Ardistan und Dschinnistan. Karl May
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Ardistan und Dschinnistan - Karl May страница 41
»Bleib! Rühre Dich nicht von der Stelle!« gebot ich ihm. »Du bist mein Gefangener!«
»Dein Gefangener?« lachte er. »Siehst Du nicht, daß sie kommen?«
Er deute auf seine Gefährten, die eben heranjagten.
»Die tun mir nichts,« antwortete ich. »Weg mit den Waffen!«
Lanze und Flinte waren ihm schon entfallen, als ich ihn vom Pferde zog. Jetzt entriß ich ihm auch den Köcher samt den Pfeilen, die vergiftet sein mochten, und auch das Messer, nach welchem er griff, um nach mir zu stoßen. Ich schleuderte beides ein Stück weit fort, wo es sicher lag, weil es ihm unmöglich war, sich aufzurichten, um es zu holen. Zu untersuchen, ob er irgendwie Schaden gelitten hatte, dazu war jetzt keine Zeit, denn die beiden andern kamen jetzt heran. Ihre Gewehre während des Rittes zu laden, dazu fehlte es ihnen höchst wahrscheinlich am Geschick. Auch von Pfeil und Bogen konnten sie unter den gegenwärtigen Umständen keinen Gebrauch machen. Darum drangen sie mit den Lanzen auf mich ein. Ich parierte den Stoß des Vordersten von ihnen leicht mit meinem Bärentöter. Der Angreifer schoß dabei an mir vorüber und zügelte dann sein Pferd, um es zu wenden; aber mit zwei, drei schnellen Sprüngen war ich ihm nach, griff ihm in die Zügel und riß sein Pferd auf die Hinterfüße. Es wollte augenblicklich wieder in die Höhe, aber ich drängte ihm den Kopf tief nieder. Es schnellte die Hinterhand hoch empor. Der Reiter verlor dadurch den Halt und flog aus dem Sattel. Zwar sprang er rasch wieder auf, aber noch stand er nicht fest, so traf ich ihn mit dem Kolben des Bärentöters derart auf die Schulter, daß er mit einem Schmerzensschrei zusammenbrach. Im Nu war er entwaffnet. In diesem Augenblick nahte sein Gefährte heran, der nur nach vorn, nicht aber hinter sich schaute, wo Halef ihm hart auf der Ferse war. Der zweite Angreifer hatte nur den einen Gedanken, an mich zu kommen. Die Lanze zum Stoße einlegend, spornte er sein Pferd auf mich zu. Er kam aber gar nicht zum Stoße, denn Halef trieb, das Gewehr in der Luft wirbelnd, seinen Rappen zum entscheidenden Sprunge an und schlug den Gegner mit dem Kolben an den Kopf, daß der Getroffene die Lanze und Zügel fallen ließ und mit beiden Händen nach dem turbanbedeckten Schädel fuhr. Sein Pferd tat einen Satz zur Seite und er taumelte herab. Da warf sich Halef schnell von seinem Tiere herunter und nahm den Besiegten beim Genick.
»Hamdullillah!« rief er fröhlich aus. »Nun sitzen sie alle unten! Wollen wir sie zusammentragen?«
»Ja; komm!«
Der von ihm Besiegte war stark betäubt. Halef zog ihn vom Boden auf, stieß ihn vor sich her und brachte ihn zu dem jungen Manne, der noch immer nicht von der Stelle konnte. Ich holte den andern herbei, dem mein Kolbenhieb so gut bekommen war, daß er keinen Versuch des Widerstandes machte. Als nun alle drei beisammen saßen und ihre Waffen in der Nähe auf einem Haufen lagen, setzte sich Halef mit jener wohlbekannten Miene zu ihnen hin, die er stets zu zeigen pflegte, wenn ihm der Schalk im Nacken saß. Er sah sich einen nach dem andern an, sehr lange, sehr genau und sehr freundlich. Dann sagte er:
»Es freut mich unendlich, daß wir einander wieder haben. Ich bitte, mir zu sagen, womit wir Euch so sehr gekränkt haben, daß es Euch nicht mehr bei uns gefiel!«
»Wer bist Du?« fragte der Jüngere in kurzem, bestimmtem Tone, ohne sich von der Freundlichkeit des kleinen Hadschi betören zu lassen.
»Wie kommst Du zu dieser Frage?« antwortete Halef. »Wie kommt es überhaupt, daß Du das Wort ergreifst? Deine Gefährten sind älter und also wohl auch erfahrener als Du.«
»Ich bin der Vornehmere!« fuhr der andere auf.
»Vornehmer?« fragte Halef. »Was nennst Du vornehmer?«
»Ich bin der Ilkewlad!«
Er sprach dieses Wort so aus, daß man es nicht nur im gewöhnlichen Sinne, sondern auch als Titel nehmen mußte, also in der Bedeutung, die bei uns das Wort Kronprinz hat. Darum fragte Halef:
»Also der Erstgeborene des Herrschers?«
»Ja.«
»Welches Herrschers?«
»Das geht Dich nichts an!«
»Ich will es aber wissen!«
»Du wirst es nicht erfahren!«
»Du irrst. Erfahren werde ich es jedenfalls, wenn nicht von Dir, so doch von den andern. Es wäre für Dich aber jedenfalls vorteilhafter, wenn Du aufrichtig mit uns redetest.«
»Mit Leuten, wie Ihr seid, spricht man nicht vertraulich. Ihr seid unsere Feinde. Ihr seid Ussul!«
»Ussul? Wir?« fragte Halef, indem er ein lautes Gelächter aufschlug. »Sihdi, wir sind Ussul! Wer das behauptet, der muß blind und taub und alles andere sein, aber nur nicht bei Sinnen!«
»Wollt Ihr es etwa leugnen?« fragte der >Erstgeborene< in verweisendem Tone.
Da nahm der eine seiner Begleiter das Wort, und zwar in sehr höflichem Tone:
»Sie sind kleiner als die Ussul; das haben wir bisher außer acht gelassen. Und der eine wird von dem andern Sihdi genannt. Dieses Wort ist bei den Ussul nicht gebräuchlich. Man findet es nur bei den türkischen und persischen Arabern.«
»So seid Ihr wohl Türken?« fragte der Jüngere.
»Nein,« antwortete Halef.
»Oder Perser?«
»Nein.«
»Was sonst?«
»Das geht Dich nichts an! Wer uns keine Auskunft gibt, der hat auch von uns keine zu erwarten. Ich will aber hier eine Ausnahme machen und meine Gnade über Dir leuchten lassen, indem ich Dir sage, wer wir sind. Wir sind nämlich auch >Erstgeborene<, er der meinige und ich der seinige. Ich bin also sein Vater, und er ist mein Vater. Folglich sind wir beide noch viel eher als nur erstgeboren, und Du reichst mit Deiner einfachen Erstgeburt in keiner Weise an unsere doppelte heran!«
»Narr!« rief der jungen Mann beleidigend aus. »Der Witzbold ist überall der niedrigste Mensch des ganzen Stammes. Ich verachte Dich! Ich mag gar nicht wissen, wer und was Ihr seid. Packt Euch von dannen!«
»Das werden wir allerdings tun. Euch aber packen wir zusammen und nehmen Euch mit!«
»Wohin?«
»Auch das geht Euch nichts an!«
»Wagt es, Euch nochmals an uns zu vergreifen! Wir sind keine Ungläubigen, wie die Ussul. Wir sind