Der Kettenträger. James Fenimore Cooper

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Der Kettenträger - James Fenimore Cooper

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kann man sie mit Dampf machen, und die ganze Strecke von der Stadt New-York an, zwischen 450 und 500 englischen Meilen, in weniger als sechsunddreißig Stunden zurücklegen. Das ist eines der Wunder eines Riesen in seinen Kinderjahren, und sollte ausländische Politiker vorsichtig machen, wenn sie davon schwatzen, die Grenzen dieser Republik an der Stelle ihrer Bürger zu reguliren! Wenn die Vergangenheit irgend ein Pfand seyn kann für die Zukunft in der amerikanischen Geschichte, so werden noch von den jetzt Lebenden Viele die Herrschaft des Dampfes über den Continent ausgedehnt sehen, vom atlantischen bis zum stillen Meere, und an beiden Enden die Sternenflagge wehen! Mehr als tausend von den viertausend Meilen, welche die Ausführung dieses Projekts befassen müßte, sind schon bewältigt, und was zu thun übrig ist, wenn man die Zwecke mit den Mitteln vergleicht, eine nicht halb so große Anstrengung, als das schon Geleistete. Es dürfte hier der passende Ort seyn, hinzuzufügen, daß Nichts so sehr die gegenwärtige Administration bei ihren Projekten, die auf Vereinigung und Aufnahme in die Union gewichtet sind, gekräftigt und befestigt hat, als die gedrohte Einmischung europäischer Regierungen in die Angelegenheiten dieses Continents. In einem kritischen Augenblick, wo es am unwillkommensten wäre, dürfte Amerika sie einmal mit gleicher Münze bezahlen! D. H.

      »Nichts würde mich glücklicher machen,« rief ich galant, zum Entzücken meiner armen Großmutter, das sie schlecht genug zu verhehlen suchte, »als der Beschützer von Miß Bayard auf diesem Ausfluge zu seyn.«

      »Also gedenkt Ihr wirklich diese Reise zu unternehmen, Major Littlepage?«

      »In diesem Jahre nicht, obgleich ich mir die Hoffnung für künftige Zeiten vorbehalte. Meine Bestimmung führt mich für jetzt nach Ravensnest, einem Platze nicht ganz fünfzig Meilen von Albany entfernt.«

      »Ravensnest! – Das ist ein sehr hübscher Name, obgleich er Einem wohl noch besser gefiele, glaube ich, Kate, wenn er Dovesnest, oder Robinsnest, oder Wrensnest Tauben-Rothkehlchen-Zaunkönigs-Nest. hieße. Was ist dies Ravensnest, Mr. Littlepage?«

      »Ein Gut mit ziemlich umfangreichen Ländereien, aber bis jetzt von geringem Werth, was es auch etwa später einbringen mag, das einst das Besitzthum meines Großvaters Mordaunt war und das er mir vermacht hat. Mein Vater und Oberst Dirck haben auch ein Gut, welches ganz nahe dabei liegt und Mooseridge heißt. Ich bin im Begriff, beide zu besuchen, als Eigenthümer des einen und als Agent der Eigenthümer des andern. Es ist Zeit, daß man nach diesen Besitzungen sieht, da die Unruhen der letzten Jahre gemacht haben, daß wir sie fast ganz aus dem Auge verloren haben.«

      »Man sagt mir, es geschehe diesen Sommer sehr viel für Ansiedlungen in den wilden Ländereien des inneren Landes,« fuhr Priscilla fort, mit einem Interesse an dem Gegenstande, das mir weit mehr auffallend als erklärbar war – »und daß sehr viele Ansiedler uns zuströmen aus den benachbarten Neu-England-Staaten. Ich habe auch gehört, daß die gewaltigen Besitzungen des Patroons sich rasch mit Menschen füllen, und das Herz des Staates bald werde bevölkert seyn.«

      »Ihr beschäftigt Euch emsiger mit solchen Dingen, als man es gewöhnlich bei jungen Ladies findet, Miß Bayard. Ich schreibe das dem Umstande zu, daß Ihr eine so gute Whig seyd, was nur ein anderer Name ist für: Patriotin.«

      Pris erröthete wieder, und sie schien jetzt verstummen zu wollen, obwohl ich immer noch bei ihr die Zeichen eines Interesses bemerkte, welches mir ganz unerklärlich war. Kate bemerkte dies wahrscheinlich auch, denn sie fuhr fort, von meiner Reise zu sprechen, auch nachdem ihre Freundin sich etwas zurückgezogen hatte; und das in einer Weise, welche zu verrathen schien, sie habe ausgesprochen.

      »Wer ist denn der seltsame alte Mann, von dem ich Euch sprechen gehört habe, Mordaunt,« fragte meine Schwester, »und mit welchem Ihr in neuerer Zeit in einem Briefwechsel gestanden seyd wegen dieser Ländereien?«

      »Ich vermuthe, Ihr meint meinen früheren Cameraden, den ›Kettenträger‹. Er war ein Kapitän in unserem Regiment, mit Namen Coejemans, der diesen Namen führt, und welcher den Vertrag abgeschlossen hat, für die nöthigen Vermessungen Sorge zu tragen, obgleich er selbst den bescheidenen Posten eines Meßkettenträgers bekleidet, da er nicht im Stande ist, die Berechnungen zu machen.«

      »Wie kann denn aber ein einfacher Kettenträger einen Vertrag abschließen über eine ganze Vermessung?« fragte Tom Bayard, der auch zur Gesellschaft getreten war, und das Gespräch mit angehört hatte. »Die Meßkettenträger sind in der Regel nur gemeine Arbeiter und ganz ohne alle Verantwortlichkeit.«

      »Das ist der allgemeinen Regel nach wahr; aber mein alter Freund macht eine Ausnahme. Er wollte Landesvermesser werden, aber da er keinen Kopf hatte für die Sinus, Cosinus und Tangenten, sah er sich genöthigt, seine Ansprüche herabzustimmen und sich mit der bescheidenen Obliegenheit zu begnügen, die er jetzt erfüllt. Doch hat er schon seit langer Zeit Contrakte über solche Geschäfte übernommen, und er bekommt so viele, als er ausführen kann, und miethet dann selbst die Vermesser, da die Eigenthümer von Ländereien das unbedingteste Vertrauen zu seinen Vermessungen haben. Laßt mich Euch sagen, der Mann, der die Meßkette trägt, ist nicht das unwichtigste Glied einer landvermessenden Gesellschaft in den Wäldern. Der alte Andries ist so ehrlich wie das Sonnenlicht und Jedermann hat Vertrauen zu ihm.«

      »Sein eigentlicher Name sey Coejemans, habt Ihr, glaube ich, gesagt. Major Littlepage?« fragte Priscilla, eine gleichgültige Miene annehmend, wie mich däuchte.

      »Andries Coejemans, ja; und seine Familie ist anständig, wenn auch nicht gerade eigentlich angesehen und vornehm. Aber der Alte ist ein so eingefleischter Waldmann, daß nur sein Patriotismus und seine Whiggesinnungen ihn ins offene Land heraus ziehen konnten. Nachdem er mit größter Tapferkeit während des ganzen Krieges gedient hat, ist er zu seinen Ketten zurückgekehrt, und manchen Spaß treibt er damit, daß er noch immer der Ketten nicht los werde, nachdem er so lang und so oft für die Sache der Freiheit gefochten habe.«

      Priscilla schien sich zu bedenken – mir schien, ihre Farbe erhöhe sich ein Wenig – und dann that sie die Frage, welche sie zu beschäftigen schien, mit überraschender Festigkeit.

      »Habt Ihr je des Kettenträgers Nichte, Dus Malbone, gesehen?«

      Diese Frage überraschte mich nicht wenig; denn obgleich ich Ursula nie gesehen, hatte mir doch der Oheim so viel von seiner Pflegbefohlenen vorgeschwatzt, daß mir fast war, als sey sie eine vertraute Bekannte von mir. Es geschieht nicht selten, daß wir so viel von gewissen Personen hören, daß wir an sie denken, von ihnen sprechen, wie wenn wir sie persönlich kennten; und hätte mich Miß Bayard nach einem meiner bisherigen Kriegskameraden gefragt, so wäre ich nicht ein Tüttelchen mehr betroffen gewesen, als wie ich sie den mir so vertrauten Namen Dus Malbone aussprechen hörte.

      »Wo, bei Allem, was seltsam ist, habt Ihr denn je von einer solchen Person gehört?« rief ich, etwas unbedachtsam, aus, da doch die Welt sicherlich groß genug ist, daß zwei junge Frauenzimmer in ihr mit einander bekannt seyn konnten, ohne meine Zustimmung und mein Vorwissen; zumal da ich die Eine noch gar nie, und die Andere seit vierzehn Tagen zum ersten Mal gesehen hatte. »Der alte Andries sprach mir immer von seiner Nichte; aber ich konnte nimmermehr vermuthen, daß sie eine Bekannte einer Dame von Eurer Stellung im Leben sey!«

      »Trotzdem waren wir mehr als nur Schulkameradinnen – denn wir waren – und ich hoffe, wir sind noch – sehr, sehr gute Freundinnen. Ich liebe Dus außerordentlich, obgleich sie ebenso eigen und seltsam in ihrer Art ist, als ihr Oheim, nach den Beschreibungen, die man mir von ihm gemacht hat, in der seinigen seyn muß.«

      »Das

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