Katharina Schratt. Georg Markus

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zu gehen, war für die wenigsten Menschen erschwinglich. Auch Stefan Zweig wundert sich in seinen Erinnerungen Die Welt von gestern über dieses Phänomen. Er erzählt von einer Episode mit der Köchin seiner Eltern, die – im Juni 1897 – mit Tränen in den Augen ins Zimmer stürzte, weil sie soeben erfahren hatte, daß Charlotte Wolter – die berühmteste Tragödin der »Burg« – verstorben wäre. Zweig: »Das Groteske dieser wilden Trauer bestand selbstverständlich darin, daß diese alte, halb analphabetische Köchin nicht ein einziges Mal selbst im Burgtheater gewesen war und die Wolter nie auf der Bühne oder im Leben gesehen hatte; aber eine große nationale Schauspielerin gehörte in Wien so sehr zum Kollektivbesitz der ganzen Stadt, daß selbst der Unbeteiligte ihren Tod als eine Katastrophe empfand. Jeder Verlust, das Weggehen eines beliebten Sängers oder Künstlers verwandelte sich unaufhaltsam in Nationaltrauer.«

      Neben Charlotte Wolter zählten Sonnenthal, Hugo Thimig, Lewinsky, Josephine Wessely – die Tante der Paula Wessely übrigens – und etwas später dann Josef Kainz und Alexander Girardi zu den Wiener Theatergöttern. Und eine der wenigen, die es schon außerhalb des Burgtheaters geschafft hatte, vom breiten Publikum wirklich geliebt zu werden, war die knapp über 20jährige Kathi Schratt. Auch sie war, frei nach Stefan Zweig, zum »Kollektivbesitz der ganzen Stadt« geworden.

      Und nicht nur der Stadt. Gutbezahlte Gastspiele führten sie etwa nach Budapest, Riga, Triest, Temeswar, Innsbruck, in die Kurorte Karlsbad und Marienbad, nach Preßburg und Brünn. Und überall derselbe Jubel, dieselbe Begeisterung des Publikums, stürmischer Beifall nach jeder Vorstellung: »Wievielmal Frl. Schratt vor den Vorhang gerufen wurde, haben wir nach dem ersten Dutzend nicht mehr gezählt«, schreibt der Brünner Tagesbote, nachdem sie in dem Schauspiel Dorf und Stadt von Charlotte Birch-Pfeiffer als Lorle – eine ihrer populärsten Rollen – aufgetreten war. In Czernowitz gar, wo die Schratt als Cyprienne »große Triumphe feierte, spannte ihr die Studentenschaft, von der Leistung enthusiasmiert, die Pferde aus«. Ansonsten erlebte sie ihre Gastspielerfolge meist als Käthchen von Heilbronn und als Therese Krones.

      Stieg die Schratt in der Provinz nun schon in den nobelsten Hotels ab, so logierte sie bald auch in Wien standesgemäß: Nachdem sie zuvor in etlichen Untermietwohnungen gelebt hatte, bewohnte das angesehene Mitglied des Stadttheaters jetzt schon ein stattliches Appartement auf der eleganten Ringstraße. Ihr Meldezettel aus dem Jahre 1876 ließ sich noch auffinden.

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