Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 28
»Der Verdacht hat sich bestätigt. Sie hat sich eine Trümmerfraktur des linken Kniegelenks zugezogen«, erklärte er und ging hinüber zum Sideboard, wo immer eine Schale mit frischem Gebäck aus Tatjanas Bäckerei bereit stand. Einen Moment lang blickte er auf die verführerische Auswahl und entschied sich schließlich für ein ebenso winziges wie köstliches Schoko-Sahne-Törtchen. »Hmmm, die sind einfach fantastisch«, geriet er unvermittelt ins Schwärmen und schloss einen kurzen Augenblick genüsslich die Augen.
Fees alarmierte Stimme ließ Daniel aber rasch wieder in die Wirklichkeit zurückkehren.
»Heißt das, dass sie ein neues Kniegelenk braucht?«, fragte sie zutiefst besorgt.
»Keine Angst, Feelein«, versuchte Daniel, seine Frau zu beruhigen. »Du weißt doch selbst, dass das heutzutage ein Routineeingriff ist.«
Das wusste Felicitas tatsächlich. Sie wusste aber auch, dass ihr Mann etwas vor ihr verbarg. Der ernste Ausdruck in seinen Augen zeugte davon.
»Ist da noch was?«, hakte sie nach.
Als Daniel seufzte, bestätigten sich ihre Befürchtungen.
»Ich kann aber auch wirklich gar nichts vor dir verbergen.«
»Ein beruhigender Gedanke«, stellte Fee ernst fest. »Was ist los?«
»Eigentlich wollte ich erst darüber sprechen, wenn mehr Untersuchungsergebnisse vorliegen. Aber gut… Lenni hat seit einiger Zeit Herzbeschwerden.«
Diese Nachricht kam auch für Fee überraschend. Mit vielem hatte sie gerechnet, nur nicht damit.
»Seit einiger Zeit, sagst du? Wie kann das sein? Davon hätten wir doch was mitbekommen müssen.«
Dieser Gedanke bekümmerte auch ihren Mann.
»Ich weiß auch nicht, warum sie nichts gesagt hat. Die Herzrhythmusstörungen sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch der Grund für ihre Schwindelanfälle.« Unwillig schüttelte Dr. Norden den Kopf. »In diesem Zustand ist selbst eine Operation mit Rückenmarksnarkose ein Risiko. Aber ich hoffe, dass wir diese Probleme bis morgen früh in den Griff bekommen werden und uns dann um das Knie kümmern können.«
Felicitas Norden kannte ihren Mann gut genug, um auch die Worte zwischen den Zeilen lesen zu können. Die Sorge um die Haushälterin, die ihr in all den Jahren wie ein echtes Familienmitglied ans Herz gewachsen war, ließ ihre Knie weich werden. Sie sank auf den Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch für Besucher bereit stand. Angstvoll sah sie zu ihrem Mann hoch.
»Sie wird doch wieder gesund werden?«
Diese bange Frage hatte sich Dr. Norden auch schon gestellt. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine sichere Antwort darauf. Doch wie immer hatte auch in diesem Fall sein unerschütterlicher Optimismus gesiegt. So lange eine Schlacht nicht verloren war, wollte er an den glücklichen Ausgang glauben.
»Natürlich wird sie das!«, versicherte er mit fester Stimme. »Und wir alle werden ihr dabei helfen.«
*
»Warum nur hab ich mich von Lenni überreden lassen?«, murmelte Felix Norden vor sich hin, während er eine neue Lieferung Acrylfarben in dem dafür vorgesehenen Schrank verstaute. Die Materialien waren für Menschen gedacht, die nach einer Operation mit körperlichen Einschränkungen kämpfen mussten und ihre Bewegungsfähigkeit unter anderem durch eine Maltherapie wiedererlangen sollten. Er war so vertieft in seine verzweifelten Gedanken und Schuldgefühle, dass er die Blicke seiner ungeliebten Chefin nicht bemerkte.
»Ist es um deinen Geisteszustand schon so schlecht bestellt, dass du Selbstgespräche führst?«, fragte ihn die Ergotherapeutin ironisch.
Durch Worte und Gesten hatte sie dem Arztsohn von Anfang an unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er mitnichten mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden war. Er musste sich seine Sporen selbst verdienen, und sie dachte nicht daran, ihm das Leben leicht zu machen.
Felix, der nicht mit einem Zuhörer gerechnet hatte, fuhr erschrocken herum.
Silvie Riemerschmidts hämisches Lächeln brachte ihn fast zur Weißglut.
»Natürlich führe ich Selbstgespräche«, erklärte er und warf wütend die Schranktür zu. »Hin und wieder brauche ich nämlich einen kompetenten Gesprächspartner.«
Ehe die Ergotherapeutin den Sinn dieser Worte überhaupt erfasst hatte, war er an ihr vorbei aus dem Zimmer gelaufen. Er stürmte an verdutzten Patienten vorbei durch den Flur und hielt er erst wieder an, als ihm die kühle Luft des Spätherbstes ins Gesicht schlug. Irritiert hielt Felix inne und sah sich um. Ohne es zu bemerken, war er in den parkähnlichen Garten gelaufen. Erst jetzt bemerkte er, dass er außer Atem war. Die Hände in die Seiten gestemmt hielt er keuchend inne. Die kalte Luft kühlte seine überschäumenden Gefühle auf ein erträgliches Maß ab, und langsam begann Felix, im Garten auf und ab zu gehen.
Seine Mutter Felicitas, die am Fenster in ihrem Büro stand, bemerkte den jungen Mann, der unter blattlosen Bäumen rastlos seine Kreise zog. Sie ahnte, welche Sorgen ihn belasteten. Deshalb zögerte sie nicht und verließ ihr Büro, um ihm in dieser dunklen Stunde beizustehen.
»Felix, mein Lieber, ist alles in Ordnung?« Glücklicherweise hatte sie einen Mantel mitgenommen und schloss schnell die Knöpfe, ehe sich die unangenehme Kälte festbeißen konnte.
»Diese verdammten Gardinen! Warum hab ich mich nur von Lenni einlullen lassen? Warum hab ich mich nicht durchgesetzt?«, fragte Felix bitter. Erst jetzt drehte er sich zu seiner Mutter um. Sein verzweifelter Gesichtsausdruck erschreckte sie zutiefst. »Ich hab Angst, Mami!«
Fee konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann ihr Zweitältester diese kindliche Anrede zum letzten Mal benutzt hatte. Früher völlig normal, war sie inzwischen ein Zeichen höchster Not.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Felix«, sprach sie mit sanfter Stimme auf ihren Sohn ein und kam näher. »Wir wissen doch alle, wie stur Lenni sein kann. Niemand hat Schuld an diesem Unfall. Mal abgesehen davon, dass sie hier in den besten Händen ist.« Sie verriet nicht, dass sie sich mit diesen Worten selbst genauso zu trösten versuchte.
Felix schien ihre Gedanken zu erahnen.
»Lenni ist keine junge Frau mehr. Eine Operation in ihrem Alter ist bestimmt alles andere als ein Kinderspiel.« Seite an Seite wanderten Mutter und Sohn durch den schönen Garten, der selbst in dieser Jahreszeit in pittoresker Schönheit dalag.
»Ich weiß«, musste Fee seufzend eingestehen. Sie haderte mit sich, ob sie Felix von Lennis Herzproblemen erzählen sollte, und entschied sich schließlich dafür. Früher oder später würde er es ohnehin erfahren. »Dein Vater hat heute herausgefunden, dass die Schwindelanfälle von Herzproblemen herrühren.«
Abrupt blieb Felix stehen und starrte seine Mutter entgeistert an.
»Lenni hat Herzprobleme? Warum haben wir nie was davon mitbekommen?«
»Offenbar hat sie ein ungeahntes schauspielerisches Talent.« Ratlos zuckte Felicitas mit den Schultern. »Aber dein Dad und alle anderen Ärzte werden alles in ihrer Macht Stehende tun, damit sie wieder gesund wird«, versicherte sie noch einmal.
»Und wenn das nicht genügt?«, fragte Felix hoffnungslos zurück.
Doch