Katharina Schratt. Georg Markus
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Aus den (bisher unveröffentlichten) Lebenserinnerungen Angelis, die sich später im Besitz seines Enkelsohnes Giselbert Angeli befanden, geht hervor, wie es zu dem eigenartigen Auftrag der Kaiserin in Verbindung mit der Schratt kam: Ida von Ferenczy, die Vorleserin und erste Hofdame Elisabeths, überbrachte Angeli die Order, daß er die Schauspielerin Katharina Schratt porträtieren sollte. Das Bild wäre als Geschenk für Kaiser Franz Joseph gedacht. Auch Baron Franz Nopcsa, der Obersthofmeister der Kaiserin, wurde betreffs des heiklen Auftrags eingeschaltet. Er stellte dem Maler vor allem die wichtigste Bedingung: »Die Sache muß streng geheim bleiben. Frau Schratt darf keinesfalls erfahren, wer die hohe Auftraggeberin, geschweige denn, für wen das Porträt bestimmt ist.« Mehr noch, Frau Schratt dürfte nicht einmal bekannt werden, daß sie die zu Porträtierende sei. Für jeden anderen Maler wäre ein solcher Auftrag vermutlich undurchführbar gewesen. Nicht für Heinrich Angeli. Der findige Künstler ersann einen Plan, in den er den ihm freundschaftlich verbundenen Burgschauspieler Emmerich Robert einweihte. Gemeinsam bereiteten sie die Komödie vor. Robert ging zu Katharina Schratt und erzählte ihr die folgende, abenteuerlich anmutende Geschichte: »Sie kennen doch den Angeli, den Hofmaler, der hat jetzt von einem englischen Adligen den Auftrag bekommen, dessen kürzlich verstorbene Frau für sein ewiges Andenken zu porträtieren. Und wie’s der Zufall will, Kathi, die gute Lady hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit Ihnen gehabt. Der Professor möcht’ Sie recht schön bitten, ihm in dieser Angelegenheit, gewissermaßen in Vertretung, Modell zu sitzen.«
Der Plan ging auf: Katharina Schratt war es eine Ehre, dem berühmten Porträtisten behiflich sein zu können und bemerkte dem Kollegen Robert gegenüber sogar, daß ihr die Sitzungen »eine große Freud« bereiteten. Elisabeth wiederum erzählte dem Kaiser von dem bald einzulangenden Geschenk, auf das er sich sehr zu freuen schien. Denn als das Bild im Stadium der Fertigstellung war, verfaßte er einen eigenhändigen Brief an den Künstler, da er das Ölbild höchstpersönlich in Augenschein nehmen wollte. Am 20. Mai 1886 fragte der Kaiser bei Angeli an:
Mit Erlaubniß der Kaiserin möchte ich morgen um 1 Uhr in Ihr Atelier kommen, um das Bild der Frau Schratt zu sehen, welches Sie in ihrem Auftrage für mich malen. Ich bitte mich nur mit einer Zeile wissen zu lassen, ob ich um diese Stunde kommen kann.
Franz Joseph
Tatsächlich: Am nächsten Tag erschien der Kaiser von Österreich im Atelier Professor Angelis in der Wiener Kunstakademie, um das Porträt zu besichtigen. Er traf pünktlich um eins, wie angekündigt, ein, Elisabeth folgte einige Minuten später.
Der Kaiser betrachtete das fast fertige Bild von allen Seiten, zeigte sein Wohlgefallen und meinte dann, eher scherzhaft: »Schade, daß das Original nicht anwesend ist, sodaß man die lebendige mit der gemalten Frau Schratt vergleichen könne.«
Der gewitzigte Angeli war darauf gefaßt. Er sagte zu Franz Joseph: »Majestät, Ihr Wunsch ist mir Befehl, Frau Schratt befindet sich im Nebenzimmer.« Der Kaiser öffnete daraufhin selbst die Tapetentür, aus der nun die Schauspielerin völlig überrascht trat, um – wie ihr Angeli zuvor mitgeteilt hatte – »die Auftraggeber kennenzulernen«. Daß dies Franz Joseph und Elisabeth waren, hatte sie freilich nicht ahnen können, weswegen sie auch ziemlich verschüchtert wirkte, als sie den Majestäten gegenüberstand – wie Angeli zu berichten wußte.
Der Maler versuchte die peinliche Stille zu durchbrechen und fragte: »Warum fürchten Sie sich denn, Seine Majestät wird Ihnen ja nix tun«, worauf die Schratt meinte: »Ich fürcht mich gar nicht, ich hab nur ein bißl Angst.«
Franz Joseph konnte nach langer Zeit – und wieder einmal in Verbindung mit der Schratt – herzlich lachen.
Aus den Aufzeichnungen Angelis geht übrigens hervor, daß auch die Kaiserin bei einer früheren Gelegenheit einmal ein Porträt von sich selbst – ebenfalls als Geschenk für den Kaiser gedacht – hatte anfertigen lassen wollen. Doch dazu ist es infolge der Eigenwilligkeiten sowohl Elisabeths als auch Angelis nie gekommen. Schon damals war Ida von Ferenczy ins Atelier geschickt worden, um die Durchführung des Auftrags mit ihm zu besprechen.
»Herr Professor, Sie werden in den nächsten Tagen eine Einladung zu einem Diner erhalten«, kündigte Fräulein von Ferenczy an, »das Ihre Majestät, die Kaiserin, geben wird. Sie werden Ihrer Majestät gegenüber sitzen, um so ihre Gesichtszüge studieren zu können. Nach aufgehobener Tafel wird es Gelegenheit geben, ein längeres Gespräch mit Ihrer Majestät zu führen, damit Sie ihre Studien fortsetzen können.«
Angeli entgegnete: »Fräulein von Ferenczy, Sie können der Kaiserin sagen, daß ich kein Zauberer bin. Wenn sie mir nicht Modell sitzt, kann ich sie nicht malen.«
Ida von Ferenczy kam tags darauf wieder und teilte dem Künstler mit, die Kaiserin sei bereit, eine Stunde zu sitzen. Mit dem strengen Nachsatz: »Mehr jedoch nicht!«
»Dann sagen Sie Ihrer Majestät«, blieb Angeli weiter hart, »daß ich es mir halt leider vorbehalten muß, selbst zu bestimmen, wie lange irgendeine zu malende Persönlichkeit zu sitzen hat. Auch wenn das die Kaiserin von Österreich ist.«
Darauf meinte Ida von Ferenczy: »Professor Tilgner* hat die Kaiserin doch auch nur einige Male in der Reitschule gesehen und trotzdem eine Büste von ihr gemacht!«
»No – und ist ihm die Büste gelungen?« Diese Frage verneinte Ida von Ferenczy. »Na, sehen Sie, das will ich dem Tilgner nicht nachmachen. Es tut mir aufrichtig leid, daß ich, wenn Ihre Majestät für mich nicht mehr Zeit erübrigen kann, unter diesen Verhältnissen auf die Ehre verzichten müßte, Ihre Majestät zu malen.« Dabei blieb es dann auch – das Bild wurde nicht gemalt.
Das Porträt der Schratt ließ sich der Kaiser jedoch einige Tage nach dem Besuch im Atelier Angelis zustellen und es erhielt in seinem Schreibzimmer in der Hermes-Villa des Lainzer Tiergartens einen besonderen Platz zugewiesen.
Während des kurzen Gesprächs bei Angeli stellte der Kaiser noch eine für die kommenden drei Jahrzehnte seines Lebens ganz entscheidende Frage: »Frau Schratt, wo werden Sie heuer den Sommer verbringen?«
Und die Schauspielerin antwortete, daß sie nach einer dreiwöchigen Kur in Karlsbad an den Wolfgangsee fahren werde. »Ich hab dort das Schloß Frauenstein gemietet.«
»Wenn ich darf, möchte ich Sie dort von Ischl aus besuchen«, meinte der Kaiser noch, um sich dann – gemeinsam mit seiner Gemahlin – zu verabschieden.
Kaiserin Elisabeth, die Fremden sonst scheu auswich, hatte dem Treffen zwischen Kaiser und Frau Schratt im Atelier jede Peinlichkeit genommen. »Sie machte sich sogar zur Schirmherrin dieser Liebe ihres Mannes«, wie es in der Elisabeth-Biographie Brigitte Hamanns heißt.
Zwei Tage nach dem Treffen bei Angeli schrieb der Kaiser seinen ersten Brief an die Schratt. Dem Schreiben war ein Smaragdring beigegeben:
»den 23. Mai 1886
Meine gnädige Frau,
ich bitte Sie, beifolgendes Andenken als Zeichen meines innigsten Dankes dafür anzunehmen, daß Sie sich der Mühe unterzogen haben, zu dem Angelischen Bilde zu sitzen. Nochmals muß ich wiederholen, daß ich mir nicht erlaubt hätte, dieses Opfer von Ihnen zu erbitten, und daß daher meine Freude über das theure Geschenk nur umso größer ist.
Ihr