Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Ernst Hofer verdiente sein Geld als Direktor eines großen Brauereiunternehmens. Zahlreiche kleinere Privatbrauereien waren aufgekauft worden, seitdem Hofer die Regie in dem Unternehmen übernommen hatte. Seine Expansionspolitik hatte ihm dem Spitznamen »Imperator« eingebracht, und nicht wenige mittelständige Unternehmen waren von seinem Wohlwollen abhängig. Schließlich diktierte er die Bierpreise, und so mancher Gastwirt bedauerte es inzwischen, mit dem Hoferbräu einen Bierlieferungsvertrag abgeschlossen zu haben.
Von all diesen Dingen hatte der Bergpfarrer gerüchteweise gehört. Dies jedoch war nicht der Grund seines Kommens, ihm ging es darum, für die Tochter des Hauses ein gutes Wort einzulegen.
Nachdem er einige Zeit vor dem Eisentor hatte warten müssen, fragte eine Frauenstimme nach seinem Begehr. Der Geistliche nannte seinen Namen und bat darum, den Herrn Hofer sprechen zu dürfen. Schließlich wurde er von einem jungen Madel, das ganz offensichtlich das Hausmädchen war, hereingebeten und in das Haus geführt. Das Madel bat ihn in einen kleinen Salon und versicherte, daß der Herr Direktor ihm in ein paar Minuten wieder zur Verfügung stände.
Sebastian sah sich um. Die Ausstattung der Einganshalle und des Salons kündeten nicht nur vom Reichtum der Bewohner. Sie hatten auch Geschmack bewiesen bei der Wahl der Möbel, Teppiche und Bilder. Staunend hatte der gute Hirte von St. Johann beim Betreten des Hauses auf die kunstvoll geschnitzte Treppe gesehen, die in das obere Stockwerk führte.
Er stellte sich ans Fenster und warf einen Blick in den Park hinaus. Eine große Rasenfläche, aufwendig angelegte Blumenrabatte, ein Teehaus. Das alles instand zu halten benötigte die Arbeitskraft eines eigenen Gärtners. Sebastian bezweifelte nicht, daß dieser der Familie zur Verfügung stand. Genauso wie das Hausmädchen, ein Chauffeur und eine Köchin.
Die Tür hinter ihm wurde geöffnet, und der Geistliche drehte sich um.
»Grüß Gott, Herr Pfarrer«, sagte Ernst Hofer. »Was führt Sie zu mir?«
Er war ein stattlicher, hochgewachsener Mann, dem man ansah, daß er über das notwendige Durchsetzungsvermögen verfügte, das ein Mann in seiner Position benötigte, um ein solches Unternehmen, wie das Hoferbräu zu führen.
»Geht’s um eine Spende für eines Ihrer Projekte?«
Als reicher Brauereibesitzer war es für ihn nichts Ungewöhnliches, daß er hin und wieder von Leuten aufgesucht wurde, die an seine Großherzigkeit appelierten, und Ernst Hofer war ein Mann, der sich durch sein Mäzenentum einen postiven Ruf erworben hatte.
Doch Sebastians Besuch hatte einen anderen Grund.
»Ich grüße Sie, Herr Hofer«, antwortetet er und schüttelte den Kopf. »Nein, ich möcht kein Geld von Ihnen. Es ist etwas Privates, das mich hier hergeführt hat.«
Der Brauereidirektor runzelte die Stirn und bat den Besucher Platz zu nehmen. An der Längsseite des Salons stand eine Bar mit eingebauter Zapfanlage.
»Ein Bier?« erkundigte sich der Hausherr. »Seit kurzem produzieren wir ein dunkles Rauchbier. Das müssen S’ unbedingt mal probieren.«
Er war bereits an die Zapfanlage getreten, doch der Seelsorger winkte ab.
»Für mich net«, sagte Sebastian. »Ich bin mit dem Auto da. Lieber ein Mineralwasser.«
»Verstehe«, nickte Ernst Hofer und entnahm dem kleinen Kühlschrank eine Flasche.
Sich selbst zapfte er ein Glas Bier und kam dann zu Sebastian, der sich an einen kleinen, runden Tisch gesetzt hatte, der am Fenster stand.
»So, Hochwürden, dann mal heraus mit der Sprache«, forderte der Brauereidirektor ihn auf. »Was haben S’ auf dem Herzen?«
Der Geistliche trank einen Schluck und lehnte sich zurück. Ernst Hofer sah ihn gespannt an.
Ahnte er bereits den Grund des Besuches?
»Ich war gestern auf dem Enzingerhof«, begann der Seelsorger das Gespräch. »Es steht net zum Besten mit der Christel – finanziell geseh’n, mein ich. Gesundheitlich hat sie keinen Grund zum Klagen.«
Die Miene seines Gegenübers verfinsterte sich.
»Den hätt’ sie auch in finanzieller Hinsicht net, wenn sie auf ihre Mutter und mich gehört hätt’«, antwortete der Vater der Bäuerin. »Wir waren von Anfang an gegen diese Verbindung.«
»Sie haben’s Ihre Tochter auch deutlich spüren lassen. Net einmal zur Beerdigung Ihres Schwiegersohnes sind S’ gekommen. Geschweige denn, daß Sie einen Kranz geschickt hätten, einen letzten Gruß, ein paar tröstliche Worte.«
Der Vorwurf war unüberhörbar. Trotzig blickte der Hausherr seinen Besucher an.
»Wir haben uns nix vorzuwerfen, Hochwürden«, entgegnete Ernst Hofer. »Im Gegenteil. Wenn die Christel net ihren störrischen Kopf durchgesetzt hätt’, wär sie längst ins Unternehmen eingestiegen und könnt’ ein sorgenfreies Leben führen. Aber nein, sie mußte ja unbedingt einen armen Bauernsohn heiraten.«
»Glauben S’ wirklich, daß man das gegeneinander aufwiegen könnt’ – Liebe und wirtschaftliches Kalkül? Was meinen S’ wohl, wie viele glückliche Ehen net auf dieser Welt geschlossen würden, wenn man immer nur danach gefragt hätt’, ob die Verbindung standesgemäß sei, und wie positiv sie sich in der Bilanz niederschlägt?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, Herr Hofer«, fuhr er fort, ohne dessen Antwort abzuwarten. »Das ist doch net die Frage, die im Vordergrund steht, sondern vielmehr, wie man der Christel helfen kann.«
Der Brauereibesitzer sah ihn an, dann auf das Bierglas vor sich und wieder zurück.
»Wissen S’, Hochwürden, ich stände heut net da, wo ich steh, wenn ich mich in meinem Leben net durchgesetzt hätt’. Jeder ist seines Glückes Schmied, und uns’re Tochter wollt einen anderen Weg gehen. Schauen S’, in der Firma hab’ ich einen tüchtigen jungen Mann, den ich als meinen Nachfolger aufbau. Diese Position hätt’ einmal die Christel einnehmen soll’n. Sie hat net gewollt und jetzt muß sie zusehen, wie sie aus ihrer Lage herauskommt. Am besten raten S’ ihr, den ganzen Krempel zu verkaufen. Vielleicht überlegt sie’s sich ja noch einmal und kommt wieder zu uns zurück. In diesem Fall stände unsere Tür für sie immer offen. Sagen S’ ihr das. Aber eine finanzielle Unterstützung für einen maroden Bauernhof, also bei aller Barmherzigkeit, Herr Pfarrer, aber damit dürfen S’ nun wirklich net rechnen.«
Sebastian ließ sich seine Enttäuschung über den Ausgang des Gespräches nicht anmerken. Er erhob sich und schüttelte den Kopf, als der Hausherr ihn begleiten wollte.
»Lassen S’ nur. Ich find allein’ hinaus.«
Er schloß die Tür zum Salon hinter sich und atmete tief durch. Der Bergpfarrer hatte sehr an sich halten müssen, um auf die Worte des sturköpfigen Bierbrauers nicht heftig zu reagieren. Aber er wußte, daß es keinen Zweck gegeben hätte. Vorerst würde er nichts in dieser Angelegneheit ausrichten können.
Sebastian Trenker durchquerte die Halle, ohne daß ihm eine Menschenseele begegnete. Erst als er die Klinke in die Hand nahm, hörte er ein Geräusch auf der Treppe. Er drehte sich um und sah eine Frau die Stufen heruntereilen.
»Warten S’, Hochwürden«, rief sie leise.
Maria