Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa Simon

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Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon Mami Staffel

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Vorerst wollte er überhaupt nichts unternehmen, sondern der freundlichen Frau Schröder noch ein wenig Gesellschaft leisten. Mit den Katzen hatte sich Kevin bereits angefreundet, er kannte inzwischen alle Namen. Napoleon war auch wieder aufgetaucht, ein großes, schwarz-weiß geflecktes Tier mit grünen Augen.

      »Er strolcht gerne mal für ein paar Tage in der Umgebung umher, kommt aber immer wieder zurück«, sagte Waltraud Schröder erleichtert zu Kevin, als Napoleon plötzlich laut miauend vor der Haustür stand. »Na, dann komm mal rein, du Streuner.«

      Kevin durfte dem Kater seine ›Begrüßungsmilch‹ geben, und er war mächtig stolz darüber. Auch sonst half er der alten Frau, fütterte die Katzen und machte sogar die eine oder andere kleine Hausarbeit. Nur einkaufen ging er nicht für Frau Schröder – zu groß war die Gefahr, daß ihn jemand aus dem Heim erkannte und er wieder dorthin zurück mußte! Und das wollte er auf keinen Fall – nie wieder!

      Einmal war ihm eingefallen, daß er ja Geburtstag hatte, aber das war ihm egal. Hauptsache, er mußte nicht mehr tatenlos darauf warten, bis seine Mutter endlich kam…

      *

      Vorsorglich hatte sich Bärbel Clasen vom Jugendamt die Adresse und Telefonnummer von Marion Seifert geben lassen. Doch die Frau meldete sich nicht am Telefon, und die Heimleiterin beschloß, es später noch einmal zu versuchen.

      Natürlich hatten einige Reporter inzwischen Wind davon bekommen, daß aus dem Städtischen Waisenhaus ein kleiner Junge verschwunden war. Es lungerten immer ein paar von ihnen vor dem Eingangstor; anfangs waren sie einfach frech auf das Gelände gekommen und hatten versucht, die Kinder auszufragen.

      Frau Clasen hatte nicht genügend Personal, um jemanden damit beauftragen zu können, die Reporter vom Gelände fernzuhalten; daher hatte sie sich entschlossen, das Tor auch tagsüber abzuschließen. Wer hinein wollte, mußte läuten und durch die Sprechanlage seine Wünsche äußern.

      »Das gefällt mir gar nicht!« seufzte sie. »Die Kinder müssen sich ja wie im Gefängnis vorkommen!«

      Julia nickte zustimmend. »Ja, das stimmt – es ist aber immerhin besser, als wenn die Kleinen dauernd von Journalisten belästigt werden.«

      »Na ja, ob sie das als Belästigung auffassen, bezweifle ich. Die meisten sind richtig stolz darauf, interviewt zu werden!«

      »Gut, daß die Polizei das Schlupfloch hinten im Zaun entdeckt hat, sonst wären die Reporter noch imstande, da durchzukriechen.«

      Noch am Tag von Kevins Verschwinden war das Loch entdeckt worden und zur Enttäuschung der größeren Kinder vom Hausmeister geflickt worden. Es war nun auch klar, auf welchem Weg Kevin ausgebüxt war.

      »Wie geht es Diana und Marianne heute?« fragte Frau Clasen. »Die ganze Sache hat sie sehr mitgenommen.«

      »Nun, sie haben sich etwas beruhigt. Aber ich denke, sie werden erst wieder ruhig schlafen können, wenn der Junge gefunden wurde«, erwiderte Julia und dachte, daß auch sie vorher keine Ruhe haben würde.

      In diesem Moment rief der Hausmeister an. Ein Mann stehe vor dem Tor und würde gern mit der Heimleitung reden. Ob er zu Frau Clasen vorgelassen werden dürfte?

      »Hoffentlich nicht wieder ein Zeitungsfritze«, seufzte Frau Clasen. »In Ordnung, lassen Sie ihn herein.«

      »Ich bleibe hier, falls Sie meine Hilfe brauchen«, bot Julia an, und die Heimleiterin nickte dankbar.

      Wenige Minuten später klopfte es an die Bürotür, und ein gutaussehender Mann Anfang Dreißig steckte seinen Kopf vorsichtig durch die Türöffnung. »Verzeihung, bin ich hier richtig bei der Heimleitung?«

      »Das steht doch wohl groß genug an der Tür«, bemerkte Julia giftig, was ihr einen tadelnden Blick von Frau Clasen einbrachte.

      »Kommen Sie herein«, sagte sie, »aber wenn es um das verschwundene Kind geht, können Sie gleich wieder gehen.« Auch Bärbel Clasen war durch die Ereignisse der letzten Tage gereizt.

      »Mein Name ist Westermann, Roland Westermann«, stellte er sich höflich vor. »Und ich komme nicht wegen eines vermißten Kindes, sondern wegen meines Sohnes.«

      »Aha«, machte Frau Clasen und bot dem Fremden Platz an. »Und wer ist Ihr Sohn?«

      »Er heißt Kevin Seifert.«

      Sekundenlang war es so still, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die beiden Frauen sahen sich verdutzt an – war der Mann doch ein Reporter, der versuchte, durch Lügen an Informationen zu kommen oder…?

      »Würden Sie bitte noch einmal wiederholen, was Sie gerade gesagt haben?« fragte Julia mit zitternder Stimme.

      Roland Westermann war das merkwürdige Verhalten der beiden Frauen aufgefallen, dennoch wiederholte er artig, daß er zu seinem Sohn Kevin Seifert wollte.

      Bärbel Clasen fing sich als erste wieder. Sie räusperte sich und fragte: »Sie wollen also Kevins Vater sein, ja? Soviel uns bekannt ist, wurde der Junge unehelich geboren und von seiner Mutter zur Adoption freigegeben. Von einem Vater ist dem Jugendamt nichts bekannt.«

      »Ich wußte bis vor ein paar Tagen ja auch nicht, daß ich seit fünf Jahren Vater bin.« Roland Westermann machte ein verzweifeltes Gesicht, und die Heimleiterin fragte skeptisch. »Dann sind Sie kein Reporter?«

      »Reporter?« Er sah so überrascht aus – das konnte einfach nicht gespielt sein! »Wie kommen Sie denn auf die Idee? Ich bin Kaufmann und betreibe hier in der Stadt ein gutgehendes Geschäft mit Computern.« Er sah von Frau Clasen zu Julia und fragte: »Was soll das eigentlich alles? Ist das ein Verhör?«

      »Natürlich nicht!« beeilte sich Bärbel Clasen zu sagen. »Wir müssen nur ganz sicher sein. Bitte erzählen Sie uns doch, wie Sie darauf kommen, daß Kevin Ihr Sohn sein könnte.«

      »Wieso könnte? Ich bin ziemlich sicher, daß er es ist. Aber ich werde Ihnen alles erzählen…«

      Und so erfuhren Julia und Bärbel Clasen, daß Roland mit Marion Seifert damals eine kurze Affäre hatte, die schnell wieder vorüber war. Seitdem hatte Roland die Frau nie wieder gesehen.

      »Vor zwei Wochen traf ich Marion zufällig in Bern wieder. Ich war dort auf einer Fachmesse – man muß ja heutzutage immer auf dem laufenden sein. Als ich dann eines Mittags ein Restaurant besuchte, lief mir Marion über den Weg. Sie sagte, daß sie seit einiger Zeit in Bern lebt und eine gutbezahlte Stellung als Sekretärin gefunden hat. Tja, und dann gestand sie mir, daß unser damaliges Verhältnis nicht ohne Folgen geblieben war. Ich war zuerst wütend, daß sie mir davon nicht früher etwas gesagt hatte, dann habe ich mich gefreut, so plötzlich Vater eines fünfjährigen Sohnes geworden zu sein. Doch als ich fragte, wann ich den Jungen denn mal kennenlernen dürfte, gestand sie mir, daß sie aus Geldnot das Kind weggegeben hatte. Sie wußte noch nicht einmal, in welchem Waisenhaus er ist, hier in der Stadt gibt es ja noch zwei kleinere Heime.«

      »Wie haben Sie herausgefunden, daß Kevin bei uns ist?« fragte Frau Clasen. Was der Mann da erzählte, klang plausibel, er wußte den vollen Namen der Mutter und das genaue Geburtstatum von Kevin.

      »Ich bin einfach zum Jugendamt gegangen, als ich von der Geschäftsreise zurückgekommen war. Zuerst wollte man mir keinerlei Auskünfte geben, aber ich habe schließlich doch erfahren, daß mein Sohn hier bei Ihnen ist. Kann ich ihn jetzt sehen?« Roland Westermann sah die Heimleiterin bittend an. Die

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