ersäufen.«
»Geh«, sagte sie ärgerlich und schob ihn zu seiner Kammer. »Hoffentlich hast’ einen dicken Brummschädel morgen früh.«
Er drehte sich wieder um und grinste erneut.
»Den nehm ich in Kauf«, antwortete er. »Ein Brummschädel ist mir die Sach’ wert…«
»Was meinst denn damit?« wollte sie wissen.
Der Knecht hob die Hand und wedelte mit dem Zeigefinger vor ihrem Gesicht herum.
»Der kriegt hier keinen Fuß mehr auf die Erde, der feine Herr Doktor«, brüllte er plötzlich los. »Dafür hab’ ich gesorgt.«
Christine riß die Augen auf. Damit konnte er doch nur Jörg gemeint haben.
»Wofür hast’ gesorgt?«
Franz stierte sie an.
»Das alle Welt erfährt, was für ein Stümper dein Tierarzt Dr. Urban ist. Dafür hab’ ich gesorgt. Net einmal eine Spritze kann er ordentlich geben. Dabei pfuscht er so herum, daß der beste Zuchtbulle aus dem ganzen Wachnertal beinahe stirbt.«
Die Magd war sprachlos.
»Du hast…?«
Der Knecht winkte ab und betrat seine Kammer.
»Ich hab’ noch viel mehr getan, jawohl«, brabbelte er und schloß die Tür hinter sich.
Christine blieb davor stehen,
Was konnte er mit der letzten Bemerkung gemeint haben? Was hatte er getan?
Grübend ging sie in ihre eigenen Kammer zurück. Sie legte sich wieder ins Bett und versuchte zu schlafen. Aber die Bemerkung, die Franz Raudinger gemacht hatte, wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen.
*
»Schau’n S’ doch noch einmal genau Ihren Medikamentenbestand durch«, bat Sebastian Trenker die Tierärztin.
»Glauben S’ wirklich, daß da was fehlen könnt?« meinte Elena zweifelnd. »Es wird doch genau Buch geführt, was wann und wo verbraucht worden ist.«
»Schaden kann’s ja net«, sagte Jörg Urban und öffnete den Kühlschrank.
Elena schloß unterdessen den Medikamentenschrank auf und sah den Bestand durch. Die beiden Ärzte verglichen ihn mit den dazugehörigen Listen.
»Also, hier stimmt soweit alles«, ließ Jörg sich nach einer Weile hören.
»Bei mir auch«, meldete Elena. »Bleiben noch uns’re Taschen.«
Sie öffneten die Taschen und holten den Inhalt heraus. Sorgfältig kontrollierten sie auch hier.
»Alle vollständig«, verkündete die Tierärztin und sah zu Jörg hinüber.
Sie wunderte sich, daß er blaß aussah.
»Hier net«, sagte er leise. »Hier fehlt das ›Petnavil‹. Dabei war es am Sonntag noch in der Tasche…«
»Und am Sonntag traten bei Hubert zum ersten Mal die Vergiftungserscheinungen auf!« warf Elena Wiesinger ein.
»Ist das Medikament denn giftig?«