Auferstehung. Лев Толстой
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»Wie? Ljuba? Sie sind doch unter einem andern Namen eingetragen?«
Die Angeklagte schwieg.
»Ich frage Sie, wie ist Ihr richtiger Name?«
»Ihr Taufname?« setzte der Richter mit der Brille hinzu.
Sie murmelte etwas, ohne den Blick von dem Präsidenten zu verwenden.
»Sprechen Sie lauter!«
»Früher hieß ich Katharina!«
»Das ist unmöglich,« sagte sich Nechludoff wieder, aber er zweifelte jetzt nicht mehr und war sicher, daß sie es war, die Zofe Katuscha, die er einst geliebt, aufrichtig geliebt, die er später in einem Augenblick der Thorheit verführt, dann verlassen, und an die zu denken er bis dahin stets vermieden hatte, weil ihm die Erinnerung zu peinlich war und ihn zu tief demütigte, denn sie zeigte ihm, wie feig, wie gemein er, der sich auf seine Rechtschaffenheit so viel eingebildet hatte, sich gegen dieses Weib benommen hatte!
Ja, sie war es! Er bemerkte jetzt, klar und deutlich, auf ihrem Gesicht jene geheimnisvolle Eigentümlichkeit, die in jedem Gesicht liegt, die es von allen andern unterscheidet und etwas einzig Dastehendes, Besonderes aus ihm macht.
Trotz der krankhaften Blässe und der Abmagerung fand er diese Eigentümlichkeit in allen Zügen des Gesichts, im Munde, in den etwas schielenden Augen, in der Stimme, vor allem aber in dem wirren Blick wieder, in dem freundlichen Ausdruck, nicht allein des Gesichts, sondern der ganzen Persönlichkeit.
»Sie hätten das gleich sagen sollen!« erklärte der Präsident, noch immer in demselben sanften Tone, so unwiderstehlich war der Zauber, den sie ausübte. – »Und wie ist Ihr Vorname?«
»Ich bin ein natürliches Kind,« versetzte die Maslow.
»Das thut nichts; wie hat man Sie nach Ihrem Paten genannt?«
»Michaelowna!«
»Aber welches Verbrechen kann sie denn nur begangen haben,« fragte sich Nechludoff atemlos.
»Und Ihr Familienname, Ihr Zuname?« fuhr der Präsident fort.
»Man nannte mich ›die Gerettete.‹«
»Wie?«
»Die Gerettete,« versetzte sie mit leisem Lächeln. »Man nannte mich auch nach dem Namen meiner Mutter Maslow.«
»Ihr Stand?«
»Bürgerin!«
»Orthodoxer Religion?«
»Ja, orthodox!«
»Und welchen Beruf? Welches Gewerbe betrieben Sie?«
»Das wissen Sie wohl selber!« erwiderte die Maslow, wandte einen Moment die Augen ab und fing dann wieder an, den Präsidenten zu betrachten. Eine heiße Röte stieg ihr ins Gesicht.
Es lag etwas so Außergewöhnliches in dem Ausdruck ihres Gesichts, etwas so Schreckliches und Herzzerreißendes in ihren Worten und dem schnellen Blick, den sie auf die Anwesenden warf, dass der Präsident den Kopf senkte, und einen Augenblick ein allgemeines Schweigen in dem Saale herrschte. Dieses Schweigen wurde von einem aus dem Hintergrunde des Saales kommenden Lachen unterbrochen; der Nuntius gebot Schweigen, während der Präsident wieder den Kopf erhob und das Verhör fortsetzte.
»Sie haben noch nie vor Gericht gestanden?«
»Nie,« versetzte die Maslow seufzend mit leiser Stimme.
»Sie haben die Anklageakte zugestellt erhalten?«
»Ja,« erwiderte sie.
»Setzen Sie sich!«
Die Angeklagte raffte ihr Kleid auf, wie die Frauen in Balltoilette ihre Schleppen hochnehmen, setzte sich und steckte ihre Hände in die Ärmel ihres Kittels, ohne den Präsident mit den Augen zu verlassen. Ihr Gesicht hatte wieder seine ruhige Blässe angenommen. Man nahm die Aufzählung der Zeugen vor, ließ, dieselben hinausgehen, beschäftigte sich dann mit dem Gerichtsarzt, den man zu den Zeugen in den Saal schickte, wo sie warten mußten, bis man sie wieder hereinrief.
Dann erhob sich der Aktuar und begann die Verlesung der Anklage. Er las mit lauter und deutlicher Stimme, doch so schnell, daß seine Worte nur ein dumpfes, einschläferndes Geräusch erzeugten.
Die Richter drehten sich auf ihren Sesseln hin und her und warteten in sichtlicher Ungeduld auf die Beendigung der Verlesung. Einer der Gensdarmen hatte große Mühe, ein Gähnen zu unterdrücken.
Auf der Anklagebank bewegte Kartymkin noch fortwährend die Lippen; die Botschkoff saß mit vollständig ruhiger Miene da und schob zeitweise mit dem Finger ihre Haare unter das Kopftuch; die Maslow blieb unbeweglich, die Augen auf den Aktuar gerichtet, sitzen; zwei- oder dreimal stieß, sie einen Seufzer aus und veränderte die Lage ihrer Hände.
Nechludoff, der in der ersten Reihe der Geschworenen auf seinem hohen Sessel saß, betrachtete noch immer die Maslow, und in seiner Seele vollzog sich eine tiefe und schmerzliche Arbeit.
Die Anklageakte lautete folgendermaßen: Am 17 Oktober 188.., meldete der Wirt des Mauritania-Hotels in dieser Stadt den plötzlichen Tod eines in diesem Hotel logierenden sibirischen Kaufmanns zweiter Gilde, Namens Ferapont Smjelkoff. Der von dem Arzt der vierten Abteilung ausgestellte Totenschein besagte, daß der Tod Smjelkoffs infolge eines durch übermäßigen Genuß spirituöser Getränke hervorgerufenen Herzschlages eingetreten war; und die Leiche Smjelkows wurde drei Tage nach dem Tode regelrecht bestattet. Am vierten Tage nach dem Hinscheiden Smjelkoffs lenkte ein Geschäftsfreund und Landsmann des letzteren, der sibirische Kaufmann Timotschin, der aus St. Petersburg kam und sich nach den näheren Umständen des Todesfalles erkundigt hatte, den Verdacht darauf, daß Smjelkoff keines natürlichen Todes gestorben war. Derselbe wäre vielmehr von Verbrechern vergiftet worden, die sich dann eines Brillantringes und einer bedeutenden Geldsumme bemächtigt, die Smjelkoff in seinem Besitz hatte und die sich in dem nach seinem Tode aufgenommenen Inventar nicht vorfand.
Es wurde infolgedessen eine Untersuchung eingeleitet, die folgendes zu Tage förderten:
1. Daß der besagte Smjelkoff nach Wissen des Wirtes des Mauritania-Hotels und auch des Prokuristen des Kaufmanns Starikoff, mit dem Emjelkoff bei seiner Ankunft in der Stadt geschäftlich zu thun gehabt, eine Summe von 3800 Rubeln in seinem Besitz haben mußte, die er in einem Bankhause der Stadt erhoben, während man andererseits nach seinem Tode in