Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna Meare

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Mami Staffel 11 – Familienroman - Edna Meare Mami Staffel

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und dann in noch rasender Fahrt einen dahinsausenden Bus. Bald darauf tauchten vor ihnen die undeutlichen Umrisse der ersten Alpenhöhen auf. Es goß jetzt wie aus Eimern, so daß die Wischer kaum das Wasser von der Scheibe verdrängen konnten. Nach einer Weile stöhnte Annalena auf und schaltete das Radio ein. Ein flotter Sound übertönte das Geräusch des Scheibenwischers, machte das Fahren angenehmer aber nicht ungefährlicher.

      »Mama!« Claudia tippte ihr auf die Schulter. »Ich hab’ keine Lust nach Verona zu fahren!« brüllte sie. »Ist schon schlimm genug, daß Papa mir den Chopin aufgehalst hat. Kannst du ihn nächste Woche nicht anrufen und sagen, ich bin krank?«

      Sofort stellte Annalena das Radio leiser und bedeutete ihrer Tochter, die Stöpsel aus den Ohren zu nehmen. Dann warf sie ihr über den Innenspiegel einen ernsten Blick zu.

      »Hör zu, mein Kleines. Ich muß dir etwas sagen.«

      »Nee! Nicht schon wieder vom Klavierüben anfangen!« entgegnete Claudia trotzig. »Wenn Papa das macht reicht’s schon.«

      Sie bemerkte, daß im Blick der Mutter ein Lächeln entstand.

      »Du wirst es in Zukunft leichter haben, Claudia. Nur wenn du Lust dazu hast, sollst du Klavier spielen.«

      Claudia verdrehte die Augen. »Das sagst du! Aber Papa?

      »Papa wird uns in Zukunft kaum noch besuchen.«

      »Das tut er doch jetzt schon.«

      Annalena überlegte. Sollte sie warten, bis sie Italien erreicht hatten? Nein, dann blieb ihr kaum noch Zeit für eine längere Erklärung. Sie mußte Claudia schon jetzt die ganze Wahrheit offenbaren.

      »Hör zu, mein Kleines. Wir fahren nicht an die Adria in unser Haus, Claudia. Wolfgang erwartet uns im Haus seiner Familie am Gardasee.«

      »Warum? Übernachten wir dort? Was heißt Familie? Hat er Kinder?«

      »Nein, nein. Aber seine Schwester hält sich dort gerade auf. Sie hat zwei kleine Jungens. Seine Mutter ist auch anwesend. Du wirst Spaß haben, Claudia. Uns stehen herrliche Zeiten bevor.«

      »Aber Papa hat nichts davon gesagt«, wunderte Claudia sich.

      Ihre Mutter holte tief Luft und trat noch stärker aufs Gas. Sie rast nun auf eine kurvige Strecke zu. Die Straßen wurden von Seitenplanken begrenzt und da sie eine sichere Fahrerin war, erhöhte sie unbekümmert das Tempo.

      »Er weiß es noch nicht, Claudia«, erklärte sie mit erhobener Stimme. »Aber ich werde zu seinem Konzert nach Verona fahren und ihn danach um die Scheidung bitten.«

      »… um was?« Claudia, die sich schon wieder die Stöpsel in die Ohren stecken wollte, versteinerte.

      »Um die Scheidung!« wiederholte Annalena lauter. »Wolfgang und ich lieben uns. Du hast ihn doch kennengelernt und sympathisch gefunden. Darum werden wir die ganzen Ferien bei ihm verbringen. Nach den Ferien ziehen wir dann in eine gemeinsame Wohnung. Du bist doch dabei?«

      Claudia begriff immer noch nicht. »Und… und Papa?«

      »Dein Vater liebt mich lange nicht mehr, Claudia. Unsere Ehe besteht nur noch auf dem Papier. Er braucht die Bewunderung anderer Frauen. Und ich liebe Wolfgang. Wolfgang versteht und braucht mich.«

      Die Elfjährige starrte mit offenem Mund nach vorn in den Regen. Was sie da unerwartet zu hören bekam, verwirrte sie so, daß sie nicht mal weitere Fragen stellen konnte.

      »Findest du ihn nicht nett?« wollte Annalena wissen.

      »Nein!« schrie Claudia. »Überhaupt nicht!«

      Annalena trat noch heftiger aufs Gas.

      »Aber ich liebe ihn doch! Und du wirst ihn schon liebgewinnen. Er ist ein wunderbarer Mann. Ganz anders als dein Papa!«

      »Nein! Nein!! Ich will nicht, Mama! Ich will nicht an den Gardasee. Ich will in unser Haus am Strand!« Claudia ballte die Fäuste. Sie liebte ihre Eltern, und deshalb ertrug sie diesen Zwiespalt nicht, den ihre Mutter ihr plötzlich aufbürdete.

      »Es ist auch mein Leben, Claudia. Ja, ich will leben und lieben! Und dazu brauche ich Wolfgang.«

      In einer Rechtskurve setzte Annalena zum Überholen eines Lasters an. Da Claudia sie von hinten an der Schulter rüttelte, verlor sie für Sekunden die Gewalt über den Wagen. Er schrammte gegen die Planke, geriet ins Schleudern, prallte gegen den Laster, wurde mitgeschleift und kam erst nach einer Ewigkeit zum Stehen.

      »Mama!« schrie Claudia verzweifelt, löste ihren Gurt und öffnete die Tür, um ihrer Mutter, die vornübergebeugt über dem Steuer lag, schneller zur Hilfe zu kommen. Sie konnte nicht erkennen, daß von hinten ein Sportwagen in rasendem Tempo auf sie zukam. Sie spürte nur noch einen heftigen Stoß, dann einen stechenden Schmerz und verlor das Bewußtsein.

      *

      Daß Dr. Kurt Wittek an diesem Tag eine halbe Stunde früher zum Dienst in der Klinik antrat, war auf einen Zufall zurückzuführen. Eigentlich hatte er sich mit seiner Frau am späten Nachmittag noch zu einer Tasse Kaffee treffen wollen, aber Valerie hatte im letzten Moment abgesagt, weil sie mal wieder länger in der Apotheke stehen mußte.

      Kurt kannte das schon. Er hatte einen kleinen Spaziergang gemacht, um die frische Luft nach dem langen Regen an diesem Tag zu genießen und kam nun wie immer in recht guter Stimmung und fast eine Stunde zu früh ins Krankenhaus.

      »Dr. Wittek!« rief ihm die Pförtnerin entgegen. »Gut, daß Sie endlich da sind! Sie müssen sofort zu Dr. Hoffmann. Beeilen Sie sich bitte!«

      »Zu Astrid? Was ist los?« Astrid Hoffmann war ihm mehr als eine Kollegin. Sie, seine Frau und er waren seit langem dicke Freunde.

      »Exitus! Ein Unfallopfer von der Autobahn. Innere Verletzungen. Dr. Hoffmann und das OP-Team haben stundenlang um ihr Leben gekämpft. Vergeblich. Damit wird Dr. Hoffmann nicht fertig. Sie sitzt völlig apathisch im Ärztezimmer. Sie müssen jetzt gleich ihren Dienst übernehmen.«

      Kurt Wittek riß sich im Weitergehen das Jackett von den Schultern, schlüpfte in den Raum neben dem Ärztezimmer, holte einen frischen Kittel aus dem Regal und zog ihn hastig über.

      Als er das Ärztezimmer betrat, standen drei junge Kollegen um einen der drei Schreibtische. Kurt sah nur das rotblonde Haar Astrids. Sie hatte den Kopf auf den Tisch gelegt und die Arme schützend darüber verschränkt.

      »Sie können gehen«, raunte er den Ärzten zu.

      Dann war er mit Astrid allein. Kurt Wittek gehörte zu den Menschen, die sich, wann immer es ging, bei allem viel Zeit lassen. Es dauerte Sekunden, bis er sie tröstend berührte. Wie schwer die Verantwortung für das zweite Team im OP gerade auf Astrid lastete, hatte er immer geahnt.

      Sie galt als befähigte Chirurgin mit ihren gerade mal dreiunddreißig Jahren, aber wenn es um Leben und Tod ging, fragte keiner, ob ihrer Seele nicht vielleicht einige Jahre fehlten, um die Last der Verantwortung zu ertragen.

      Hatte er ihr nicht deshalb schon häufig geraten, sich nicht für die privaten Angelegenheiten der Unfallverletzten zu interessieren? Daran konnte jeder Arzt scheitern. Und was war er dann noch als Mediziner wert?

      Er strich ihr zärtlich übers

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