Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling страница 41
»Dann müssen sie dich nach Hause schicken«, strahlte Doris. »Das wäre toll, Marie-Luise. Dann könntest du den ganzen Tag bei uns sein.«
Zur Freude deiner Tante Pat, hätte Marie-Luise um ein Haar gesagt. Aber sie war viel zu fair, um die Tante in den Augen der Kinder herabzusetzen.
»Ich schon’ mich lieber«, lachte sie nur. »Aber ihr müßt singen. Ich höre euch gern zu.«
»Lohnt sich nicht mehr. Wir sind schon da.« Thomas seufzte. Er sprach das aus, was Max schon eine Weile dachte.
»Hoffentlich ist Tante Pat heute abend besser gelaunt. Sie ist ja gräßlich, seit sie aus dem Krankenhaus zurück ist.«
»Thomas«, mahnte sein Vater.
»Ist doch wahr. Ich mag das nicht, wenn sie Marie-Luise so ansieht. So… so streng.«
»Sie guckt wirklich so schrecklich, Papa«, stand Doris ihrem Bruder bei. »Dagobert musterte sie manchmal genauso.«
Dagobert hob nur eine Winzigkeit den Kopf, als er seinen Namen hörte. Er war völlig geschafft. Aber auch für ihn war es ein herrlicher Tag gewesen. Und schön klang das Lachen in seinen Ohren. Er mochte es sehr, wenn Marie-Luise lachte.
»Marie-Luise«, Max Stimme klang leise, sehr zögernd. »Meine Schwester…«
Sie nahm die Hand vom Lenkrad und legte sie einen Augenblick auf sein Knie. Die leichte Berührung durchfuhr ihn wie ein Feuerstrom.
»Du brauchst nichts zu sagen. Sie liebt dich und die Kinder sehr. Ich bin auch eine Frau und ich verstehe Frauen bestimmt viel besser als du.« Hurmorvoll setzte sie hinzu: »Unser Regisseur behauptete einmal, er kommen sich vor wie ein Raubtierbändiger.« Leise, nur für ihn verständlich setzte sie hinzu: »Aber ich will deine Schwester nicht mit einem Löwen vergleichen.«
»Sie wird sich an dich gewöhnen, ganz bestimmt, Marie-Luise. Sie ist nur einfach nicht mehr gewohnt, daß sich ein weibliches Wesen für mich interessiert.«
Sie drehte den Kopf. Lachte ihn an. Nichts erinnerte in diesem spitzbübischen Gesicht daran, daß sich eine berühmte Schauspielerin dahinter versteckte.
»Woher weißt du, daß ich mich für dich interessiere? Oder hast du an ein anderes weibliches Wesen gedacht?«
»Es ist sehr unhöflich zu flüstern«, wurden die beiden von Thomas belehrt, der eifersüchtig versuchte, die Worte zu verstehen.
Sie brachte den Wagen zum Stehen. Langsam schoben sich die Kinder hinaus, auch Max schien es nicht eilig zu haben.
»Du hast versprochen, noch mit hereinzukommen.« Doris versuchte energisch, Marie-Luise aus dem Wagen zu ziehen. »Was man versprochen hat, das muß man auch halten.«
»Reiß ihr nicht die Arme aus«, sorgte sich Thomas. »Du tust ihr ja weh. Klar steigt sie aus, sie bleibt bestimmt den ganzen Abend bei uns.«
Die Haustür öffnete sich, die Kinder und Max sahen Pat ein wenig ängstlich entgegen. Aber Max hatte keine Zeit, Pats Gesicht zu mustern. Er hatte die junge Dame entdeckt, die hinter Pat stand.
»Franziska«, staunte er, »wo kommt Sie denn her?«
»Sie war so freundlich, mir Gesellschaft zu leisten, Max. Sonst wäre der Tag für mich doch sehr langweilig geworden. Kinder, die junge Dame ist Fräulein Treu, die rechte Hand eures Vaters. Ich hoffe, ihr begrüßt sie höflich.«
Marie-Luise bekam nur ein knappes Kopfnicken, Pat war zu klug, um das Mädchen gänzlich zu übersehen.
Man gab sich die Hand, Max folgte den beiden Damen ins Wohnzimmer, während die Kinder an Marie-Luises Seite klebten, die in die Küche ging.
»Wir haben schon zu Abend gegessen«, erläuterte Pat ihrem Bruder. »Du weißt, daß ich eine späte Mahlzeit am Abend nicht vertrage. Trude soll dir das Essen hier ins Zimmer bringen. Die Kinder sind so müde, sie lassen sich lieber von Trude in der Küche abfüttern.
Max ärgerte sich gründlich. Wäre Franziska nicht dagewesen, hätte er seiner Schwester gehörig die Meinung gesagt.
Als Max in die Küche kam, hockten Marie-Luise und die Kinder schon am Tisch. Ihr Lachen schien das Haus zu füllen, es war plötzlich, als wäre es lebendig geworden, als hätte es eine Seele bekommen.«
»Marie-Luise bleibt bei uns«, rief Thomas seinem Vater energisch entgegen. »Sie hat gesagt, wir wollten lieber in der Küche essen, damit wir Trude nicht unnütz Arbeit machen. Trude ist nämlich ganz erschöpft.«
Max nickte mitleidig. »Dann hatten Sie keinen angenehmen Sonntag, Trude. Darauf müssen Sie sich in dieser Woche einmal einen freien Tag nehmen.«
»Klar«, nickte Doris erfreut. »Mach das an einem Tag, wenn Marie-Luise Zeit hat. Dann vermissen wir dich nicht so schrecklich.«
Pats Stimmung hob sich natürlich nicht, als sie die Worte hörte. Sie war gekommen, um ihren Bruder zurückzuholen.
»Du kannst unmöglich so unhöflich sein, Max, und die junge Dame noch länger warten lassen. Sie ist wirklich ganz reizend.«
»Ich komme ja schon.« Erfreut sah Max nicht aus.
Marie-Luise brachte die Kinder zu Bett. Sie blieb noch eine Weile bei ihnen sitzen, sie hatte den Kindern verprochen, ihnen eine Geschichte zu erzählen, aber den beiden fielen die Augen bereits zu.
»Du kannst jetzt ruhig gehen.« Doris gähnte wie ein Kätzchen. Thomas kuschelte seinen Kopf in das weiche Kissen und betrachtete Marie-Luise, als wollte er ihr Bild mit in den Schlaf nehmen.
»Das war ein toller Tag. Das machen wir noch oft, oder? Wir brauchen gar nicht so weit zu fahren wie heute. Wir können auch im Garten bleiben. Wenn du nur bei uns bist.«
Sie küßte die Kinder zärtlich. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und versuchte, das Brennen in ihren Augen zu ignorieren. Die Liebe, die sie für die Kinder empfand, schmerzte beinahe körperlich.
Sie wäre am liebsten fortgefahren, ohne sich zu verabschieden. Aber so unhöflich wollte sie denn doch nicht sein.
Die offensichtliche Abneigung Pats kränkte sie nicht einmal, sie hatte höchstens Mitleid mit der Frau, die ihr Leben auf ihren Bruder abgestimmt hatte.
»Ich wollte mich nur verabschieden. Nein, Max, ich setze mich nicht mehr. Ich bin froh, wenn ich zu Hause bin.«
Franziska gab sich ebenso wenig Mühe, freundlich zu sein, wie Pat. Aber Max bestand natürlich darauf, sie hinauszubegleiten.
»Ich bin wütend und traurig«, murrte er, als er neben ihr durch den Garten ging. Die Dämmerung lag unter den Sträuchern, in dem Apfelbaum krächzte verschlafen ein Vogel. Sehnsüchtig sah er zu der Bank hinüber, die in ihrem eigenen Schatten stand. Als könnte sie Gedanken lesen, sagte sie leise, tröstend:
»Wir werden an einem anderen Abend dort sitzen, Max. Es gibt ja noch viele Abende, nicht wahr?«
Sie rieb ihre Wange an seiner rauhen, kratzigen. Er roch nach Sonne und Wasser und nach seinem Tabak. Sie sah die feinen Linien in seinem Gesicht,