Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna Meare
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mami Staffel 11 – Familienroman - Edna Meare страница 7
»Ja, unsere Mama wollte immer nur das Beste für uns beide, wollte uns immer nur glücklich sehen. Sie wollte schnell unten in unserem Haus sein. Weißt du auch, warum?«
Claudia sah ihn stumm an.
»Sie wollte dafür sorgen, daß der Flügel im Haus gestimmt wird, bevor du mit den Etüden von Chopin beginnst. Sie kannte dein feines Gehör, denn das hast du von mir.«
Da schloß Claudia die Augen.
»Laß mich allein, Papa«, flüsterte sie. »Bitte laß mich allein. Frau Doktor soll kommen.«
Sie drehte den Kopf leicht zur Seite. Wie sollte sie mit der Last, die ihre Mama ihr im letzten Moment aufs Herz gelegt hatte, in der Gegenwart ihres Vaters fertig werden? Wie sollte sie es ihm jemals anvertrauen? Denn nichts von allem, was sie ihr aufgeladen hatte, konnte ohne klärende Worte jemals aus der Welt geschaffen werden.
»Du wirst bald wieder gesund werden«, sagte Fabian noch. »Denke nicht, daß ich dich hier lange allein lasse. Ich werde einige Konzerte absagen, damit ich dich häufig besuchen kann. Und ich will alles tun, um ein wenig Glück in unsere Zukunft zu zaubern.«
Er war ein großer Zauberer auf dem Dirigentenpult. Aber jetzt wirkte der Zauber nicht. Das Wort Glück grub sich schmerzhaft in ihr Inneres, und ein schluchzender Laut entrang sich ihr.
»Frau Doktor soll kommen. Sie heißt Hoffmann, Papa. Astrid Hoffmann.«
»Die Ärzte und Schwestern hier tun alles, damit es dir bald bessergeht. Wie heißt die Ärztin? Hoffmann?« Er seufzte. »Gut, gut, mein Liebling. Ja, ich hole sie gleich.«
Aber er blieb sitzen und überlegte, wem er nun sein Leid klagen konnte. Ob Wiebke Lohmer und Bella Crusius ihm über die innere Leere hinweghelfen konnten? Sofort verwarf er den Gedanken wieder. Beide würden sich Hoffnungen auf eine Zukunft an seiner Seite machen. Jetzt, da er Witwer war, lauerten einige Frauen auf ihre Chance. Wie viele unangenehme Frage- und Antwort-Spiele kamen da auf ihn zu!
Die Tür öffnete sich und eine junge Ärztin trat ein. Fabian war trotz allem galant genug, sich sofort zu erheben. Sie reichte ihm die Hand.
»Hoffmann, Astrid Hoffmann.«
Obwohl es überflüssig war, nannte Fabian nun auch seinen Namen und nickte dankend, als Annalena ihm ihr Mitgefühl über den Tod seiner Frau aussprach. Aber sie sah ihm kaum in die Augen. Ob sie an seinen väterlichen Eigenschaften zweifelte und fürchtete, er habe Claudia keinen Trost zusprechen können?
Gleich darauf schaute sie zu Claudia hinüber. »Ihre Tochter wird jetzt schlafen. Ich habe Dienstschluß, bleibe aber hier.«
»Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen. Sie hat schon nach Ihnen gefragt.«
So geräuschlos wie möglich wollte er sich aus dem Staub machen. Er sehnte sich nach der frischen Luft. Die brauchte er jetzt, um Energien für die Aufgaben zu tanken, die auf ihn warteten. Das Begräbnis für Annalena, die Fragen der Presse und seines Managers, die lästigen Anrufe seiner Verehrerinnen. Und das alles in der Leere seines Hauses!
»Ich bin am Ende«, flüsterte er der Ärztin noch zu, als müsse er damit seine Eile entschuldigen. »Meine Frau war mir alles. Mein Glück, mein Schicksal, mein Leben.«
Astrid nickte. »Ich weiß. Was ich für Claudia tun kann, werde ich versuchen. Ich verspreche es Ihnen, Herr Ossiander.«
»Aber… aber Claudia wird doch wieder gehen können?«
»Sicher. Es wird nur eine gewisse Zeit vergehen.«
Er nickte, dann bedeckte er Claudias Gesicht mit zärtlichen Küssen und verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzusehen.
Astrid griff nach ihrer Hand. Und als ob sich dadurch Schleusen öffneten, ergoß sich ein Strom von Tränen über Claudias Gesichtchen. Und Astrid schmiegte ihre Wange an die ihrer kleinen Patientin und begann ebenfalls zu weinen, als könnte sie damit ihr Gewissen erleichtern.
*
Drei Tage später, an einem trüben, aber sommerlich warmen Sommertag verließ Astrid Hoffmann nachmittags die Klinik, um sich eine Stunde später inmitten einer unübersehbaren Menge von Trauergästen zur letzten Ruhestätte von Annalena Ossiander zu begeben. Es war eine würdige Feier und der Pfarrer schloß die kleine Claudia in sein Gebet ein, in dem er Gott um gütige Menschen bat, die der Halbwaise auf ihrem Weg ins Leben voller Liebe zur Seite stehen konnten.
Astrid sah zu Fabian Ossiander hinüber. Umgeben von Menschen, die sie nicht kannte, und gestützt von zwei schlanken und in elegante schwarze Kostüme gehüllte Frauen, schien sein Gesicht grau und erstarrt. Nichts an ihm erinnerte an den verehrten und vergötterten Meister, der mit seiner genialen Kraft Millionen Menschen in der Welt verzauberte, wie sie es einige Male selbst erlebt hatten.
Als sie das große Rosenbukett auf den Sarg hinunterließ, schaute sie noch einmal zu ihm. Ihre Blicke kreuzten sich. Und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte die junge Ärztin in den Augen des trauernden Witwers ein kleines Licht der Zuversicht entdecken zu können. Sein markantes Gesicht straffte sich, und in diesem Moment begriff sie, welche Macht die Ausstrahlung dieses Mannes auf Frauen ausüben konnte. War der Anflug eines dankbaren Lächelns in seinem Blick gewesen?
Ob er ahnte, wie gern sie sich um Claudia kümmerte? Ob er wußte, daß sie sich auch um Claudias Vertrauen bemühte, um die Last ihres Gewissens loszuwerden? Astrid schlug die Augen nieder. Immer noch kämpften schmerzliche Empfindungen in ihr.
Die Trauergemeinde verstreute sich. Der Dirigent wurde von Menschen umringt, die ihm jetzt bestimmt einen Halt bedeuteten. Langsam machte Astrid sich auf den Rückweg zur Klinik. Da hörte sie plötzlich eilige Schritte hinter sich über den Kiesweg knirschen.
»Frau Doktor!«
Es war Fabian Ossiander, er mußte sich aus dem Pulk seiner nächsten Freunde gelöst und hinter ihr hergeeilt sein. Er stand vor ihr, und wieder stellte sie fest, was für ein gutaussehender Mann er war. Nein, der Leidensdruck der letzten Stunde schien seiner Ausstrahlung nichts anhaben zu können. Sie schämte sich fast, weil sein Anblick ihr Herz etwas schneller schlagen ließ.
»Gehen Sie jetzt zu Claudia zurück?«
»Ja, selbstverständlich.«
Das tiefe Schwarz seines leichten Sommeranzugs verlieh ihm die gleiche Würde wie der Frack, den er am Dirigentenpult trug.
»Ihre Tochter erwartet Sie voller Sehnsucht, Herr Ossiander. Schon gestern hat sie immer wieder nach Ihnen gefragt. Sie haben ihr ein Foto Ihrer Frau versprochen.«
Er nickte. »In einer Stunde werde ich dort sein. Ich bitte Sie, mir dann ein wenig Ihrer kostbaren Zeit zu gönnen.«
»Meine Zeit ist nicht kostbar«, erwiderte sie bescheiden. »Eigentlich habe ich heute keinen Dienst. Ich will nur bei Claudia sein, weil ich nicht wußte, ob Sie sie heute besuchen. Sie darf sich doch nicht alleingelassen fühlen.«
»Halten Sie mich für einen Rabenvater?« fragte er verstört.
Sie erschrak. Sollte sie mit einer unbedachten Bemerkung noch mehr Schuld auf sich laden?
»Nein, nein, Herr Ossiander, keinesfalls. Sie haben Verpflichtungen und Termine einzuhalten. Und