Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 6
»Ich würde ihn nicht heiraten, wenn er etwas dagegen hätte«, sagte Isabel.
Er sah sie nachdenklich an. »Einen anderen Mann würde ich dir auch nicht wünschen. Du brauchst einen, der alles akzeptiert. Einen, der Format hat und dem du doch um einen Hauch überlegen bist. Sonst wärest du nicht glücklich,
Isabel.«
»Meinst du? Du kennst mich anscheinend besser, als ich mich selbst kenne«, sagte sie ironisch. »Vielleicht möchte ich auch nur eine Frau sein.«
»Du bist viel zu gescheit, um nicht alles abzuwägen.«
Ob er jede Frau so nüchtern beurteilt? ging es Isabel durch den Sinn. Gibt es denn wirklich keine, die ihn aus seinem Gleichgewicht bringen kann? Sieben Monate kannte sie ihn nun schon. Sie hatte ihn auf dem Tennisplatz erlebt und manchmal auch auf Parties, umgeben von reizvollen Mädchen und verführerischen Frauen. Er hatte eine ganz besondere Art zu flirten, aber seltsamerweise konnte sie sich ihn nicht als glühenden Liebhaber vorstellen.
Er schien es gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, daß sie nun schon geraume Zeit schwiegen.
»Ich werde mir morgen gleich einige Schallplatten von David Delorme kaufen«, sagte er plötzlich unmotiviert, und sie konnte daraus nur entnehmen, daß er mit seinen Gedanken wieder bei dem Konzert war.
»Wenn es schon welche gibt«, sagte sie. »Hoffentlich ist er nicht schon fertig, bevor es überhaupt zu Aufnahmen kommt.«
»Du hast schon vorhin so eine Andeutung gemacht. Worauf spielst du an? Was weißt du von ihm?«
»Ausnahmsweise wohl etwas mehr als du. Sein Aufstieg begann raketenschnell. Das fasziniert natürlich die Zeitungsschreiber. Ich habe in England einige Artikel über ihn gelesen. Er stammt aus kleinsten Verhältnissen. Er hat sich sein Studium mit schwerster Arbeit verdient. Für einen Pianisten nicht so gut, möchte man meinen, aber die Empfindsamkeit seiner Finger scheint darunter nicht gelitten zu haben. Jedenfalls fand er dann eine Mäzenin. Die Frau ist doppelt so alt wie er, und da er nicht nur ein guter Pianist ist, sondern auch ein ganz interessanter Junge, wird sie ihn wohl nicht aus reinster Nächstenliebe an sich fesseln.«
»Sei nicht so frivol, Isabel«, warf Daniel ein.
»Ich nenne die Dinge beim Namen. Meiner Ansicht nach ist der Aufstieg für ihn ein bißchen zu rasch gekommen. Man wird ihn umschwärmen, und Ruhm ist schon manchem in den Kopf gestiegen.«
»Es wäre schade um dieses Talent«, sagte Daniel nachdenklich, »aber du magst recht haben.«
»Und dann ist da noch die Frau, die ihn so ziemlich als ihr Produkt betrachtet. Sie heißt übrigens Lorna Wilding.«
»Der Name sagt mir nichts.«
»Witwe des englischen Stahlmagnaten«, erklärte Isabel, »schwerreich. Es wird ihr aber nicht gefallen, daß sich jetzt auch noch junge, hübsche und reiche Mädchen um David Delorme scharen.«
»Gesellschaftsklatsch«, bemerkte Daniel anzüglich.
»Das bleibt nicht aus, aber zufällig weiß ich ziemlich genau Bescheid. Ich habe es kürzlich in Paris erlebt, wie sie ihm eine Szene gemacht hat. Dieser begabte junge Mann ist ihr in bezug auf Selbstbewußtsein nicht gewachsen. Ich könnte mir auch vorstellen, daß es gewaltig auf die Nerven geht, von einem Konzert zum andern gejagt zu werden. Der englische Konsul gibt übermorgen einen Empfang für ihn. Du könntest kommen und dir David Delorme aus der Nähe begucken. Wie wär’s?«
»Ich fahre zur Einweihung des Sanatoriums«, erklärte Daniel.
»Übermorgen schon?«
»Du bist doch sonst immer bestens informiert«, sagte er lächelnd.
»Ich bin gestern erst aus Paris zurückgekommen, und alles weiß ich eben auch nicht. Die Presse ist wohl unerwünscht?« fragte sie hintergründig.
»Einen Wirbel wollen wir nicht gleich veranstalten. Die Insel der Hoffnung soll kein Treffpunkt der Snobs werden, sondern eine Oase des Friedens.«
Diesmal machte sie keine spöttische Bemerkung.
»Du willst, daß der Lebenstraum deines Vaters verwirklicht wird«, sagte sie, »aber hättest du das nicht besser gekonnt, wenn du die Leitung selbst übernommen hättest?«
»Cornelius hat mehr Erfahrung«, sagte Daniel kurz.
»Wäre es dir unangenehm, wenn ich kommen würde, Dan?« fragte Isabel.
»Durchaus nicht, aber willst du denn auf den Empfang verzichten? Berühmte Leute wirst du bei uns auch nicht antreffen.«
»Immerhin könnte eine diskrete Werbung doch recht nützlich sein. Für wieviel Patienten ist dort Platz?«
»Achtzig, aber es ist kein Sanatorium im üblichen Sinn. Es steht dir frei, es dir anzusehen.«
»Bedarf es denn keiner offiziellen Einladung?« fragte Isabel.
»Doch nicht für die engsten Freunde. Ich nehme Molly und eine Patientin mit.«
Das nahm sie als Hinweis, daß er sie nicht auch mitnehmen könne. Ein diskreter Hinweis. Was für eine Patientin mochte das sein?
Ob er auch Gedanken lesen konnte? »Die Patientin ist übrigens ein altes Mütterchen, achtzig Jahre, und sie war meine erste Patientin«, erklärte er beiläufig.
Unwillkürlich errötete Isabel. »Vormittags könnte ich sowieso noch nicht weg. Vielleicht wird mir die besondere Ehre zuteil, David Delorme interviewen zu dürfen, falls Mrs. Wilding einen weiblichen Journalisten akzeptiert. Mich interessiert unser Genie auch.«
»Der Pianist oder der Mann?« fragte Daniel.
»Der Pianist natürlich. Aber ich denke, daß es jetzt schon reichlich spät ist. Bestellst du mir ein Taxi, Dan?«
»Ich bringe dich selbstverständlich heim.«
»Zum andern Ende der Stadt? Das ist doch Unsinn. Nein, ich fahre mit dem Taxi.«
»Wie du willst«, sagte er.
Wenn er doch nur zu durchschauen wäre, dachte Isabel, als sie auf der Heimfahrt im Taxi über diesen Abend nachdachte.
Dr. Daniel Norden dachte über David Delorme nach, dessen Spiel ihn so ungeheuer beeindruckt hatte. Verinnerlicht hatte dieser junge Mann gewirkt, scheu und ungelenk, jeden Effektes abhold, hatte er sich verbeugt.
Daniel konnte sich nicht vorstellen, daß ein solcher Künstler sich von einer Frau abhängig machte. Mit den berauschenden Tönen in den Ohren schlief er ein. An Isabel dachte er nicht mehr.
*
»Beeilung, Kinder«, rief Helga Moll, »es ist halb acht Uhr. Ihr müßt zur Schule.«
Katrin, die Zwölfjährige, kam kauend in die Diele. Sie aß für ihr Leben gern, was sich auch äußerlich bemerkbar machte, denn sie war ein richtiger kleiner Pummel.
Der fünfzehnjährige Peter dagegen war mager und hoch aufgeschossen.