Katharina Schratt. Georg Markus

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Katharina Schratt - Georg Markus страница 3

Katharina Schratt - Georg Markus

Скачать книгу

bis zum erstmaligen Erscheinen dieses Buches als verschollen. Katharina Schratt und Franz Joseph sahen einander über drei Jahrzehnte nicht nur fast jeden Tag, sie hatten in dieser Zeit auch einen regen Briefkontakt. Ein Kontakt, der über diese beiden Menschen und deren Beziehung zueinander viel zu sagen hat. Während ein Teil der Briefe des Kaisers an die Schratt bekannt ist, sollten die historisch wie persönlich interessanten Gegenstücke ein für allemal verborgen bleiben. Man erzählt sich, Franz Joseph hätte die Schratt-Briefe in der Nacht vor seinem Ableben auf Schloß Schönbrunn eigenhändig verbrannt. Bei meiner Arbeit an der vorliegenden Katharina Schratt-Biographie wollte ich jedoch nichts unversucht lassen. Und so kam mir im Laufe meiner Recherchen zu diesem Buch zu Ohren, daß die Schauspielerin, ehe sie die Briefe an den Kaiser verschickte, Konzepte aufgesetzt und diese dann in Reinschrift übertragen hatte. Ein detektivisches Nachlaufspiel setzte ein – und war von Erfolg gekrönt: Die Konzepte der Briefe an Kaiser Franz Joseph tauchten (in der Wiener Nationalbibliothek) auf. Und sie werden hier zum ersten Mal veröffentlicht.

      Die Vorgeschichte dazu: Anton von Kiss, der Sohn der Katharina Schratt, besaß die Briefkonzepte, stimmte einer Veröffentlichung aber nie zu. Seine langjährige Wirtschafterin erbte nach seinem Tod die weit über hundert Schriftstücke.

      Der Besitzer eines Wiener Antiquariats kaufte ihr die Briefkonzepte ab und gab sie (mit hohem Gewinn) an die Handschriftensammlung der Wiener Nationalbibliothek weiter.

      Dort lagerten die Dokumente. Als ich wegen einer Einsichtnahme im Rahmen dieser Biographie anfragte, wurde mir vorerst mitgeteilt, diese Briefe existierten überhaupt nicht.

      Nach Monaten bekam ich allerdings die Nachricht, sie existierten doch, allerdings fehlte zur Einblicknahme jegliche rechtliche Grundlage. Nachdem es gelungen war, auch dies zu regeln, erhielt ich die Auskunft, die Konzepte seien verschwunden. Nach ausgedehnten Suchaktionen tauchten sie schließlich doch auf.

      Als ich sie endlich in Händen hielt, traute ich meinen Augen nicht. Ein Teil der Konzepte war kaum leserlich. Katharina Schratt hatte die Briefe – einer »Mode« der damaligen Zeit folgend und aus Gründen der Papiereinsparung – kreuz und quer aufgesetzt. Das sieht so aus:

      Es fand sich ein Experte, dem es gelang, diese Konzepte zu entziffern: Ernst Hübsch von der Handschriftensammlung der Wiener Stadtbibliothek nahm die Mühe auf sich. So ist es hier möglich, zum ersten Mal die Briefe der Katharina Schratt an den Kaiser zu veröffentlichen. Da es auch gelang, bisher geheimgehaltene Briefe Franz Josephs an die Schauspielerin ausfindig zu machen, liegt jetzt erstmals ein Großteil der gesamten Korrespondenz vor. Die interessantesten Stellen wurden ausgewählt und in diese Biographie eingearbeitet. Durch Gespräche mit Zeitgenossen der Katharina Schratt – allen voran ihre Nichte Katharina Hryntschak – war es möglich, ein sehr persönliches Bild der Schauspielerin, die die wichtigste Vertraute des Kaisers von Österreich war, zu erhalten. Zusätzliche Recherchen sowie der Einblick in bisher unveröffentlichtes Dokumentationsmaterial runden dieses Bild ab.

Wien, im August 1998 Georg Markus

      »KATHARINA HABSBURG-LOTHRINGEN

      GEB. SCHRATT«

       Die Ehe mit dem Kaiser

      Das Erzbischöfliche Ordinariat in Wien. Ein Barockpalais, vis-à-vis dem Stephansdom im Herzen der k. u. k. Haupt- und Residenzstadt gelegen, Mitte des 17. Jahrhunderts von Giovanni Coccapani erbaut. In dem prunkvollen und weitläufigen Gebäudekomplex, der den Erzbischöfen von Wien als Amtssitz dient, befindet sich ein kleines Gotteshaus, die Andreaskapelle. Teile des alten Gemäuers dieser Kapelle sind gotischen Ursprungs und gehörten zum seinerzeitigen Pfarrhof von St. Stephan.

      Wien, in den letzten Jahren der Monarchie. Ein alter Herr, von den Lasten eines sorgenreichen Lebens gezeichnet, und eine um 23 Jahre jüngere Frau betreten das Erzbischöfliche Palais. Ein Priester geleitet sie in die Andreaskapelle, wo die beiden getraut werden. Sie gehen eine Ehe ein, die »vor Gott« geschlossen, vor der Öffentlichkeit aber geheimgehalten wird. Dieses Paar konnte und durfte eine »normale« Hochzeit nicht feiern. Denn er war der Kaiser von Österreich und sie die Tochter eines Schnittwarenhändlers aus Baden bei Wien, von Beruf Schauspielerin. Beide waren verwitwet. So unterschiedlich ihre Herkunft, ihr gesellschaftlicher Rang auch gewesen sind, zum Zeitpunkt dieser Eheschließung verband sie doch eine rund drei Jahrzehnte andauernde Romanze, wie sie in der Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie einmalig war: die Liebe zwischen Kaiser Franz Joseph I. und der Hofschauspielerin Katharina Schratt.

      »Gewissensehe« nennt die katholische Kirche diese Form der geheimgehaltenen Legalisierung einer Verbindung. Damals wie heute werden diese Gewissensehen äußerst selten eingegangen, denn normalerweise will man seinen Partner vor Zeugen und vor der Öffentlichkeit heiraten.

      Diese Hochzeit mußte aber geheim bleiben. Wie kommt es, daß das Geheimnis um die Trauung heute, Jahrzehnte nach der Zeremonie, doch bekannt wird?

      Um dies zu ergründen, versetzen wir uns in das Jahr 1934. Der Kaiser war seit 18 Jahren tot, Katharina Schratt lebte, mehr als 80 Jahre alt, zurückgezogen in Wien. Die noch junge und doch schon wieder im Sterben befindliche Erste Republik hatte gerade einen Bürgerkrieg, der mehr als 300 Tote und 700 Verwunderte forderte, überstanden. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs war von der christlichsozialen Regierung verboten worden, ihre Führer wurden inhaftiert, neun von ihnen zum Tode verurteilt und hingerichtet, anderen gelang die Flucht ins Ausland, von wo sie im Untergrund weiterarbeiteten.

      Vier Monate nach diesen als »Februarkämpfe« des Jahres 1934 in die Geschichte Österreichs eingegangenen Unruhen, wollte ein junges Paar heiraten. Dieses mußte seine Eheschließung ebenfalls geheimhalten, auch wenn in diesem Fall ganz andere Gründe ausschlaggebend waren als Jahrzehnte vorher für den Kaiser und die Schauspielerin: Der Wiener Medizinstudent Otto Wagner – er wurde später Primarius des St.-Josef-Spitals in Wien – entstammte einer konservativen, altösterreichischen Familie. Weder seine Eltern noch die seiner Braut, Edeltraut Dobrucka-Dobruty-Doliwa, Tochter polnischer Aristokraten, durften von dieser Hochzeit erfahren, zumal Otto Wagner sein Studium noch nicht abgeschlossen hatte. In der damaligen Zeit galt man deshalb als noch nicht »reif« für die Ehe. Trauzeuge dieser Hochzeit war der später namhafte Wiener Sozialreformer und Universitätsprofessor August Maria Knoll, zuvor auch Privatsekretär des österreichischen Bundeskanzlers Ignaz Seipel.

      Die Eheschließung zwischen Otto Wagner und Edeltraut Dobrucka fand am 30. Juni 1934, ebenfalls in der Andreaskapelle des Wiener Erzbischöflichen Palais, statt. Bevor der Pfarrer die Trauung vornahm, hatte er in der der Kapelle angrenzenden Sakristei jenes Trauungsbuch auf den Tisch gelegt, in das Gewissensehen eingetragen werden. Dann verließ der Priester für wenige Minuten den Raum. Die drei Anwesenden sahen sich das aus dem Geheimarchiv des Erzbischöflichen Palais geholte Buch an und wurden Zeugen einer sensationellen Eintragung. Hier stand schwarz auf weiß, worüber in Österreich zwar seit Jahrzehnten gemunkelt wurde, was aber niemand wahrhaben wollte, geschweige denn beweisen konnte: Kaiser Franz Joseph und Katharina Schratt hatten geheiratet. Die Eintragung – mit den eigenhändigen Unterschriften – lautete auf die Namen: »Franz Joseph von Habsburg-Lothringen und Katharina Kiss de Ittebe, geb. Schratt«.

      Im Katholischen Kirchenrecht/Abschnitt Eherecht ist unter dem Kapitel »Gewissensehe« zu lesen:

      »Die Gewissensehe (matrimonium conscientiae) ist die Ehe, die wohl in der ordentlichen Form, aber ohne Verkündung geschlossen und geheimgehalten wird. Sie kann nur vom Ordinarius (das ist in diesem Fall der Erzbischof von Wien, Anm. d. A.) gestattet werden. Der Eintrag dieser Ehe hat in einem besonderen, im Geheimarchiv der bischöflichen Kurie aufbewahrten Buch stattzufinden, nicht im Pfarr-, Ehe- und Taufbuch.«

      Dieses im Geheimarchiv der bischöflichen

Скачать книгу