Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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Raudinger stieß dabei in dasselbe Horn, wie der Bauer. Den ganzen Nachmittag hatten die beiden Männer auf der Diele verbracht und über Jörg Urban geredet. Dabei war auch zur Sprache gekommen, daß der Knecht am Abend zuvor einen Streit mit dem Tierarzt gehabt hatte. Als Christine zwischendurch einmal über die Diele ging, hörte sie die beiden darüber reden.

      »Ich hab’ einfach keine Erklärung dafür«, sagte Jörg verzweifelt. »Uns bleibt nichts and’res übrig, als das Ergebnis der Laboruntersuchung abzuwarten.«

      Er wandte sich ihr zu und zog sie an sich.

      »Komm, laß uns die trüben Gedanken verscheuchen und von etwas Schönerem sprechen.«

      Die hübsche Magd gab ihm einen liebevollen Kuß.

      »Ja, von uns beiden.«

      Während sie Arm in Arm über den Waldweg spazierten, erzählten sie sich von einander aus ihrem Leben. Christine stammte aus dem Wachnertal und hatte es auch nie verlassen. Die Eltern waren selbst Magd und Knecht gewesen, lebten aber schon lange nicht mehr.

      »Aber auf dem Wendlerhof hab’ ich eine neue Familie gefunden«, sagte sie versonnen.

      Jörg strich ihr zärtlich über das Haar.

      »Könntest dir denn vorstellen, eine eigne Familie zu gründen?« fragte er lächelnd.

      Das Madel hob seinen Kopf. Tränen standen ihm in den Augen.

      »Du meinst – mit dir?«

      Der junge Tierarzt nickte stumm.

      »Ja, das hab ich gemeint«, antwortete er. »Weißt, ich kann ja net für immer in Elena Wiesingers Praxis bleiben. Außerdem möcht ich mich schon eines Tages selbständig machen. Dann brauch’ ich eine tüchtige Frau an meiner Seite, und da könnt ich mir keine Bess’re vorstellen als dich.«

      Er sah ihr in die Augen.

      »Du bist doch die Frau meines Herzens«, setzte er hinzu.

      Christine Brunner schluckte ergriffen.

      »Ich könnt’ mir nix Schön’res vorstellen, als irgendwo mit dir zusammen glücklich zu werden«, antwortete sie leise.

      »Dann nimmst’ meinen Antrag also an?«

      Sie nickte nur stumm, und als er sie in die Arme schloß und sie küßte, war es besiegelt.

      *

      Annemarie Singer blickte verwundert in das Wartezimmer der Tierarztpraxis. Dort, wo sich sonst um diese Zeit alles drängte, saß an diesem Montagmorgen kein Mensch – von Tieren ganz zu schweigen.

      »Nanu, das versteh’ einer«, murmelte sie kopfschüttelnd. Jörg Urban öffnete die Tür zum Behandlungsraum.

      »Es kann losgeh’n, Frau Singer.«

      Die Tierarzthelferin drehte sich um und zuckte die Schultern.

      »Niemand da, Herr Doktor«, antwortete sie.

      »Überhaupt niemand?«

      Jörg eilte zum Wartezimmer und schaute hinein. Alle Stühle waren leer, die kleinen Näpfe mit den Leckerlie für Hunde und Katzen standen unberührt.

      »Das ist ja merkwürdig«, sagte er und sah Annemarie Singer an. »Wissen Sie, was das zu bedeuten hat?«

      »Keine Ahnung«, schüttelte die den Kopf. »Aber wenn schon nix los ist, kann ich die Gelegenheit nutzen und die Käfigtiere füttern.«

      Wenig später kam Elena herein. Sie hatte es übernommen, über Land zu fahren und die Hofbesuche zu machen. An ihrer ernsten Miene sah Jörg Urban sofort, daß etwas geschehen war.

      »Können Sie sich erklären, warum heut’ morgen niemand in die Sprechstunde gekommen ist?« fragte er.

      »Ich fürcht’ ja«, nickte die Tierärztin. »Aber das ist erst der Anfang…«

      Schon auf dem ersten Hof, den sie anfuhr, hörte sie von dem Gerücht, das seit gestern nachmittag im Wachnertal die Runde machte: Der neue Tierarzt habe keine Ahnung von seinem Beruf und er sei auch schuld daran, daß der wertvolle Zuchtbulle vom Wendlerhof im Sterben liege!

      »Ich denk’, wir müssen net lang’ überlegen, wer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat«, sagte Elena Wiesinger.

      Sie holte tief Luft.

      »Auf den and’ren Höfen war’s net besser. Überall mußte ich’s mir anhör’n.«

      Jörg hatte sich erhoben.

      »Das tut mir leid«, sagte er. »Natürlich werd’ ich die Konsequenzen zieh’n und sofort meine Arbeit hier beeden. Ich kann nur hoffen, daß es sich genauso schnell herumspricht, daß ich fort bin, wie das Gerücht.«

      Elena Wiesinger stampfte entschlossen mit den Füßen auf.

      »Klein beigeben? Das kommt überhaupt nicht in Frage«, rief sie entschieden. »Sie sind unschuldig, das steht für mich fest. Wenn S’ jetzt alles hinschmeißen, dann kommt das einem Schuldgeständnis gleich. Außerdem fällt’s auf meine Praxis zurück, und das laß ich mir net bieten!«

      »Gerade deshalb, damit Ihr guter Ruf keinen Schaden nimmt, sollte ich besser geh’n.«

      »Unsinn. Wir warten das Ergebnis vom Labor ab. Dann seh’n wir weiter. Warum dauert das überhaupt so lang?«

      »Die Frau Krengl vom Labor hat angerufen. Die haben soviel zu tun, vor morgen abend kann das Ergebnis net da sein«, sagte Annemarie Singer, die gerade hereingekommen war.

      »Auch das noch!« stöhnte Jörg und zog die Stirn kraus.

      »Was machen wir denn jetzt?«

      »Frei«, erwiderte Elena Wiesinger. »Wenn keine Patienten da sind, brauchen wir uns auch net die Beine in den Bauch zu steh’n. Es ist sowieso gleich Mittagspause, und am Nachmittag bleibt die Praxis geschlossen. Geh’n wir also nach Haus.«

      Gemeinsam gingen sie zum Haus der Wiesingers hinüber. Unterwegs versuchte Jörg noch einmal seine Gründe darzulegen, warum er lieber aufhören wollte. Doch die attraktive Tierärztin lehnte rundweg ab.

      »Sehen S’ doch ein, davonlaufen kann jeder. Aber keiner, der ein reines Gewissen hat, wird es tun.«

      Bewundernd blickte er die Frau an seiner Seite an.

      Wenn er nicht schon Christine liebte – Elena wäre eine Frau, die er sofort lieben könnte.

      Aber das war nur ein Gedankenblitz. Nie wäre er auf die Idee gekommen, sich einer verheirateten Frau zu nähern.

      Außerdem verehrte er die Kollegin viel zu sehr und er war ihr dankbar, daß sie sich so für ihn einsetzte.

      »Wie wär’s«, meinte Elena Wiesinger, als sie die Haustür aufschloß, »laden S’ Ihre Christine doch mal zu uns zum Essen ein. Ich kenn’ sie ja ein bissel und find’, daß sie ein patentes Madel ist.

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